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Bildung & Uni, Business, Recht, Steuer, Veranstaltung

ZWF-Diskussion: Freiheitsstrafe für Wirtschaftskriminelle?

Grafl, Leitner, Mühlbacher, Marek, Tsekas, Kornherr ©Linde Verlag

Wien. Ins Gefängnis, auf den Pranger – oder bloß zur Kasse? Sinn und Zweck von Freiheitsstrafenfür Wirtschaftskriminelle wurden jetzt bei einer hochrangigen ZWF-Veranstaltung diskutiert. Die meisten Manager sind sich der Gefahr, hinter Gitter zu wandern, gar nicht bewusst, so die Rechtsprofis. Und auch wenn sich gewisse Adaptierungen abzeichnen – zumindest die Staatsanwälte wollen auf Haft auch künftig nicht ganz verzichten.

Am 12. Jänner 2017 fand im Justizcafé zum zweiten Mal die Veranstaltung „Get-Together“ der Zeitschrift für Wirtschafts- und Finanzstrafrecht (ZWF) mit rund 150 Gästen aus Justiz, Finanz und Wirtschaft statt. Brisantes Thema des Abends war die Frage nach Sinn und Zweck von Freiheitsstrafen für Wirtschaftskriminelle.

Justizminister Wolfgang Brandstetter – selbst ein ehemaliger Strafverteidiger – eröffnete den Abend und betonte den hohen Stellenwert einer vertieften Fachdiskussion, wie sie die „ZWF-Familie“ damit angestoßen habe. Hätte er selbst zu einer Veranstaltung mit einem solchen Thema geladen, nicht auszudenken was die Kritiker in den verschiedenen politischen Lagern daraus gemacht hätten, so der Minister. Aktiv in der Diskussion zeigte sich vor Ort dann Christian Pilnacek, Sektionschef für Strafrecht im Justizministerium.

Die Justiz blickt derzeit ohnehin aufmerksam in Richtung Finanzministerium, wo die Abschaffung der Strafen für leichte Fahrlässigkeit im Bereich der Steuerhinterziehung überlegt wird. Damit werde vom Fiskus ein großer Teil des Steuerrechts entkriminalisiert – doch werde damit nicht gleichzeitig das traditionelle Haftungsprivileg der Steuerberater entwertet, fragten sich die Juristen vor Ort.

„Abschreckung = Strafhöhe x Wahrscheinlichkeit“

  • In Impulsreferaten brachten Priv.-Doz. Mag. Dr. Stephan Mühlbacher und Univ.-Prof. Dr. Christian Grafl die (wirtschafts)psychologische bzw. kriminologische Sicht auf Wirtschaftskriminalität ein.
  • In der anschließenden Podiumsdiskussion wies Moderator WP/StB Hon.-Prof. Dr. Roman Leitner auf gesetzgeberische Weichenstellungen der letzten Jahre im Finanzstrafrecht und einen daraus resultierenden Trend in Richtung Freiheitsstrafen hin.
  • LOStA Mag. Eva Marek berichtete von ihren Erfahrungen im Rahmen ihrer richterlichen Tätigkeit am OGH und zeigte die Verbandsstrafbarkeit als möglichen Lösungsweg auf.
  • Einen völlig anderen Blickwinkel auf die Sanktionierung wirtschaftskrimineller Delikte skizzierte Nikolaus Tsekas vom Verein „Neustart Wien“, der die (Re-)Sozialisierung in den Vordergrund rückte. Er bot einen Einblick in die Praxis der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle von Ersatzfreiheitsstrafen – Stichwort: „Schwitzen statt Sitzen“.

In der angeregten Publikumsdiskussion kamen zahlreiche weitere Aspekte des Themas zur Sprache. Zwar litten die Vorträge an einem gemeinsamen Manko: die besten Statistiken liegen fast nur zum Bereich Steuerhinterziehung vor. Dennoch lassen sich daraus einige Erkenntnisse gewinnen, hieß es übereinstimmend.

So zeigten sich Mühlbacher und Grafl sehr skeptisch, was die abschreckende Wirkung von höheren Strafen betrifft. Halten sich die Übeltäter nicht an das Gesetz, obwohl ihnen bereits eine Haftstrafe drohe, dann bringt es wenig, den Strafrahmen zu verdoppeln. Viel abschreckender sei, zu zeigen dass der Staat das Fehlverhalten aktiv verfolgt und sanktioniert, dass die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, groß ist – und dass korrektes Verhalten möglich sei. Fazit: Die Wahrscheinlichkeit einer Bestrafung ist entscheidend, nicht die Strafhöhe.

Klaus Kornherr, Geschäftsführer des Linde Verlags: „Das ZWF-Get Together“ bietet Experten aus Justiz, Finanz und Wirtschaft eininterdisziplinäres Diskussionsforum. Gemeinsam mit dem engagierten Herausgeberteam gelingt es,  aktuelle Themen aus dem Wirtschafts- und Finanzstrafrecht aufzugreifen und so den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis zu fördern.“ Eine Nachlese des Abends finde sich in der nächsten Ausgabe der ZWF.

Link: ZWF

 

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