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Recht

Unternehmenspleiten sinken, Private warten auf Novelle

Die Pleitenfront. Pro Werktag gab es zuletzt 20 insolvente Unternehmen in Österreich, mit 4,7 Mio. Euro Schulden und 64 betroffenen Dienstnehmern: Die Erholung der Konjunktur lässt auch die Pleitenzahlen anspringen, so der KSV.

Insgesamt waren in den ersten drei Monaten des Jahres 2017 laut KSV 1.298 Unternehmen insolvent, was einem Rückgang von 3% gegenüber dem Vergleichszeitraum 2016 entspricht. Es wurden über 787 Unternehmen Insolvenzverfahren eröffnet, die Schulden von insgesamt EUR 300 Mio. betrafen. In diesen Unternehmen waren in Summe 4.100 Dienstnehmer beschäftigt.

Der Rückgang der Passiva sei mit ca. 74% extrem, allerdings verzerrten die Statistik im Vorjahr drei Großinsolvenzen mit über EUR 840 Mio. Passiva. Ohne diese drei Ausreißer liegen die Passiva 2017 sogar knapp über jenen des Vorjahrs, heißt es: Insgesamt seien die Insolvenzfälle weiterhin klein und eher unbedeutend.

Der Kampf gegen abgewiesene Konkurse

Die „abgewiesenen Konkurse“ werden seit 2010 als „nicht eröffnete Insolvenzen“ bezeichnet. KSV1870 Geschäftsführer Ricardo-José Vybiral erklärt dieses Phänomen: „Es handelt sich dabei um Fälle, bei denen der Geschäftsinhaber seinen Rechtspflichten auf Antrag eines Insolvenzverfahrens nicht rechtzeitig nachgekommen ist. Solche Unternehmen sind letztlich so ausgezehrt, dass die Eröffnung eines geordneten Insolvenzverfahrens nicht mehr wirtschaftlich darstellbar ist. Die vergangenen ca. 20 Jahre im Kampf gegen dieses Phänomen haben gute Erfolge gezeitigt und so ist es erfreulich, dass auch im ersten Quartal 2017 mehr als 60% aller Fälle zu einem Insolvenzverfahren wurden“.

Die Aussichten

KSV1870 Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner zum weiteren Jahresverlauf: „Eine Schwalbe macht keinen Sommer und der leichte Rückgang der Insolvenzen im ersten Quartal ist kein Indikator für die Entwicklung im gesamten Jahr. Zinserhöhungen und Erholung der Wirtschaft sind im Gegenteil Vorboten, dass es im Lauf des Jahres 2017 noch eine Belebung des Insolvenzgeschehens geben wird.“

Denn langjährige Erfahrung hat gezeigt, dass mit dem beginnenden Aufschwung aus einem Konjunkturtal auch die Insolvenzen anspringen, weiß Kantner.

Privatkonkurse deutlich rückläufig

Die Zahl der Privatkonkurse (beantragte Schuldenregulierungen) ging deutlich zurück: Sie lag mit 1.690 im österreichischen Schnitt um 18% unter dem Vergleichswert des Vorjahres. Spitzenreiter sind Burgenland (- 54%) und Tirol (- 44%). Die Passiva mit nur EUR 172 Mio. lagen sogar ca. 24% unter jenen des ersten Quartals 2016.

Die Gründe für den Rückgang sind nicht im Anspringen der Konjunktur zu finden, sondern im Zögern der Schuldner und ihrer Berater, die auf eine baldige und vollständige Umsetzung der angekündigten Novellierung des Privatkonkurses hoffen, so der KSV.

Dies gelte auch ungeachtet dessen, dass eine Antragspflicht laut § 69 IO besteht, nach der Schuldenregulierungen nicht verzögert werden dürfen, wie Kantner erinnert.

„Bei der geplanten Novelle werden Unternehmer, die einmal redlich gescheitert sind, mit Konsumschuldnern in einen Topf geworfen. Diese Gleichbehandlung ist unfair, denn ehemals Selbstständige haben mit der Gründung ihres Unternehmens Verantwortung übernommen und ihre Existenz aufs Spiel gesetzt. Es besteht die realistische Chance, dass sie es im zweiten Anlauf besser machen“, meint Kantner.

Das Begutachtungsverfahren

Die von der Regierung vorgeschlagenen Änderungen würden nicht nur bei Finanzinstituten zu erheblichen Einbußen führen, sondern bei allen Gläubigern, zu denen Lieferanten und die öffentliche Hand gehören, so die Befürchtung der Gläubigerschützer.

Vybiral zur augenblicklichen Situation: „Der Vorschlag der Regierung würde auch die unbesicherten Gläubiger schwer benachteiligen, weil sie dadurch im Abschöpfungsverfahren über 60% an Befriedigung verlieren würden. Die Regierungsvorlage ist daher noch deutlich zu verbessern und zu entschärfen. Derzeit läuft die Begutachtung bis Anfang Mai und wir werden diese Frist nützen und uns weiter dafür einsetzen, dass nun auch die gemäßigten Stimmen gehört werden“.

Die Langzeiterfahrung zeigte dass Schuldner oft ein bis zwei Jahre benötigen, um Zahlungen zu leisten. Die Spitze im siebenten Jahr zeige, dass manche Schuldner gegen Ende der Abschöpfungszeit bereit sind, die fehlenden Beträge auf die Zielgröße von 10% zu erbringen oder sich überhaupt erst am Ende der Laufzeit angestrengt haben.

Dies wurde von den Gläubigern meist akzeptiert, da sie immerhin eine Quotenzahlung von 10% erhalten haben. Bei der geplanten Regelung hingegen werden die Gerichte weitaus öfter als bisher Anträge der Gläubiger wegen Obliegenheitsverletzungen zu entscheiden haben, meint der KSV.

Link: KSV

 

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