Wien. Die weitgehende Zurückdrängung der Haft, insbesondere der U-Haft, bei Jugendlichen ist der Hauptgesichtspunkt einer Novelle zum Jugendgerichtsgesetz, die jetzt vom Justizausschuss beschlossen wurde. Stattdessen wird verstärkt auf den Einfluss des sozialen Umfelds gesetzt.
Ziel ist es dabei, Alternativen zur Haft zu forcieren und jungen Menschen im Rahmen von so genannten Sozialnetzkonferenzen Hilfe in schwierigen Lebenssituationen anzubieten. Während die Regierungsparteien ebenso wie Grüne und Neos von einem richtigen Schritt sprachen, meldeten Freiheitliche und Team Stronach vor allem Bedenken gegen die Ausdehnung von Erleichterungen des Jugendstrafrechts auf junge Erwachsene zwischen 18 und 21 Jahren an und stimmten gegen die Reform, berichtet die Parlamentskorrespondenz.
In dem von den Abgeordneten verabschiedeten Paket sind zudem auch Änderungen des Tilgungsgesetzes enthalten, durch die nun sämtliche nachteiligen Folgen von Verurteilungen nach den Anti-Homosexuellen-Paragraphen des Strafgesetzbuches beseitigt werden.
Gesetz stärkt Alternativen zur Haft
- Untersuchungshaft für Jugendliche soll nach den Bestimmungen der Novelle in Zukunft nur noch in Ausnahmefällen verhängt werden. Eine derartige Entscheidung müssen Gericht und Staatsanwaltschaft überdies ausdrücklich begründen.
- Fällt die Straftat in die Zuständigkeit des Bezirksgerichts, so etwa Sachbeschädigung, Körperverletzung oder Diebstahl, dann ist die Verhängung der U-Haft jedenfalls ausgeschlossen.
- Erleichterungen für jugendliche StraftäterInnen wie geringere Strafdrohungen finden zudem auch Anwendung auf junge Erwachsene im Alter von 18 bis 21 Jahren.
- Strafaufschub zu Ausbildungszwecken soll darüber hinaus bei einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren zulässig sein.
Die neue Sozialnetzkonferenz
Neu ist die Verankerung der Sozialnetzkonferenz, durch die das soziale Umfeld – Angehörige, Freundeskreis, Nachbarn, Schule – zur Bewältigung von Krisen einbezogen werden soll. Konkret geht es darum, den Jugendlichen bei der Ausarbeitung eines verbindlichen Zukunftsplans und dessen Einhaltung zu unterstützen.
Wo es Chancen gibt, Haft zu vermeiden, sollten alle Möglichkeiten dazu ausgeschöpft werden, fasste Justizminister Wolfgang Brandstetter den Grundtenor der Reform zusammen, wobei er überdies zu bedenken gab, das Konzept der Abschreckung durch Haft mache bei Jugendlichen keinen Sinn. Vielmehr gelte es, die Ursachen der Jugendkriminalität zu beseitigen.
Abgeordneter Nikolaus Scherak von den Neos kritisierte, dass es nicht möglich war, sich auf eine Bündelung aller Jugendstrafsachen bei einem einzigen Gericht zu einigen.
Die Tendenz des Gesetzes zu alternativen Maßnahmen sei zwar richtig, meinte Harald Stefan (FPÖ), der allerdings die Ausdehnung auf über 18-jährige junge Erwachsene als überschießend ablehnte. Team Stronach-Abgeordneter Christoph Hagen meldete ebenfalls Bedenken gegen die Ausdehnung der Erleichterungen des Gesetzes auf junge Erwachsene an. In der Praxis könnte dies dazu führen, dass junge Menschen von Bandenmitgliedern bewusst vorgeschickt werden, um Straftaten zu verüben.
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