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Recht

Mehr Regeln durch das Deregulierungsgesetz?

Wien. Das Deregulierungsgrundsätzegesetz sorgt für viel Kritik im Nationalrat. Fest steht, dass die Gründung von Ein-Personen-Unternehmen vereinfacht wird. Und die Bürgerkarte soll zum Geschäftsdokument ausgebaut werden.

Die Gründung von Einzelunternehmen und kleinen Standard-GmbHs soll künftig einfacher werden. Wer einziger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH ist, wird ab 2018 keinen Notar mehr benötigen und das Unternehmen per Bürgerkarte bzw. Handysignatur registrieren lassen können. Vorausgesetzt, die physische Identifizierung wurde im Zuge der bar zu leistenden Stammeinlage von der Bank vorgenommen. Das hat der Nationalrat in seiner heutigen Sitzung beschlossen.

Auch alle weiteren Schritte im Gründungsprozess sollen demnach elektronisch über das Unternehmensserviceportal (USP) abgewickelt werden können, berichtet die Parlamentskorrespondenz. Die Neuregelung für GmbHs ist vorerst allerdings auf drei Jahre befristet und soll vor einer Verlängerung evaluiert werden.

Eine Sammelnovelle

Eingebaut sind die neuen Bestimmungen für vereinfachte Firmengründungen in das Deregulierungsgesetz 2017. Ziel der umfangreichen Sammelnovelle mit insgesamt 25 Gesetzesänderungen sind die Reduktion von Bürokratie für Unternehmen und BürgerInnen, vereinfachte Verwaltungsabläufe und mehr elektronische Kommunikation mit den Behörden.

In diesem Sinn werde etwa auch ein Rechtsanspruch auf elektronischen Behördenverkehr eingeführt sowie eine Pflicht für Unternehmen zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung ab 2020 verankert. Erleichterungen gibt es unter anderem auch für Auto- und Motorradfahrer: Bei einem Wohnsitzwechsel im gleichen Kennzeichen-Bezirk wird künftig kein neuer Zulassungsschein mehr benötigt.

Vom Nationalrat verabschiedet wurde darüber hinaus das umstrittene Deregulierungsgrundsätzegesetz. Durch mehr befristete Gesetze, eine systematische Durchforstung gesetzlicher Bestimmungen auf ihre Notwendigkeit und eine präzise Umsetzung von EU-Vorgaben ohne darüber hinausgehende Regelungen soll die Zahl der gesetzlichen Vorschriften insgesamt reduziert und damit die Bürokratie verringert werden.

Schuss ins eigene Knie?

In der Debatte über das Deregulierungspaket sorgte vor allem das Deregulierungsgrundsätzegesetz bei der Opposition für viel Kritik und einiges an Häme. So warf Grünen-Abgeordnete Christiane Brunner der Regierung vor, mit dem Gesetz „Scheinaktivität“ zu demonstrieren. Die Grünen würden auch ohne gesetzliche Vorgaben bei jedem Gesetzesvorschlag überlegen, ob er notwendig ist oder nicht und welche Wirkung er habe.

Brunner wertete es zudem als „Schuss ins eigene Knie“, würde Österreich in Zukunft EU-Vorgaben nur noch nach Punkt und Beistrich umsetzen und auf „Gold Plating“ verzichten. EU-Richtlinien seien ein Minimalkompromiss, mit denen ein Mindeststandard für alle EU-Länder festgelegt werde, Österreich solle aber eine Vorreiterrolle anstreben und sich nicht mit Durchschnitt begnügen, machte sie geltend und nannte als konkrete Bereiche etwa den Klimaschutz oder die Energiewende.

Auch der „One in – one out“-Regelung können die Grünen wenig abgewinnen: Durch notwendige neue Regelungen würden andere nicht automatisch überflüssig.

Sowohl Georg Willi (Grüne) als auch Christoph Hagen (Team Stronach) appellierten an die Regierungsparteien, einen stärkeren Fokus auf die Lesbarkeit von Gesetzen zu richten. Willi zitierte in diesem Zusammenhang aus der vorliegenden Novellierung der Bundesabgabenordnung und meinte, es sei „unerträglich, was wir hier produzieren.“

Was bringt ein Deregulierungsgrundsätzegesetz?

