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Business, Recht, Tech, Veranstaltung

Was Start-ups laut Anwalt unbedingt wissen müssen

Gregor Famira ©CMS

Wien. Wirtschaftskanzlei CMS Reich-Rohrwig Hainz lud im Rahmen des Pioneers Festival in Wien zu einer eigenen Gründer-Veranstaltung: CMS-Partner Gregor Famira leitet die Start-up-Initiative der Kanzlei und hat bereits über 20 hoffnungsvolle Neugründungen betreut. Im Interview schildert er Motivation und Erfolgschancen: Sowohl für die Jungunternehmer, wie für ihren Anwalt.

Extrajournal.Net: Herr Famira, beim Start-up-Event von CMS fällt auf, dass die Teilnehmer meistens jung sind, keine Krawatte tragen – ein großer Kontrast zur typischen Klientenschaft von Wirtschaftsanwälten?

Gregor Famira: Wie heißt es so schön: Wann trägt ein Gründer Krawatte? Nach der ersten Finanzierung… Tatsächlich ist unser Engagement für Start-ups bei uns – mehr als wohl bei den meisten anderen Kanzleien – von Begeisterung getragen, denn es sind einfach junge, coole Leute. Als Anwalt hat man dabei mit neuen Ideen zu tun, man staunt was alles geht – etwa jetzt im Bereich der Künstlichen Intelligenz – oder eben, was alles nicht geht. Es unterscheidet sich deutlich von anderen Bereichen der Rechtsberatung.

Sie sind bereits seit langem mit Gründern beschäftigt?

Famira: Ich bin selbst einer jener Partner bei uns, die schon seit 10 Jahren viele Start-ups betreuen, auch mit wirtschaftlichem Erfolg. Über die letzten zwei bis drei Jahre hat der Start-up-Hype in Österreich ja deutlich zugenommen. Bei CMS waren wir allerdings schon wesentlich früher für Start-ups engagiert und stimmen uns dabei auch international im Rahmen der Kanzlei ab, was das Know-how zu Start-ups betrifft.

Gibt es Besonderheiten, was die Start-up-Beratung betrifft?

Famira: Da gibt es natürlich eine Reihe von Unterschieden zu länger bestehenden Unternehmen. Einer ist beispielsweise ganz praktischer Natur: Die Start-up-Gründer akzeptieren auch jüngere Berater. Damit meine ich: Ein 25jähriger lässt sich von einem 29jährigen beraten.

Ein weiterer wichtiger Unterschied ist, dass gerade am Anfang die finanziellen Möglichkeiten eng beschränkt sind. Nun nehmen manche Anwaltskanzleien am Anfang statt eines Honorars Equity, beteiligen sich also mit ein paar Prozent am Unternehmen. Wir engagieren uns aus den aus unserer Sicht richtigen Motiven für Start-ups, und dazu gehört auch, dass wir kein Equity nehmen. Was tut man also? Am Anfang ist das Honorar geringer – eben „was geht“, und am Anfang geht nur sehr wenig. Ab der ersten erfolgreichen Finanzierung lässt sich dann auch mit Start-ups als Anwalt Geld verdienen.

Wie lange dauert es, bis ein erfolgreiches Start-up richtig Geld abwirft?

Famira: Die Zyklen haben sich nach meinem Dafürhalten in letzter Zeit spürbar verlangsamt. Bis vor kurzem gab es noch einen 4-5jährigen Zyklus von der Gründung bis zum IPO, dem Exit oder – mangels Erfolg – der Einstellung des Unternehmens. Jetzt sehe ich eher einen Zyklus von sieben bis acht Jahren.

Welche Themen tun sich in der Rechtsberatung für Start-ups auf?

Famira: Anfangs die rechtliche Prüfung des Geschäftsmodells und natürlich die Gründung der GmbH – diese Gesellschaftsform ist einfach zum Standard geworden und auch standardisiert möglich. Dann die Anstellungsverträge und die übrigen arbeitsrechtlichen Themen sowie die Mitarbeiterbeteiligung. Immer wichtiger, gerade im IT-Bereich, wird auch der Datenschutz.

Gut wäre es, wenn eine weitergehende Standardisierung stattfinden würde. In den USA gibt es bereits standardisierte Verfahren bei der Finanzierung, die sogenannten A-, B- und C-Runden, die von den Venture Capital-Vereinigungen festgelegt werden Da ist klar, was man bekommt und welche Rechte und Pflichten für Unternehmen und Kapitalgeber damit verbunden sind. Das wäre durchaus auch für Österreich überlegenswert – zum Beispiel für Interessensverbände wie die AVCO. Es würde sowohl den Start-ups wie den Beratern helfen, weil eine solche Standardisierung einfach zu geringeren Kosten führt.

Wie groß ist aus Ihrer Sicht der Anteil jener Start-ups, die erfolgreich sind?

Famira: Ich habe bisher schon über 20 Start-ups betreut. Eine Pauschalaussage, also einen bestimmten Anteil, möchte ich nicht nennen. Es hängt nämlich ganz stark von den handelnden Personen ab. Bei manchen muss man sagen: Bei denen klappt es einfach immer. Andere scheitern an vorhersagbaren Problemen. Zum Beispiel arbeiten viele Start-up-Gründer nur nebenbei an ihrem Unternehmen, was oftmals ein Scheitern nach sich zieht. Andererseits muss man natürlich auch von etwas leben, klar.

