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Bildung & Uni, Business, Recht

Klimaschutz-Wissenschafter gegen die 3. Piste

Graz/Wien. Die Untersagung der 3. Piste des Flughafens Wien wegen der CO2-Belastung ist ein „Anstoß zur Schaffung zukunftsfähiger ökonomischer Strukturen und Arbeitsplätze“. Das meinen die Initiatoren einer unterstützenden Wissenschafter(innen)-Initiative, zu der auch Rechtsprofessoren zählen: Eine „Klimaklage“ gegen ein Großprojekt sei zulässig, das Urteil korrekt.

Das kürzlich ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur 3. Piste am Flughafen Wien setze ein deutliches Signal, „Klimaschutz künftig in der Großprojektplanung integrativ zu berücksichtigen und klare gesetzliche Rahmenbedingungen im Einklang mit den Pariser Klimazielen zu schaffen“, heißt es in der öffentlichen Stellungnahme der Initiative „AG KlimaSchutzRecht“ unter der Leitung von Karl Steiniger (Klimaökonom), Eva Schulev-Steindl (Umweltjuristin) und Gottfried Kirchengast (Klimaphysiker).

Die AG KlimaSchutzRecht ist den Angaben zufolge eine gemeinsame Arbeitsgruppe des Klimaforschungsnetzwerks Climate Change Centre Austria (CCCA) und der Kommission Klima und Luftqualität der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

Die Initiatoren verweisen auf eine Reihe von unterstützenden Unterschriften aus der Academic Community. Univ.-Prof. Schulev-Steindl ist am Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Uni Graz tätig; die Stellungnahme geht auch auf die Rechtsfragen des Urteils ein.

Was ist mit den Jobs?

Der in manchen Stellungnahmen zum Urteil vermeinte Widerspruch zwischen Klimaschutz und Arbeitsplätzen bestehe nur für kurzfristig gedachte Wertschöpfung, denn eine zukunftsfähige Wirtschafts- und Lebensweise orientiere sich auch klar am Klimaschutz. Somit helfe dieses Urteil, Fehlinvestitionen zu vermeiden und die Chancen zur Schaffung dauerhaft tragfähiger Wirtschaftsstrukturen zu ergreifen, heißt es.

Mit Klimaschutzzielen gegen ein Einzelprojekt?

Gestützt auf das Luftfahrtgesetz, hat das Gericht den umstrittenen Ausbau des Flughafens untersagt (BVwG 02.02.2017, W109 2000179-1/291E). Ausschlaggebend für die Entscheidung waren die mit dem Projekt verknüpften Treibhausgasemissionen: Durch Bau und Betrieb der dritten Piste würde es zu einer Zunahme der Gesamtemissionen Österreichs von rund zwei Prozent kommen. Dies würde die Einhaltung der nationalen und internationalen Verpflichtungen Österreichs zur notwendigen Reduktion von Treibhausgasemissionen gefährden.

Es scheint für viele überraschend, dass – wie im vorliegenden Fall – Vorgaben des Klimaschutzrechts auch zur Bestimmung des öffentlichen Interesses an einem Projekt in der Genehmigungsphase heranzuziehen sind und das offensichtliche Nichterreichen von Klimaschutzzielen auch zur Untersagung eines konkreten Vorhabens führen kann – das erkennen auch die Klima-Initiatoren an. Um sich dann eindeutig auf die Seite des – für sein Urteil von vielen angefeindeten – Bundesverwaltungsgerichts zu stellen (im Folgendem das Statement im Wortlaut):

Dabei ist dem Gericht qualitätsvolle juristische Arbeit zu attestieren und die Signalwirkung des Urteils für den Klimaschutz zu betonen. Aus juristischer Sicht besonders bedeutsam ist, dass mit dieser Entscheidung die Wichtigkeit unterstrichen wurde, die dem Klimaschutz als Teil des umfassenden Umweltschutzes zukommt, wie er in der österreichischen Verfassung und der Europäischen Grundrechtecharta verankert ist.

Zu beachten sei auch, dass die Entscheidung kein österreichisches Spezifikum darstellt. Klimaschutz bzw. Klimaschäden seien auch international gesehen längst Sache der Gerichte geworden. Sogenannte Klimaklagen, etwa in den Niederlanden, USA oder auch der Schweiz, mehren sich in jüngster Zeit und werden wegen Zunahme der Klimaschäden weiter anwachsen, heißt es.

Es bleibt ein Dilemma

Anzuerkennen sei aber auch das Dilemma, das in der Interessenabwägung zwischen sehr konkreten, projektspezifischen Auswirkungen, wie unmittelbarer Arbeitsplatzschaffung auf der einen Seite und breiten, öffentlichen Interessen am Klimaschutz und an der Vermeidung der Schäden und Folgen des Klimawandels auf der anderen Seite bestehe. Dieses Dilemma erlaube keine einfache Lösung.

Zum Klimaschutz habe sich Österreich jüngst durch die Ratifizierung des Pariser Abkommens im November 2016 verpflichtet, mit dem Ziel, zur Beschränkung der Erderwärmung global unter zwei Grad angemessen beizutragen.

Die getroffene Entscheidung sei daher ein wichtiges Signal, dass bei solchen Projekten in Hinkunft in einer integrativen Planung Klimaschutz von vornherein zu berücksichtigen ist. „Im vorliegenden Fall etwa in einem Gesamtverkehrsrahmen, in dem die Option der Kurz- und Mittelstreckenanbindung statt mit dem Flugzeug durch die Bahn zu prüfen bzw. zu gewährleisten ist“, heißt es.

Wolle Österreich seine international übernommenen Klimaschutz-Verpflichtungen erfüllen, so sei dieses Urteil ein klarer Anstoß, weitere Klimaschäden verringern zu helfen: einerseits durch Mitwirkung als aktiver und fair mittragender Partner bei der Umsetzung des Pariser Abkommens auf EU-Ebene und andererseits durch eine rasche Neugestaltung des österreichischen Klimaschutzgesetzes, kompatibel mit den Pariser Klimazielen und mit entsprechendem Zeithorizont bis 2030 bzw. 2050.

Das ist jedenfalls die Meinung der Initiative. Die Befürworter der 3. Piste sehen dagegen durch das Urteil großen Schaden auf Österreichs Wirtschaft zukommen.

Link: AG KlimaSchutzRecht

Link: Flughafen Wien (3. Piste)

 

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