Wien. Im Palais Epstein diskutierten Experten über das schwierige Verhältnis von Denkmalschutz und Progressivität: Historische Substanz bewahren und ausbauen liegt im Trend – aber das kostet.
Auf Einladung von Nationalratspräsidentin Doris Bures und der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten fand unlängst im Palais Epstein die Diskussionsveranstaltung „Denkmalschutz – weltoffen und progressiv?“ statt. Es ging dabei um die Frage, wie die Erhaltung von traditioneller Gebäudekultur samt gesetzlicher Auflagen mit architektonischem Fortschritt und Weltgewandtheit kombiniert werden kann, berichtet die Parlamentskorrespondenz.
Arbeitsplatz im Architekturjuwel
Die Begrüßung bei der Veranstaltung übernahm Parlamentsvizedirektor Alexis Wintoniak, der auch Projektleiter der Parlamentsgebäudesanierung ist. Wintoniak beschrieb dabei vor allem die Situation bei der Sanierung des Parlamentsgebäudes, in der man sich in einem Spannungsfeld zwischen den Anforderungen eines modernen Parlamentarismus und dem Erhalten von historischer Bausubstanz befinde.
„Wir müssen das Parlamentsgebäude für kommende Generationen bewahren und gleichzeitig möglichst optimale Arbeitsbedingungen für ein modernes Arbeitsparlament gewährleisten“, so der Parlamentsvizedirektor.
Nach der Begrüßung durch Wintoniak übernahm die Einleitung der Diskussion Nina Krämer-Pölkhofer, Generalsekretärin der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland. Pölkhofer widmete sich vor allem der Ausstellung „Ziviltechnikerinnen gestalten Zukunft – Denkmäler in neuem Licht“.
Es werden darin aktuelle Arbeiten von österreichischen und slowenischen Architektinnen und Ingenieurkonsulentinnen zum Thema „Planen und Bauen in historisch wertvoller Umgebung“ gezeigt. Pölkhofer sagte, es freue sie sehr, „dass die Ausstellung die Leistung von Frauen in diesem oft männlich dominierten Bereich sichtbar macht“.
Bauen im Bestand
Barbara Neubauer, Präsidentin des Österreichischen Bundesdenkmalamts, sagt in ihrem Impulsreferat, einer der zukunftsträchtigsten Aspekte der Architektur sei das sogenannte Bauen im Bestand. „In einer Zeit, in der wir ressourcenschonend wirtschaften müssen, nicht mehr grenzenlos Böden versiegeln können und in der wir aussterbende Ortskerne erleben, in so einer Zeit wird es immer wichtiger, bereits bestehende Gebäude und Areale neu zu gestalten“, so Neubauer.
Mit dieser Neugestaltung von alter Bausubstanz steige auch die Bedeutung von Denkmalschutz. Neubauer sprach dabei offen aus, dass Denkmalschutz natürlich auch einen finanziellen Mehraufwand bedeute und mitunter ein steiniger Weg sei; sie fügte aber hinzu, dass Kultur und das Bewahren von Bestehendem einer Gesellschaft auch etwas wert sein müssten.
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde vor allem darüber diskutiert, was man unter Progressivität im Kontext von Denkmalschutz verstehen könne. Es ging dabei zentral um die zahlreichen und manchmal komplexen Möglichkeiten, wie bereits bestehende Architektur idealerweise für neue Zwecke genutzt werde.
Moderiert von der Architektin Gabu Heindl, diskutierten dabei mit Neubauer die Generalsekretärin der österreichischen UNESCO-Kommission, Gabriele Eschig, der slowenische Architekt Aleksander Ostan und die Wiener Architektinnen Verena Mörkl, Johanna Rainer und Ulrike Schartner.
Historischer Ort
Das Palais Epstein selbst – durch das Führungen angeboten werden – ist eine Art Kurz-Zeitreise in die Geschichte Österreichs: In den letzten 130 Jahren war das einstige Wohn- und Geschäftshaus der kunstsinnigen Bankiersfamilie Epstein unter anderem NS-Reichsstatthalterei, sowjetische Stadtkommandantur und Sitz des Stadtschulrats. Seit 2005 wird das Palais vom Parlament genutzt.
Link: Palais Epstein (Parlament)