Open menu
x

Bequem up to date mit dem Newsletter von Extrajournal.Net!

Jetzt anmelden, regelmäßig die Liste der neuen Meldungen per E-Mail erhalten.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Newsletter-Seite sowie in unserer Datenschutzerklärung.

Recht, Tipps

Insekten-Mahlzeit online ordern: So sind die Regeln

Insekten-Messe der AGES ©HBF / Daniel Trippolt

Wien. Das Gesundheitsministerium hat gemeinsam mit der Vetmeduni Wien amtliche Leitlinien für Insekten als Nahrungsmittel der Zukunft erlassen. Durchaus nicht zu früh: Auch in Österreich werden Insekten nämlich schon jetzt zur Online-Bestellung angeboten – sozusagen als sechsbeinige Pizza.

Die einen ekeln sich davor, für andere wiederum sind sie ein wertvolles Nahrungsmittel. Der Trend Insekten als Nahrungs- und Genussmittel für Menschen, statt nur als Tierfuttermittel zu verwenden, hat auch Österreich erreicht, heißt es.

Viele der Tiere gelten aufgrund ihres hohen Nährstoffgehaltes als gesund. Als mögliche, neue Nahrungsmittel müssen sie jedoch zum Schutz der Konsumenten als essbar gekennzeichnet sein und bestimmte Sicherheitskriterien erfüllen.

Diese Vorgaben wurden nun vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen (BMGF) gemeinsam mit dem Institut für Fleischhygiene, sowie dem interuniversitären Messerli Forschungsinstitut an der Vetmeduni Vienna erarbeitet und in einer Leitlinie zusammengefasst (BMGF-75210/0003-II/B/13/2017).

Damit könne zukünftig die Sicherheit beim Verzehr der essbaren  Insekten, auch im Hinblick auf bislang unerforschte Allergierisiken, gewährleistet werden.

Nützlich, lästig – wohlschmeckend?

Insekten werden im europäischen Raum bislang entweder wie die Bienen als nützlich, oder zumeist als ekelig oder lästig empfunden. In anderen Teilen der Welt, wie in Afrika oder Asien, gelten sie dagegen, aufgrund des hohen Eiweißgehalts, als proteinreiche Nahrungsquelle oder Delikatesse.

So findet man auf asiatischen Märkten viele Stände, die frittierte Heuschrecken, Zikaden oder Käfer als Snack anbieten. Insekten werden aber mittlerweile auch in Europa und somit Österreich immer öfter als Nahrungs- oder Genussmittel angeboten.

Wie bei jedem Nahrungsmittel müssen jedoch Sicherheit und Verträglichkeit gewährleistet, sowie das Gesundheitsrisiko für den Konsumenten, etwa durch Giftstoffe oder Allergene, abschätzbar sein.

Essbare Insekten werden innerhalb der EU als sogenanntes „Novel-Food“ eingestuft, da sie vor dem 15. Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang in der Europäischen Union verzehrt wurden. Ihre Sicherheit muss vor einem Inverkehrbringen erst belegt werden.

Österreichischer Leitfaden für Handel und Verzehr essbarer Insekten

Ganze Insekten und ihr Inverkehrbringen als Lebensmittel fällt erst ab 1. Jänner 2018 unter die Novel Food Verordnung ((EU) 2015/2283). Aufgrund einer Übergangsfrist müssen sie auch erst mit Beginn 2020 ein Zulassungsverfahren durchlaufen, um ihre Sicherheit zu belegen.

Damit war es nötig, für bis dahin bereits vertriebene, ganze essbare Insekten eine eindeutige Regelung zu erstellen, so die Vetmeduni: Das BMGF beauftragte deshalb eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Instituts für Fleischhygiene und Mitarbeit von Allergieexperten des interuniversitären Messerli Forschungsinstitutes an der Uni mit der Erstellung einer Leitlinie.

