Wien. Warum dauern Strafverfahren am Bezirksgericht Wien-Döbling im Durchschnitt 17,3 Monate, in Graz-Ost aber nur 2,2 Monate? Der Rechnungshof hat die Justiz geprüft und nun seinen Bericht vorgelegt.
In gerichtlichen Strafverfahren bestehen in Österreich große Unterschiede hinsichtlich der Verfahrensdauer. Dies war einer der Beanstandungen, mit denen sich die Abgeordneten des Rechnungshofausschusses vor kurzem anlässlich der Diskussion über Prüfungsberichte aus dem Bereich der Justiz auseinandersetzten.
Am Beispiel ausgewählter Gerichte hatte der Rechnungshof dabei die Aspekte Steuerung und Qualitätssicherung einer kritischen Untersuchung unterzogen. Was hingegen die Kosten der medizinischen Versorgung im Strafvollzug betrifft – hier lag dem Ausschuss ein Bericht über eine Follow-up-Prüfung vor – attestierte RH-Präsident Josef Moser dem Justizministerium, die Empfehlungen weitgehend umgesetzt zu haben.
Verbesserungsbedarf bei Organisation der Bezirksgerichte und Justizverwaltung
Der Rechnungshof richtete seinen Blick zunächst auf die Bezirksgerichte Döbling, Graz-Ost und Graz-West und kam im Prüfbericht zum Ergebnis, dass die Verfahren in Graz-West durchschnittlich 2,2 Monate, jene in Döbling hingegen 17,3 Monate in Anspruch nahmen.
Überprüft wurden auch die Landesgerichte Linz und Wiener Neustadt, wobei sich auch hier Unterschiede bei der Verfahrensdauer (2,9 bzw. 6,5 Monate) ergaben.
Die Ursachen lagen im Wesentlichen in der unterschiedlich effizienten Arbeitsweise der RichterInnen und waren nicht sachlich begründet, heißt es dazu im Bericht laut Parlamentskorrespondenz. Auch hätten die Justizverwaltungsorgane ihre Dienstaufsicht teilweise nicht aktiv und konsequent wahrgenommen.
Rechnungshofpräsident Moser bemängelte zudem aber auch, dass für die Besetzungen in der Justizverwaltung kein Anforderungsprofil oder Kriterienkatalog festgelegt worden sei, auch habe man bestehende Steuerungs- und Qualitätssicherungsinstrumente seitens der Ressorts nur eingeschränkt eingesetzt.
Als problematisch stufte der Bericht auch die derzeitige Organisation der Bezirksgerichte ein. Zwei Drittel der Standorte verfügten nur über eine halbe Richterkapazität im Strafbereich, was für eine Spezialisierung und effiziente Verfahrensführung hinderlich sei.
Brandstetter: Justiz braucht Managementqualitäten
Die Kritik des Rechnungshofes sei absolut nachvollziehbar, betonte Justizminister Wolfgang Brandstetter und sprach in diesem Zusammenhang von einem wichtigen Indikator für die Auslotung von Schwachstellen in der Justizverwaltung. Die richterliche Unabhängigkeit setze bei der Umsetzung der Rechnungshof-Empfehlungen allerdings gewisse Grenzen, dämpfte der Ressortchef allzu hohe Erwartungen.
Bei der Reform der Gerichtsstruktur ist es aus der Sicht Brandstetters jedenfalls entscheidend, das Serviceangebot für die rechtssuchende Bevölkerung zu verbessern. Es sei daher nicht sinnvoll, alles nach rein ökonomischen Kriterien zu betrachten, vielmehr müssten auch regionale Aspekte berücksichtigt werden.
Als Beispiele für eine gelungene Strukturreform der Gerichte nannte Brandstetter die Verbindung des Bezirksgerichtes Montafon mit dem Bezirksgericht Bludenz bei gleichzeitiger Aufwertung dieses Standortes sowie die Zusammenlegung des Bezirksgerichts Saalfelden mit dem Standort Zell am See. Die Gründe für die vom Rechnungshof ermittelte hohe Bandbreite bei der Verfahrensdauer will Brandstetter erheben lassen.
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