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Business, Recht, Steuer

Fundraising 2016: Neue Spielregeln für gemeinnützige Stiftungen

Alexander Babinek ©Pöschl / CHSH
Alexander Babinek ©Pöschl / CHSH

Gastbeitrag. Der Schwerpunkt der Tätigkeit gemeinnütziger Stiftungen liegt in der Förderung von Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur sowie im sozialen Engagement. Gemeinnützige Stiftungen, wie bspw. die Bertelsmann Stiftung oder die Volkswagen Stiftung gelten in Deutschland als fixer Bestandteil der Zivilgesellschaft. Das neue Gemeinnützigkeitsgesetz (GG 2015), das Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist, soll Österreich als Standort philanthropischen Engagements salonfähig machen. Erreicht werden soll dies durch ein novelliertes Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz (BStFG 2015) und diverse steuerliche Erleichterungen. CHSH-Stiftungs-Experte Alexander Babinek zeigt die wichtigsten Regeln auf einen Blick.

Anwendungsbereich

  • Unter Stiftungen iSd BStFG 2015 sind (wie bisher) auf Dauer gewidmete Vermögen mit Rechtspersönlichkeit zu verstehen, deren Erträgnisse für einen mildtätigen oder gemeinnützigen Zweck eingesetzt werden können.
  • Vom BStFG 2015 erfasst sind Stiftungen, deren Erträgnisse zu mildtätigen oder gemeinnützigen Zwecken gewidmet sind.
  • Dem Gesetz unterliegen ausschließlich Stiftungen, die auf einem privatrechtlichen Widmungsakt beruhen.
  • Für die Anwendbarkeit des BStFG 2015 müssen Stiftungen weiters über den Interessenbereich eines Bundeslandes hinausgehen.

Gründungserleichterungen

  • Die Gründung gemeinnütziger Stiftungen wird erleichtert. Der Gründungsvorgang ist künftig jenem des Vereins nachgebildet. Das bisherige (schwerfällige) Bewilligungssystem wird zugunsten eines (Nicht-) Untersagungssystems abgelöst.
  • Das Gründungsverfahren ist zweiaktig: Das FA prüft, ob die Gründung den steuerlichen Anforderungen der Gemeinnützigkeit und Mildtätigkeit entspricht. Die Stiftungs- und Fondsbehörde prüft in einem zweiten Schritt, ob Gründe für die Nichtgestattung einer Errichtung vorliegen. Die Untersagung ist hierbei auf die Gründe der Gesetzwidrigkeit des Zwecks, des Namens, der Organisation oder ein mangelndes Mindestkapital der Stiftung beschränkt.
  • Für die Prüfung der Gründungsvoraussetzungen ist jeweils eine Maximalfrist von sechs Wochen (für FA und Stiftungs- und Fondsbehörde) – ggf. ab Erledigung etwaiger Verbesserungsaufträge – vorgesehen.
  • Die Stiftung entsteht mit Eintragung im Stiftungs- und Fondsregister.
  • Für die Gründung ist ein Mindestvermögen iHv EUR 50.000,- Voraussetzung.

Einheitlicher Gemeinnützigkeitsbegriff

  • Der steuerrechtliche Gemeinnützigkeitsbegriff wird mit jenem des BStFG 2015 vereinheitlicht.
  • Abgrenzungsschwierigkeiten mit den bis dato unterschiedlichen Gemeinnützigkeitsbegriffen (BStFG, BAO) und den daraus resultierenden Rechtsfolgen (ua. Aberkennung der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit) können so vermieden werden.
  • Die Einbindung der Abgabenbehörde bereits in den Entstehungsprozess wird dessen ungeachtet empfohlen.

Erweiterte Selbstkontrolle

  • Stiftungen unterliegen künftig einer erweiterten Selbstkontrolle. Die laufende Finanzkontrolle erfolgt durch von der Stiftung beauftragte Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Revisoren.
  • In bestimmten Fällen (bei großen Stiftungen) ist zusätzlich ein Aufsichtsorgan zu bestellen und in die Kontrolle der finanziellen Gebarung miteinzubeziehen.
  • Die Einnahmen- und Ausgabenrechnung oder der Jahresabschluss ist künftig im Stiftungs- und Fondsregister ersichtlich.