Und die Regeln sind…

  • In dieser neu veröffentlichten Leitlinie ist festgehalten, dass für Insekten als Nahrungsmittel ihre Erkennbarkeit gegeben sein muss.
  • Auf der Verpackung sollen außerdem Hinweise zu Art und Verarbeitung angegeben werden.
  • Es gibt Regeln für die verarbeitenden Betriebe (analog denen für Fleischverarbeiter).
  • Spezielle Bestimmungen werden für die Haltung und die Tötung der Insekten aufgestellt („Die gezüchteten Insekten werden durch Tieffrieren bei mindestens -18°C oder tiefer getötet. Alternativ besteht bei bestimmten Arten (…) auch die Möglichkeit der Abtötung in kochendem Wasser oder Dampf bei über 100°C.“)
  • Selbstverständlich müsse auch die mikrobiologische und toxikologische Sicherheit der essbaren Insekten gewährleistet sein. Sie müssen also auf Erreger, wie Bakterien oder Viren, und Giftstoffe getestet sein, erklärt Arbeitsgruppenleiter Friedrich Bauer vom Institut für Fleischhygiene.

Angeregt durch die Ausarbeitung der Leitlinie werden auf seinem Institut Untersuchungen zur Haltbarkeit und dem Vorkommen von biologischen Schadstoffen wie biogenen Aminen durchgeführt. Eine Erweiterung der Leitlinie in Hinblick auf Fütterung und Haltung von Insekten sei ebenfalls angedacht, beschreibt Bauer die geplante Vorgangsweise.

Das Problem der Nahrungsmittelallergien

„Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das mögliche Allergiepotential von proteinreichen Insekten“, sagt Isabella Pali-Schöll von der Abteilung für Komparative Medizin  des Messerli Forschungsinstitutes der Vetmeduni Vienna und der Medizinischen Universität Wien.

Es besteht laut der Expertin für Nahrungsmittelallergien ein hohes Risiko, dass Patienten mit Allergie gegen Krustentiere wie Shrimps, oder gegen Hausstaubmilben eine Kreuzreaktion gegen Insekten wie Mehlwürmer und Wanderheuschrecke erleiden können.

„Die Erforschung weiterer Kreuzreaktionen sowie den Einfluss der Verarbeitung von Insekten untersuchen wir gerade in Kooperation mit der Universität für Bodenkultur Wien“, so Pali-Schöll. Die konkrete Zahl zu Nahrungsmittelallergien gegen Insekten sei derzeit völlig unbekannt.

„Proteinquelle der Zukunft“

Insekten und Gliedertiere als alternative Nahrungsmittel standen 2016 bereits im Zentrum der von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) veranstalteten Tagung „Insekten als Proteinquelle der Zukunft“. Neugierige konnten vor Ort die ungewohnte Nahrung kosten.

Mittlerweile haben sie auch heimische Gastronomen als neue Nahrungsmittel entdeckt. Auch online sind Insekten bestellbar: Das Portal Insektenessen.at bietet beispielsweise Mehlwürmer (ab 8,90 Euro) und Heuschrecken (ab 12,90 Euro). Dahinter steht das „futurefoodstudio“ von Christoph Thomann im 16. Wiener Bezirk.

Hingewiesen wird auf die Tatsache, dass 1 kg Insekten viel weniger Nährstoffe und Energie in der Erzeugung erfordere als 1 kg Rindfleisch. Und überhaupt: „Wir essen nicht was uns schmeckt, sondern uns schmeckt was wir essen“, geben die Anbieter auf ihrer Website die Parole aus.

Link: Gesundheitsministerium („Leitlinie für gezüchtete Insekten als Lebensmittel“)

Link: AGES

Link: VetMed

 

Weitere Meldungen:

  1. Uni Wien erforscht personalisierte Nahrungsergänzungsmittel
  2. Gesetze sollen Badende, Bürgen, Bargeld, Honig stärker schützen
  3. Honig-Umfrage in 15 Ländern mit der Uni Graz
  4. Buch: Das Recht der Ärzte für Praktiker