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Recht, Tipps

Wie oft der VKI vor Gericht für Verbraucher etwas herausholt

Wien. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat anlässlich des Wechsels seines langjährigen Chefs Franz Floss in den Ruhestand eine Bilanz der bisherigen Tätigkeit gezogen. Dabei wurden auch neue Zahlen zur Erfolgsbilanz der mit Klagen nicht sparsamen Verbraucherschützer veröffentlicht.

Ob unzulässige Entgelte oder falsche Zinsberechnung: In Streitfällen zwischen Unternehmen und Kunden geht es zunächst oft um eher kleine Geldbeträge. Dabei haben Konsumentinnen und Konsumenten auf dem Papier meist mehr Rechte, als sie in der Praxis durchsetzen können. Hier will der VKI mit seiner Klagstätigkeit ansetzen und dafür sorgen, dass „rechtliche Bestimmungen mit Leben gefüllt werden“, wie es anlässlich des Wechsels von Geschäftsführer Floss in den Ruhestand hieß.

Im Jahr 2014 wurden so über 30 Millionen Euro für Verbraucher erkämpft, heißt es weiter. Im Vorjahr wurden demnach insgesamt rund 200 Verfahren betreut, darunter 73 Musterprozesse sowie 68 Abmahnungen und Verbandsklagen. 90 Verfahren wurden im vergangenen Jahr abgeschlossen, davon rund 85 Prozent im Sinne der Konsumenten, so der VKI.

Für starkes Echo sorgte 2014 das Urteil des Obersten Gerichtshofes zum Thema Zahlscheinentgelte. Das Gericht erklärte die Zusatzgebühr für Zahlungen per Zahlschein für unzulässig und beendete damit einen jahrelangen Rechtsstreit. Der VKI bot daraufhin in einer Sammelaktion Betroffenen die Möglichkeit, die in der Vergangenheit zu Unrecht bezahlten Beträge zurückzufordern. 8.400 Verbraucher nahmen teil.

Klagen zur Abschreckung

Der VKI setzt auf Prozesse und Klagen mit Beispielwirkung – oft beauftragt vom Sozialministerium bzw. den Arbeiterkammern (AK). Drei Klagsvarianten stehen ihm dabei zur Verfügung:

  • Musterprozess
  • Verbandsklage
  • Sammelklage nach österreichischem Recht

Am häufigsten geht der VKI in Form von Musterprozessen vor. Wenn Konsumenten auf Grund des hohen Prozesskostenrisikos nicht selbst klagen würden, die Fälle für die Allgemeinheit jedoch von Interesse sind, unterstützt der VKI die Betroffenen durch die Übernahme der Ausfallhaftung. In etwa acht von zehn betreuten Fällen liege der Streitwert unter 4.500 Euro.

Der VKI ist laut Konsumentenschutzgesetz außerdem dazu ermächtigt, Verbandsklagen zu führen. Hier wird mit Unterlassungsklagen gegen Unternehmer vorgegangen, die gesetzwidrige Klauseln verwenden. Das Urteilsbegehren zielt darauf ab, dass die Klauseln in Zukunft nicht mehr angewandt werden dürfen. Gleichzeitig sollen sich die Unternehmer in bestehenden Verträgen nicht mehr weiter darauf berufen dürfen. Es gibt aber auch Klagen gegen EU-widrige Praktiken und gegen irreführende oder aggressive Werbung.

Wenn mehrere Personen betroffen sind, greifen Musterprozesse allerdings zu kurz, so der VKI: Mit Sammelklagen können in einem einzigen Prozess die Ansprüche einer großen Gruppe Geschädigter durchgesetzt werden, die andernfalls – wegen des unwirtschaftlichen Kostenrisikos im Einzelfall – kaum realistische Chancen hätten, zu ihrem Recht zu kommen. Diese Sammelklagen werden idR durch Prozessfinanzierer unterstützt.

Der VKI hat 2014 die Interessen von rund 1.000 Inhabern von „geschlossenen Fonds“ gegen die vermittelnden Banken unterstützt und Vergleiche im Ausmaß von rund 10 Mio Euro erreicht. Inzwischen sind die Einmeldungen der Geschädigten von MPC-Fonds auf rund 2.000 angestiegen; deren Interessen wurden durch einen Privatbeteiligtenanschluss am Strafverfahren gegen MPC vertreten.

VKI braucht mehr Geld

VKI-Geschäftsführer Floss plädiert dafür, Bußgelder der Bundeswettbewerbsbehörde, wie im aktuellen Regierungsprogramm vorgesehen, dem Konsumentenschutz zu widmen. „Ein Betrag von zumindest zwei Millionen jährlich würde immerhin die Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes ermöglichen.“ Derzeit arbeite der VKI einerseits juristisch und beratend, veröffentliche gleichzeitig aber auch jedes Jahr rund 115 Waren- und Dienstleistungstests.

„Produkttests gehören seit der Gründung zu unseren zentralen Aufgaben“, erklärt Floss. „Der VKI hat dabei in der Vergangenheit auch einiges an Pionierarbeit geleistet. So musste etwa in den frühen Jahren noch vor Gericht darum gestritten werden, ob im Rahmen von Warentests auch die Namen der Hersteller genannt werden dürfen – heute eine Selbstverständlichkeit.“

Warnung vor unseriösen Internet-Produkttests

Blicke man nun auf die vergangenen Jahre zurück, dann zeigt sich gerade im Bereich der Waren- und Dienstleistungstests eine starke Entwicklung. In den vergangenen Jahren war hier u.a. ein deutlicher Zuwachs an privaten Initiativen zu beobachten. „Nicht zuletzt durch
die Verbreitung von Preis- und Produktvergleichsseiten im Internet ist ein komplett neues Geschäftsfeld entstanden“, erklärt Floss. Das stelle für Konsumentinnen und Konsumenten einerseits eine Bereicherung, andererseits aber auch ein Risiko dar. „Wirtschaftlich sind solche Angebote in der Regel entweder auf Werbekunden oder auf Vermittlungsprovisionen angewiesen. Damit ist ein gewisser Interessenskonflikt automatisch gegeben.“ Unabhängige Instanzen, die Orientierung bieten, seien vor diesem Hintergrund keineswegs ein Relikt oder Liebhaberei, sondern eine Investition in die Zukunft. Die Herausforderung für den VKI bestehe nun darin, den aktuellen Entwicklungen, kürzeren Produktzyklen und einem geänderten Mediennutzungsverhalten Rechnung zu tragen.

Aktuell finanziert der VKI seine Arbeit zu rund 75 Prozent selbst, vor allem durch den Verkauf des Magazins Konsument sowie anderer Publikationen. Eine weitere Einnahmequelle sind Gebühren für Beratungsgespräche oder Sammelaktionen im Bereich Recht. Gefördert
wird der VKI durch Mitgliedsbeiträge der Bundesarbeitskammer und des ÖGB sowie durch eine Basissubvention des für Konsumentenschutz zuständigen Sozialministeriums. Landwirtschaftskammer und Wirtschaftskammer traten mit Ende 2013 aus dem Verein aus. Alles in allem betrugen Mitgliedsbeiträge und Förderungen im Jahr 2014 damit rund 3 Millionen Euro, so der VKI.

Link: VKI

 

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