Corporate Governance

  • Stiftungen verfügen künftig über ein Leitungsorgan (Stiftungsvorstand) und ein weiteres (Prüf-) Organ (Stiftungsprüfer).
  • Der Stiftungsvorstand muss aus mind. zwei natürlichen Personen bestehen. Der Stifter kann Mitglied des Stiftungsvorstands sein.
  • Weitere Organe, etwa Rechnungsprüfer, sind nur zu bestellen, wenn die Bestellung von Stiftungsprüfern nicht zwingend vorgeschrieben ist. Stiftungsprüfer sind zu bestellen, wenn bestimmte Einnahmen- und Ausgabengrenzen überschritten werden (bspw. wenn in zwei aufeinanderfolgenden Jahren gewöhnliche Einnahmen oder Ausgaben oder Ausschüttungen 1 Million Euro übersteigen). Stiftungsprüfer sind zwingend aus dem Kreis beeideter Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaften zu bestellen.
  • Darüber hinaus ist unter bestimmten, im BStFG 2015 taxativ aufgezählten, Gründen die Einrichtung eines Aufsichtsorgans zwingend.

Geänderte steuerliche Rahmenbedingungen

  • Zuwendungen zur ertragsbringenden Vermögensausstattung an eine privatrechtliche Stiftung oder vergleichbare Vermögensmasse (Stiftung), die die Voraussetzung der Gemeinnützigkeit und der Mildtätigkeit erfüllt und begünstigte Zwecke verfolgt, sind künftig bis zu einem Höchstbetrag von EUR 500.000,- (innerhalb eines Zuwendungszeitraums von 5 Jahren) beim Leistenden abzugsfähig. Die Zuwendung darf jedoch im einzelnen Wirtschaftsjahr 10% des Gewinnes (vor Berücksichtigung des Gewinnfreibetrags) nicht übersteigen.
  • Zuwendungen zur ertragsbringenden Vermögensausstattung sind künftig (anders als Spenden nach § 4a EStG) unabhängig davon abzugsfähig, ob der Stiftung die Spendenbegünstigung bereits erteilt wurde und diese in die Liste der begünstigten Spendenempfänger des BMF aufgenommen wurde, allerdings muss die Stiftung die Voraussetzungen für die Erteilung der Spendenbegünstigung spätestens 3 Jahre nach ihrer Errichtung erfüllen.
  • Für Privatstiftungen sind Zuwendungen zur Vermögensausstattung sowie Spenden künftig unter Berücksichtigung des Höchstbetrages von EUR 500.000,- sowie der 10% Grenze der Einkünfte von der Zwischensteuer abzugsfähig.
  • Das Erfordernis der Unmittelbarkeit zur Förderung gemeinnütziger Vorhaben wird teilweise durchbrochen. Eine bloß mittelbare Förderung eines gemeinnützigen Zwecks ist künftig unter bestimmten Voraussetzungen zulässig (etwa bei Spendensammelvereinen, die ihre Mittel an eine andere spendenbegünstigte Einrichtung zur unmittelbaren Förderung derselben Zwecke, die sie selbst verfolgen, weitergeben; bei entgeltlicher, aber nicht in Gewinnabsicht unternommener Erbringung von Lieferungen/Leistungen einer begünstigten Körperschaft an eine dieselben begünstigten Zwecke fördernde Körperschaft, z.B. entgeltliche Personalüberlassung; bei Bereitstellung von Stipendienmitteln und Preisen für Wissenschaft, Forschung und Lehre).
  • Zuwendungen von Immobilien an gemeinnützige Stiftungen sind künftig von der Grunderwerbssteuer, der grundbücherlichen Eintragungsgebühr und der Stiftungseingangssteuer befreit.

Resümee

Die Änderungen durch das GG 2015 sind jedenfalls zu begrüßen. Gründern von Stiftungen und Fonds werden attraktive Gestaltungsmöglichkeiten zu Zwecken der Gemeinnützigkeit eröffnet. Die steuerlichen Rahmenbedingungen für gemeinnützige Rechtsträger wurden grosso modo verbessert. Im Detail besteht noch Anpassungsbedarf.

Autor Dr. Alexander Babinek, MBL ist Rechtsanwalt bei CHSH Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati und auf die Bereiche Stiftungen, Unternehmensnachfolge, Gemeinnützigkeit und Philanthropie spezialisiert.

Link: Alexander Babinek (CHSH)

 

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