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Recht

Was Österreichs Höchstgerichte bewegt: Der VwGH

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Wien. Der Übergang zum neuen System der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist beim Verwaltungsgerichtshof problemlos verlaufen, so das Höchstgericht: Rechtsfragen, die durch zum Teil lückenhafte Übergangsregelungen aufgeworfen wurden, konnten demnach durch die Rechtsprechung gelöst werden, ohne dass den Rechtsschutzsuchenden Nachteile erwachsen wären.

Das hebt der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in seinem Tätigkeitsbericht 2014 hervor, den Bundeskanzler Faymann vor kurzem gemeinsam mit der Jahresbilanz des Verfassungsgerichtshofs dem Nationalrat vorgelegt hat. Auch das angestrebte Ziel der Verfahrensbeschleunigung wurde den Angaben zufolge erreicht, berichtet die Parlamentskorrespondenz.

Der Hintergrund

Seit Anfang 2014 gibt es in Österreich ein zweistufiges System bei den Verwaltungsgerichten: In erster Instanz entscheiden, je nach Materie, eines der neun Landesverwaltungsgerichte, das Bundesverwaltungsgericht oder das Bundesfinanzgericht.

Trotz der positiven Entwicklung warnt VwGH-Präsident Rudolf Thienel allerdings davor, das Personal beim Verwaltungsgerichtshof zu reduzieren. Nur mit der derzeitigen Ressourcenausstattung sei es möglich, auf Dauer zeitnahe Entscheidungen sicherzustellen und einen neuerlichen Anstieg des Aktenrückstands zu verhindern, heißt es im Bericht. Aus Gründen der Rechtssicherheit rät der VwGH außerdem dazu, mit allfälligen kleinen Nachjustierungen am neuen System zu warten, bis weitere Erfahrungen vorliegen. Insgesamt sei dieses nämlich gelungen und effektiv.

Verwaltungsgerichthof gab 1.334 Beschwerden statt

  • Beim Verwaltungsgerichtshof wurden im Jahr 2014 konkret 3.938 Verfahren neu anhängig, dazu kamen 4.623 aus den Vorjahren übernommene Altverfahren. Da 5.479 Verfahren abgeschlossen werden konnten, verringerte sich die Zahl der zum Jahresende offenen Fälle im Vergleich zum Vorjahr um 1.541 auf 3.082.
  • Die durchschnittliche Verfahrensdauer wird mit 10,6 Monaten angegeben, im Jahr 2013 waren es im alten System der Verwaltungsgerichtsbarkeit noch 16,77 Monate gewesen.
  • In 1.334 Fällen hob der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf oder änderte ihn ab, wobei die Erfolgsquote sowohl im Bereich der ordentlichen Revision als auch im Bereich der außerordentlichen Revision bei rund 15% lag. In 26 Fällen entschied der VwGH „in der Sache selbst“.

Die neue Zählweise

Durch das neue System der Verwaltungsgerichtsbarkeit hat sich die Zählweise beim VwGH gegenüber den Vorjahren erheblich geändert: Nunmehr wird bei den eingegangenen Fällen unterschieden zwischen:

  • ordentlicher Revision (39% der Verfahren),
  • außerordentlicher Revision (53%),
  • Fristsetzungsanträgen (7%),
  • Feststellungsanträgen (0%),
  • Entscheidungen über Kompetenzkonflikte zwischen den Verwaltungsgerichten (0%) und
  • sonstigen Anträgen (1%).

Zuständig ist der Verwaltungsgerichtshof seit Anfang 2014 auch wieder für Asylrechtssachen, von den knapp 4.000 neu anhängig gewordenen Verfahren im letzten Jahr entfielen demnach etwas mehr als 1.000 auf diesen Bereich.

Ausdrücklich weist der Verwaltungsgerichtshof im Bericht darauf hin, dass die Anfallszahlen des Jahres 2014 aufgrund der zu Jahresbeginn erfolgten Systemumstellung nur bedingt aussagekräftig sind. Das werde auch durch den Anstieg der Beschwerden in den ersten Monaten des Jahres 2015 untermauert. Vor allem im Asylbereich rechnet der VwGH in Zukunft wieder mit deutlich mehr Beschwerden. Zuletzt hatte das Höchstgericht in seinem Tätigkeitsbericht 2013 eine Verdoppelung der jährlichen Fallzahlen auf insgesamt bis zu 10.000 Beschwerden prognostiziert.

Ausgewählte Entscheidungen des VwGH

Im Bericht werden auch wieder einige ausgewählte Entscheidungen des VwGH angeführt:

  • So stellte das Höchstgericht in einem Erkenntnis fest, dass sich Beschuldigte in einem Verwaltungsstrafverfahren grundsätzlich auf die Richtigkeit von Informationen verlassen dürfen, die von der zuständigen Behörde im Internet bereitgestellt werden. Voraussetzung ist, dass die Informationen klar und für den konkreten Sachverhalt relevant sind und ihre Unvollständigkeit nicht erkennbar ist.
  • Wer in einer Tiefgarage ein Auto alkoholisiert in Betrieb nimmt, verstößt gegen die Straßenverkehrsordnung, wenn die Tiefgarage allgemein zugänglich und durch Zu- und Ausfahrt mit dem Straßennetz verbunden ist.
  • Deutsch-österreichische Doppelstaatsbürger sind trotz der Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland zur Ableistung des Wehrdienstes in Österreich verpflichtet.
  • Gebrauchtkleider in Altkleidercontainern wurden vom VwGH rechtlich als Abfall im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes qualifiziert.
  • Ausgegliederte Rechtsträger unterliegen der Kommunalsteuerpflicht, wenn es sich bei ihnen um eine Kapitalgesellschaft, z.B. eine Aktiengesellschaft, handelt, unabhängig davon, ob ihnen hoheitliche Aufgaben zukommen.

Link: VwGH

 

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