Wien. Wird ein Elternteil von seinem Kind gepflegt, so sind die Pflegeleistungen, die über die übliche Beistandspflicht hinausgehen, abzugelten, so der OGH: Diese sind nach dem Ableben der gepflegten Person gegebenenfalls auch unter ihren Erben aufzuteilen. Darum ging es hier auch, denn vor Gericht gestritten haben Geschwister.
Pflegeleistungen, die nach Art oder Ausmaß im Rahmen eines gewöhnlichen Eltern-Kind-Verhältnisses nicht gesellschaftlich üblich sind, gehen über die gesetzliche Beistandspflicht hinaus. Solche außerordentlichen Pflegeleistungen sind abzugelten, wenn sie für den Pflegebedürftigen vorteilhaft sind, insbesondere wenn dieser eine sonst notwendige Fremdpflege ablehnt, heißt es in einer Mitteilung des Obersten Gerichtshofs (OGH).
Der Hintergrund
Vor Gericht gestritten haben dabei konkret Geschwister: Der Nachlass nach ihrem Vater, der Ende 2010 verstarb, wurde ihnen je zur Hälfte eingeantwortet. Die Klägerin kümmerte sich um ihren Vater intensiv. Ab Februar 2010 erbrachte sie täglich rund 3,5 Stunden an Pflegeleistungen. Eine Fremdpflege und die Unterbringung in einem Pflegeheim wurden vom Vater abgelehnt.
Die Klägerin begehrte nun die Abgeltung ihrer Pflegeleistungen. Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren im Ausmaß von rund 10.000 Euro statt.
Die Entscheidung
Der Oberste Gerichtshof bestätigte (8 Ob 37/16y) die Entscheidung der Vorinstanzen und führt aus: Die gesetzliche Beistandspflicht, die nach ihrem Wesen unentgeltlich zu erfüllen ist, wird einerseits durch die Zumutbarkeit für den Einzelnen und andererseits durch die gesellschaftliche Üblichkeit der Leistungen begrenzt. Die umfassende Betreuung eines pflegebedürftigen Elternteils, um diesem die Fremdpflege oder den Aufenthalt in einem Pflegeheim zu ersparen, ist nicht von der gesetzlichen Beistandspflicht umfasst.
Für außerordentliche Pflegeleistungen, die die gesetzliche Beistandspflicht (hier 1 Stunde pro Tag) überschreiten, gilt das Prinzip der Unentgeltlichkeit nicht.
Die Hälfte des Aufwands für die Pflegeleistungen der Klägerin hat der Beklagte zu tragen.
Link: OGH