Wien. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat beim Landesgericht für Strafsachen Wien die Anklageschrift gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 15 weitere Personen eingebracht. Es geht um die BUWOG-Privatisierung und den Linzer Terminaltower.
Inhalt der Anklage sind Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften, u.a. BUWOG und der Auswahl des Linzer Terminaltowers als neuen Standort der örtlichen Finanzdienststellen und den daran anschließenden Mietvertragsabschluss, heißt es in einer Mitteilung.
Der laut Anklage verursachte Gesamtschaden beläuft sich auf rund 10 Mio Euro. Der Strafrahmen für die zur Last gelegten Delikte beträgt 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe.
Das Ermittlungsverfahren wegen weiterer Vorwürfe gegen die Angeklagten sowie andere Personen wurde mangels tragfähigen Nachweises eines strafbaren Verhaltens eingestellt, heißt es weiter.
Erstaunliche Fakten zum Ermittlungsverfahren
Das gegen letztlich 55 Personen geführte Ermittlungsverfahren sei auch aufgrund internationaler Verflechtungen äußerst komplex und umfangreich gewesen: Immerhin liegen die Geschehnisse rund 12 bzw. 10 Jahre zurück. Die Ermittlungen selbst haben im Herbst 2009 begonnen. Es wurden:
- 206 Aktenbände (mit jeweils mehreren 100 Seiten) aufgearbeitet,
- 156.000 GB elektronische Daten untersucht,
- 700 Einvernahmen von Zeugen, Beschuldigten und Auskunftspersonen durchgeführt,
- 660 Maßnahmen, wie Hausdurchsuchungen, Sicherstellungen, Telefonüberwachungen, Kontenöffnungen und Ähnliches angeordnet,
- 40 Rechtshilfeersuchen an ausländische Staaten gestellt sowie
- mehrere Sichtungsverfahren bei Gericht geführt. Dies sind Verfahren, in denen von Gericht beurteilt werden muss, ob von Berufsgeheimnisträgern wie Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftstreuhänder sichergestellte Beweismittel, für die Ermittlungen überhaupt verwendet werden dürfen.
Unschuldig, aber medial vorverurteilt?
Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. Grassers Anwalt Manfred Ainedter hat die Vorwürfe, soweit bisher bekannt, für seinen Mandanten bereits öffentlich zurückgewiesen.
Auf der Causa Grasser liegt eine derartige öffentliche Aufmerksamkeit, dass bereits die Verkündung der Einbringung der Anklageschrift (am Donnerstag) vorab (am Mittwoch) selbst angekündigt wurde. Ainedter sieht eine mediale Vorverurteilung Grassers gegeben; im Verfahren könne man die Vorwürfe nun entkräften.
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Link: Kanzlei Ainedter & Ainedter