Weiters ist die Zahl der Köpfe oft nicht gleich der Zahl der handelnden Personen. Oder anders ausgedrückt: Manche tun sehr viel für das neue Unternehmen, andere aber viel weniger. Gerade einem solchen Ungleichgewicht kann man als Anwalt vorbeugen, indem man entsprechende Vereinbarungen schon zum Start trifft. Der Beitrag des Anwalts zu einer erfolgreichen Gründung ist nun einmal die rechtliche, manchmal auch die steuerliche, Beratung – es ist einfach schön, wenn man sieht, dass sich der Erfolg einstellt.

Regelungen des Verhältnisses der Gründer untereinander sind menschlich ein schwieriges Feld. Gerade bei ambitionierten Pionieren scheinen sie manchmal geradezu verpönt zu sein.

Famira: Dennoch ist es ein großer Fehler, auf sie zu verzichten. Ganz schlimm wird es nämlich, wenn einer der Gründer weggeht – das Unternehmen hinter sich lässt, nichts mehr dafür tut, aber seine Anteile behält. Für viele solche Situationen lassen sich im Gesellschaftsvertrag Vorkehrungen treffen.

Streitigkeiten unter Gesellschaftern sind sogar bei den ganz großen Unternehmen oft Gegenstand jahrelanger Rechtsstreitigkeiten. Können Start-ups überhaupt einen wasserdichten Gesellschaftsvertrag zustande bringen?

Famira: Wenn der Gesellschaftsvertrag alle Stückerl spielen soll, es gleichzeitig aber auf jeden Cent ankommt – dann wird es natürlich schwierig. Aber meistens ist das ja gar nicht notwendig. Es ist ja meistens nicht so, dass da Konzerne vom Schlage eines Daimler oder BMW ein Joint-Venture gründen. Die Gründer sind meist jung, befreundet, auf einer Wellenlänge – da muss man sich eben ehrlich über das Verhältnis zum Unternehmen aussprechen und dann für alle akzeptable, einfache Regelungen für typische Problemfälle treffen. Und zwar im Vorhinein, nicht erst dann wenn die Situation eingetreten ist.

Wie sieht das in der Praxis aus?

Famira: Eine einfache Lösung besteht beispielsweise darin, den Vertrag so zu gestalten, dass im Voraus bereits Rückkaufangebote für alle Anteile definiert sind, die schlagend werden, wenn einer der Gründer aussteigt.

Der Anwalt hilft in der Beratung dabei, solche Situationen zu erkennen und vorzubeugen?

Famira: Es ist nun einmal die Rolle des Anwalts, den Miesepeter spielen zu müssen. Einer muss es tun: Die Gründer stehen am Start eines neuen Unternehmens, sie sind hochmotiviert und haben große Erwartungen. Da will man keine Worst-Case-Szenarien besprechen. Doch gerade wenn man die möglichen Probleme nicht regelt, wird dann oft umso heftiger gestritten, treten sie doch ein. Selbst dann, wenn alle Beteiligten nur die besten Absichten haben. Zum Beispiel können sich die Gründer noch so gut verstehen, manchmal tritt einfach ein unvorhergesehener Trauerfall ein – einer der Gründer stirbt. Was passiert dann mit seinem Ehepartner, Kindern, Geschwistern usw.? Dürfen diese mit allen Rechten und Pflichten des Verstorbenen in den Vertrag eintreten, sind sie dazu überhaupt in der Lage – und sind die anderen Gründer auch von ihren Fähigkeiten überzeugt?

Start-ups haben es im Geschäftsverkehr häufig mit Unternehmen zu tun, die viel größer sind als sie selbst – seien es jetzt Kapitalgeber, erste Kunden oder strategische Kooperationspartner. Kann der Anwalt auch hier helfen?

Famira: Die Rolle des Anwalts besteht natürlich auch darin, in den ersten Jahren des Geschäftsbetriebs den riesigen Unterschied zwischen dem Start-up und seinen Geschäftspartnern ausgleichen zu helfen. Das ist ja oft 1000 zu 1. Man kann die Rolle der Gründer dabei mit der einer Privatperson vergleichen, die ihre erste Wohnung von einem Bauträger kauft. Wenn der Bauträger ein großes Bauunternehmen ist, dann hat er das buchstäblich schon tausendmal gemacht. Als Privatperson kauft man dagegen nur einmal oder wenige Male im Leben eine Wohnung.

Ähnlich ist es in der Anfangszeit eines Unternehmens im Umgang mit einer Bank oder einem Industriekonzern. Da kann der Anwalt den Riesenunterschied beim Know-how ausgleichen helfen – allerdings nicht den bei der Marktmacht.

Was ist Ihr Rat an Unternehmensgründer?

Famira: Lassen Sie sich von Ihrem Anwalt eine Liste von Punkten geben, die zu besprechen sind, und arbeiten Sie sie ab.

Dr. Gregor Famira ist Partner von CMS Reich-Rohrwig Hainz in Wien und Gründer der CMS-Büros in Zagreb und Ljubljana. Seit 2005 betreut er österreichische Startup-Unternehmen aus dem Bereich IT.

Link: CMS Start-up Initiative

 

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