Wien. Eine unabhängige weisungsfreie Behörde soll ab Sommer mit der Aufsicht über die Wirtschaftsprüfer betraut werden. Das neue Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz, das die EU-Vorgaben über die Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen umsetzt, wurde jetzt vom Nationalrat beschlossen. Die Industrie protestiert gegen befürchtete Kostenbelastungen.
Im Plenum stimmten neben den Regierungsparteien auch die Freiheitlichen zu, nachdem das Gesetz noch mittels eines umfassenden Abänderungsantrags von SPÖ, ÖVP und FPÖ in einigen Punkten abgeändert wurde, meldet die Parlamentskorrespondenz.
Was jetzt neu ist
- Das Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz (APAG) schafft für die Abschlussprüferaufsicht eine eigene, letztverantwortliche und unabhängige Behörde und führt zusätzlich zu den für alle AbschlussprüferInnen und Prüfungsgesellschaften geltenden Qualitätssicherungsprüfungen auch Inspektionen für Unternehmen von öffentlichem Interesse ein.
- Die als weisungsfreie Organisationseinheit eingerichtete Abschlussprüferaufsichtsbehörde (APAB) übernimmt dabei die Funktionen des Arbeitsausschusses für Qualitätsprüfungen und der Qualitätskontrollbehörde, die bisher auf diesem Gebiet tätig waren.
- Mit dem Gesetz wird auch eine Qualitätsprüfungskommission (QPK) errichtet, die der APAB als Beirat in beratender Funktion zur Seite stehen soll. Die neue Behörde wird die QPK in Fragen der Qualitätssicherungsprüfung konsultieren und Stellungnahmen einholen.
Kürzere Rotationsfristen der Prüfenden?
Die Form der Umsetzung der EU-Verordnung zur Sicherung der Qualität von Wirtschaftsprüfungen lasse angesichts des umfassenden Abänderungsantrags in letzter Minute zu wünschen übrig, kritisierte Ruperta Lichtenecker (Grüne). Zwar habe sich in einigen Punkten etwas bewegt, trotzdem bedauere sie, dass die Gelegenheit, gleichzeitig das thematisch dazu gehörende Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz (APRÄG) zu behandeln, nicht genützt wurde. Dort hätte man als Konsequenz aus den Wirtschaftsskandalen der letzten Jahren ein kürzeres Mandat für PrüferInnen festlegen können.
Beim Fall Hypo Alpe-Adria habe sich die wichtige Rolle der Wirtschafts- und Bankprüfer und der Reformbedarf des gesamten Prüfsystems klar gezeigt, meinen die Grünen, die eine Rotationsfrist für Prüfer von höchstens sechs Jahren für vernünftig halten.
Werner Groiß (ÖVP) betonte, mit dem Gesetz wolle man Probleme, wie es sie bei der Hypo gegeben habe, künftig verhindern. Dabei schaffe man aber keine zusätzliche Bürokratie, sondern führe eine bisher bestehende Behörde in eine neue Einrichtung über. Prüfer, die Stiftungen, Vereine und Landesgesellschaften kontrollieren, bleiben ausgeklammert.
Christoph Matznetter (SPÖ) hielt der Kritik von Grünen und Neos an der kurzfristigen Vorlage des Abänderungsantrags entgegen, dieser sei im Ausschuss deutlich angekündigt worden, da es sich um eine komplexe Materie handle, die unter Zeitdruck umzusetzen war. Die neue Behörde müsse nämlich bereits im Juni ihre Arbeit aufnehmen. Mit dem Gesetz reagiere man auf die Notwendigkeit, Unternehmen, die von öffentlicher Bedeutung sind, wie etwa börsennotierte Unternehmen, besonders streng zu prüfen.
Die FPÖ lobte, dass etwa eine Aufblähung der Qualitätsprüfungskommission und eine Beschickung mit fachunkundigen Personen verhindert worden sei. Verfassungsrechtlich bedenklich sei aber, dass die neue Behörde nur zum Teil vom Bund und zu 80% von der Wirtschaft finanziert werden solle. Damit sei ihre Unabhängigkeit nicht völlig gesichert.
Industriellenvereinigung protestiert
Ein nahtloser, friktionsfreier Übergang vom alten Aufsichtssystem zur neuen Abschlussprüferaufsichtsbehörde sei jetzt „essenziell für die geprüften Unternehmen“, so der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, zum neuen Gesetz. Die Übergangsbestimmungen würden diese Anforderung erfüllen. „Die Aufsicht muss qualitätsvolle Abschlussprüfungen gewährleisten, ohne Abschlussprüfer, Prüfungsgesellschaften und die geprüften Unternehmen über Gebühr durch Kosten oder bürokratischen Aufwand zu belasten“ so Neumayer. Die Ausnahme von kleinen Prüfungsmandaten aus der Aufsicht, wie jene von Vereinen oder Stiftungen, sei als Maßnahme gegen Überregulierung ebenfalls zu begrüßen.
„Leider wurde es verabsäumt, das bereits in der Vergangenheit aufwändige Bescheinigungssystem durch ein Registrierungssystem zu ersetzen“, so Neumayer. Bei einer allfälligen Novelle solle auch hier eine effizientere Lösung gefunden werden. In Zusammenhang mit der Finanzierung der Aufsicht sei es wesentlich, die börsennotierten Unternehmen nicht direkt an der Finanzierung der Behörde zu beteiligen: „Die Finanzierung der Aufsicht eines anderen Berufsstandes durch die Unternehmen würde jeglicher sachlicher Rechtfertigung entbehren.“
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