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Business, Recht

Flughafen geht für 3. Piste mit Schönherr zum Höchstgericht

©Flughafen Wien AG

Wien. Der öffentlich vehement diskutierte Rechtsstreit über eine dritte Piste auf dem Flughafen Wien-Schwechat geht zum Höchstgericht: Der Flughafen Wien hat beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) eine außerordentliche Revision gegen das Pisten-Verbot beantragt und auch den Verfassungsgerichtshof angerufen. Unterdessen werden im Streit von Befürwortern wie Gegnern schwere Kaliber aufgefahren. 

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Februar 2017 entschieden, dass die dritte Piste nicht gebaut werden dürfe, und als Begründung vor allem den dadurch steigenden CO2-Ausstoß Österreichs angeführt. Breite Wirtschaftskreise sprechen sich vehement gegen diese Entscheidung aus, es gibt aber auch Unterstützer; dabei ziehen sich die Fronten teilweise quer durch die politischen Lager.

Der Flughafen zweifelt jedenfalls die Berechnungsmethode an, dazu gibt es Kritik an der Heranziehung von Klimaschutzkriterien bei der Erwägung eines Einzelprojekts – auch wenn es noch so groß ist.

  • Konkret hat der Flughafen beim Verwaltungsgerichtshof eine außerordentliche Revision gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Der Einspruch erfolgte wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie schwerwiegender Verfahrensmängel, so der Flughafen-Vorstand am Donnerstag öffentlich.
  • Außerdem legt der Flughafen Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ein, weil er eine Verletzung seiner verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte sieht.
  • Das Land Niederösterreich, das das Pistenprojekt weiterhin vehement unterstützt, hat ebenfalls Schritte ergriffen: Schwerwiegende rechtliche Bedenken hätten es veranlasst, den Verwaltungsgerichtshof mit dem Antrag anzurufen, die außerordentliche Revision zuzulassen und das Erkenntnis zu beheben, so Josef Muttenthaler, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energierecht beim Amt der NÖ Landesregierung, in einer Aussendung.

Beraten wird der Airport von Wirtschaftskanzlei Schönherr, konkret ihrem Partner Christian Schmelz und seinem Team. Während sich die NÖ-Landesregierung als mitbeteilige Behörde selbst vertritt, ist das Land als Mitantragstellerin hinsichtlich Verlegung der Landesstraße B10 (Teil des Pisten-Verfahrens) ebenfalls Schönherr-Klient.

Neben Schönherr und den Landesbeamten sind natürlich auch Airport-Rechtschef Wolfgang Köberl mit einem Flughafen-internen Team und Verfassungsrechtler Bernhard Raschauer involviert.

Richter im Visier, Angst um den Rechtsstaat

Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft Wien Ermittlungen gegen zwei der drei Bundesverwaltungsrichter aufgenommen, die an der Entscheidung beteiligt waren. Der Verdacht lautet laut Tageszeitung Kurier auf auf Amtsmissbrauch (keine Details bekannt), es gilt die Unschuldsvermutung.

Angezeigt worden waren die Vorwürfe nach einem Anbringen über die Whistleblower-Hotline der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Bekannt ist, dass manche Befürworter der 3. Piste den beiden Richtern u.a. frühere Nähe zu Umweltschutzbelangen bzw. Grundbesitzer-Organisationen vorwerfen.

Die Umweltorganisation Global 2000 kritisiert diese Vorgangsweise vehement: „Über das Urteil kann fachlich diskutiert werden, insbesondere zur Abwägung der öffentlichen Interessen Schutz vor Klimaerwärmung gegen das öffentliche Interesse Arbeitsplätze, das durch alternative Maßnahmen wie den Ausbau der Zuginfrastruktur wesentlich besser und nachhaltiger erfüllt werden kann“, so Reinhard Uhrig, Kampagnenleiter von Global 2000. „Es ist in einem Rechtsstaat wie Österreich aber äußerst bedenklich, dass hier ein Ermittlungsverfahren gegen unabhängige Richter eingeleitet wird, weil gewissen Interessensgruppen die Erkenntnis vom 2. Februar missfällt.“

Juristische Kritik an der Stadt Wien

Auch die Stadt Wien sieht sich einer neuen juristischen Front ausgesetzt: Wie von Extrajournal.Net  im Februar exklusiv berichtet tritt die Stadt Wien zwar als Befürworterin der Pistenerrichtung auf (und ist auch am Airport beteiligt), hat im Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht aber juristisch die Rolle eines Beschwerdeführers eingenommen, vertreten von Wirtschaftskanzlei fwp. Die Absicht hinter dieser Vorgangsweise war nicht die Verhinderung des Projekts, sondern die, juristisch den Fuß in der Tür zu behalten, heißt es dazu.

Nun hat die Wiener Anwaltskanzlei bkp im Auftrag nicht genannter Wirtschaftskreise ein Rechtsgutachten erstellt, wonach das Vorgehen der Stadt ihrer Meinung nach Treuepflichten als Flughafen-Aktionär verletze.

Politisch hat sich heute der Wiener Landesparteiobmann der ÖVP, Stadtrat Gernot Blümel, dazu zu Wort gemeldet: „Wien muss dem Beispiel Niederösterreichs folgen und ebenfalls Rechtsmittel gegen den negativen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichtshofs zur Dritten Piste einlegen. Das Nein zur Dritten Piste muss mit allen möglichen juristischen Mitteln bekämpft werden.“ Wien habe durch den Einspruch bisher ein fragwürdiges juristisches Doppelspiel gespielt, meint zumindest Blümel.

Bis es übrigens beim VwGH zu ersten Richtungsentscheidungen kommt, wie es mit der Berufung des Flughafens weitergeht, könnten laut Flughafen gut und gern zwei Jahre ins Land ziehen. Befürworter wie Gegner werden in der immer heftiger ausgetragenen Auseinandersetzung wohl noch zahlreiche Argumente ins Treffen führen.

Link: BVwG

Link: Flughafen Wien

 

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