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Recht, Tipps

Umstrittenes Staatsschutzgesetz leicht abgeändert

Wien. Mehr als zwei Jahre lang wurde über das neue Staatsschutzgesetz verhandelt, nun hat der Nationalrat es beschlossen – mit einigen Änderungen in letzter Minute. So sind Anwälte und Journalisten jetzt besser geschützt.

Bis zum Schluss hatten die Regierungsparteien versucht, auch die Opposition ins Boot zu holen, letztlich gingen die Zugeständnisse FPÖ, Grünen, Neos und Team Stronach jedoch nicht weit genug.

Mit einigen Nachbesserungen kam die Koalition den Kritikern des Gesetzes noch in etlichen Punkten entgegen. Der Wunsch nach einer richterlichen Kontrolle sensibler Ermittlungen wurde allerdings nicht erfüllt. FPÖ und Grüne erwägen daher eine Verfassungsklage, berichtet die Parlamentskorrespondenz.

Deliktkatalog wurde abgespeckt, Rechtsschutz weiter verbessert

Hauptziel des neuen Polizeilichen Staatsschutzgesetzes und begleitenden Änderungen im Sicherheitspolizeigesetz und im Telekommunikationsgesetz ( 763 d.B., 989 d.B.), die ebenfalls mehrheitlich beschlossen wurden, ist ein effektiver Schutz vor terroristischen Bedrohungen.

  • Neben der geplanten Neuorganisation des Staatsschutzes und dem Aufbau einer umfangreichen Analysedatenbank sind in diesem Zusammenhang vor allem erweiterte Befugnisse der Ermittlungsbehörden bei der Observierung verdächtiger Einzelpersonen vorgesehen.
  • Außerdem soll es künftig möglich sein, Vertrauensleute im Zuge von verdeckten Ermittlungen anzuwerben. Derzeit hätten die Behörden zu wenig Möglichkeiten, bereits im Vorfeld von Straftaten aktiv zu werden, begründet das Innenministerium die Initiative.
  • Probeweise erlaubt wird auch das Tragen von Körperkameras durch PolizistInnen, zudem werden die Möglichkeiten erweitert, Handy-Standortdaten zu ermitteln.

Mit dem S-V-Abänderungsantrag wurde unter anderem der Deliktkatalog, der dem Staatsschutz noch vor einer Straftat die Observierung verdächtiger Personen erlaubt, in manchen Punkten abgespeckt. Herausgenommen wurde etwa ein Gutteil der Verhetzungdelikte, der Straftatbestand der Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole sowie die Gutheißung von mit Strafe bedrohter Handlungen.

Zudem sei bei manchen Delikten nunmehr ein Vorsatz für den Einsatz sensibler Ermittlungsmethoden erforderlich.

Schutz für Anwälte, Journalisten und mehr

Dezidiert festgeschrieben wurde mit dem Abänderungsantrag außerdem, dass der in der Strafprozessordnung verankerte Schutz des Berufsgeheimnisses von AnwältInnen, JournalistInnen und anderen Berufsgruppen auch für die Ermittlung personenbezogener Daten nach dem Staatsschutzgesetz gilt.

Bei besonders sensiblen Ermittlungen ist nun ausdrücklich eine – mehrheitliche – Senatsentscheidung durch den Rechtsschutzbeauftragten und seine beiden StellvertreterInnen vorgesehen.

Weitere Präzisierungen betreffen die Speicherung der Daten von Kontaktpersonen oberservierter Verdächtiger, die Löschfristen protokollierter Daten, die Kontrollbefugnisse des Rechtsschutzbeauftragten hinsichtlich der Analysedatenbank sowie die Befugnisse von Vertrauenspersonen. So wird etwa klargestellt, dass V-Leute Wohnungen und andere vom Hausrecht geschützte Räume im Rahmen verdeckter Ermittlungen nur im Einverständnis mit dem Inhaber betreten dürfen.

Klage beim Verfassungsgerichtshof?

Kaum ein gutes Haar am Gesetzentwurf ließ FPÖ-Abgeordneter Gernot Darmann. Er äußerte zwar Verständnis für das Anliegen der Sicherheitsbehörden nach mehr Befugnissen im Kampf gegen den Terror, seiner Ansicht nach werde mit den vorliegenden Bestimmungen aber massiv in Grund- und Freiheitsrechte eingegriffen. Man müsse sicherstellen, dass der Kern des Gesetzes die Terrorismusbekämpfung bleibe und dieses kein Bürgerbespitzelungsgesetz werde, forderte Darmann weitere Verhandlungen im Innenausschuss.

In diesem Zusammenhang mahnte er auch die vollständige Herausnahme aller Meinungsdelikte aus dem Deliktkatalog und ein Höchstmaß an Rechtsschutz für die Betroffenen ein. Darmann fürchtet, dass künftig auch RegierungskritikerInnen am Stammtisch bespitzelt werden könnten und wollte eine Verfassungsklage nicht ausschließen.

Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz stellte das Hauptziel des Gesetzes, die Bekämpfung des Terrorismus, in den Vordergrund. Es gehe nicht darum, LeserbriefschreiberInnen, RegierungskritikerInnen, organisierte Fußballfans oder TierschützerInnen zu verfolgen, unterstrich er und begrüßte in diesem Sinn die Durchforstung des Deliktkatalogs und weitere Nachbesserungen im Gesetz.

Unzufrieden sind Pilz und sein Fraktionskollege Albert Steinhauser allerdings mit der fehlenden richterlichen Kontrolle. Vor allem bei der Abfrage von Kommunikations-Verbindungsdaten hält Pilz eine solche für unabdingbar. Er vermisst außerdem klare Regelungen, was die Datenweitergabe an ausländische Geheimdienste betrifft. Pilz will das Gesetz daher gemeinsam mit der FPÖ beim Verfassungsgerichtshof anfechten. In einem nächsten Schritt hält er es außerdem für notwendig, die parlamentarische Kontrolle des Staatsschutzes auszuweiten.

Link: Parlament

 

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