Kritik am Grundsatzgesetz, allerdings mit einer etwas anderen Stoßrichtung, kam auch von den Neos. So zeigte sich Gerald Loacker irritiert darüber, dass es in der Koalition offenbar Leute gebe, die davon ausgehen, dass vorgelegte Gesetze nicht notwendig seien und nicht ausreichend geprüft würde, ob die daraus resultierenden Belastungen für BürgerInnen und Unternehmen angemessen sind.

Zudem ist es seiner Meinung nach angesichts der vagen Bestimmungen ein Leichtes, gegen die Intention des Gesetzes zu verstoßen. Es handle sich tatsächlich um nicht viel mehr als um Neujahrsvorsätze, die meist am 7. Jänner schon wieder vergessen sind, hielt er in Anspielung auf ein Interview von SPÖ-Abgeordnetem Christoph Matznetter fest.

Für Loacker ist das vorliegende Gesetz in diesem Sinn selbst ein Fall, das an den eigenen Vorsätzen gemessen werden sollte: Seinem in einen Entschließungsantrag gegossenen Appell an die Regierung, bei der Vorlage von „Deregulierungsgrundsätzegesetzesvorschlägen“ darauf zu achten, ob diese notwendig und zeitgemäß sind und ob die angestrebten Wirkungen nicht auch auf andere Weise erreicht werden könnten, wollte sich bei der Abstimmung allerdings nur eine Minderheit der Abgeordneten anschließen.

Zustimmung der FPÖ mit Vorbehalten

Kritisch zum Gesetz äußerte sich auch die FPÖ. Dieses enthalte lediglich Allgemeinplätze, noch dazu „mit Hintertürln“, hielt etwa Axel Kassegger fest und machte darauf aufmerksam, dass sich bereits etliche Kabarettisten des Entwurfs angenommen hätten. Für ihn ist das Gesetz nichts anderes als Teil „der Marketing-Show“ der Bundesregierung, wie auch generell die Regierungspolitik vor allem von Marketing und Streit geprägt sei. Außer diversen Plänen habe die Regierung bisher nichts vorgelegt, klagte er.

Dass die FPÖ dem Deregulierungsgrundsätzegesetz letztlich dennoch zustimmte, begründete Harald Stefan damit, dass „es nichts Falsches ist, was hier steht“. Man könne Selbstverständlichkeiten nicht ablehnen.

Regierungsparteien sehen Regierung handeln

Klar hinter das Gesetz stellten sich die SPÖ-Abgeordneten Christoph Matznetter und Josef Cap. Dieses sei zwar nicht die Idee der SPÖ gewesen, sagte Matznetter, seiner Meinung nach spricht aber nichts dagegen, die im Gesetz verankerten Vorsätze zu fassen. Man habe nur das in Paragraphen gegossen, was von der Opposition ständig gefordert wird, hält auch Abgeordneter Cap die vorgebrachten Einwände für nicht gerechtfertigt.

Dass im Gesetz viele Konjunktive enthalten sind, begründete Matznetter damit, dass Gesetzesbeschlüsse im Sinne des freien Mandats letztlich der Entscheidung der Abgeordneten obliegen.

Politik will Bürgerkarte für Unternehmen attraktiver machen

Bei der Verabschiedung des Deregulierungsgesetzes 2017 wurde, wie bereits im Verfassungsausschuss angekündigt, ein Abänderungsantrag berücksichtigt. Dieser sieht insbesondere Erleichterungen für Unternehmen vor, die die Bürgerkarte bzw. die Handysignatur zur Identitätsfeststellung von Kunden verwenden wollen.

Wer eine bürgerkartentaugliche Umgebung einsetzt, kann demnach künftig vom Innenministeruim als Stammzahlenregisterbehörde bereichsspezifische Personenkennzeichen (bPK bzw. verschlüsselte bPK) anfordern, wobei dafür ein Kostenersatz vorgesehen werden kann.

Link: Parlament

 

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