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Gastbeitrag: Neue Regeln für Österreichs Privatstiftungen

Bernd Schneiderbauer ©Binder Grösswang

Privatstiftungen. Am 30.06.2017 wurde weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit (wohl auch auf Grund der „Sommerpause“ und den anstehenden vorgezogenen Nationalratswahlen) ein Ministerialentwurf des Justizministeriums zur Novellierung des Privatstiftungsrechts vorgestellt und in Begutachtung geschickt. Die Binder Grösswang-Anwälte Bernd Schneiderbauer und Christian Zwick analysieren in ihrem Gastbeitrag, was da kommen könnte.

Ob und wann dieser Entwurf tatsächlich Gesetz wird, ist unklar. Es ist wohl nicht damit zu rechnen, dass die Novelle in der vorliegenden Form in den letzten Sitzungen des Nationalrats noch vor der Wahl verabschiedet wird. Nachdem aber mit hoher Wahrscheinlichkeit eine der beiden derzeitigen Koalitionsparteien auch an der nächsten Regierung beteiligt sein wird, könnte sich der derzeitige Entwurf oder einige seiner Punkte früher oder später in einem Gesetz wiederfinden.

Aus diesem Grund soll in der Folge auf die wesentlichen Punkte der geplanten Novelle des Privatstiftungsrechts eingegangen werden.

„Klare Orientierung für den Rechtsträger Privatstiftung“?

Das Justizministerium begründet das umfassende Novellierungsvorhaben in den Erläuternden Bemerkungen damit, dass nach dem mehr als zwanzigjährigen Bestehen der Privatstiftung der Zeitpunkt gekommen sei, dem Rechtsträger Privatstiftung eine neue klare Orientierung zu geben. Die reiche Judikatur habe zu einer Rechtsfortentwicklung geführt, die nicht immer den Bedürfnissen der Privatstiftungen und der aus ihr berechtigten Personen entsprochen hätte. Man ist also offenbar mit der derzeitigen Judikatur nicht zufrieden.

Weiter heißt es: Die Privatstiftung soll weiterhin eine möglichst positive Rolle für die österreichische Volkswirtschaft wahrnehmen. Wesentliches Bestreben der Novelle sei es, den Einfluss der Stifter und deren Familien auf die Privatstiftung zu erhalten, um einer „Versteinerung“ entgegenzuwirken. Es seien stabile Rechtsgrundlagen für Kerngesellschafter österreichischer Unternehmen zu sichern. Die Stiftung solle aber auch ein attraktiver Rechtsträger für die Verwaltung ausländischen Vermögens sein. Ausdrücklich wird dabei auch der Konkurrenzstandort Lichtenstein erwähnt.

Christian Zwick ©Binder Grösswang

Keine andere Rechtsform ist in der Öffentlichkeit derart umstritten wie jene der Privatstiftung. Aus diesem Grund war auch die Verabschiedung des derzeitigen Entwurfs nicht einfach. Es ist nicht zu übersehen, dass dieser Entwurf einen Kompromiss von vielen Interessensgruppen darstellt. Aufgrund der eingegangenen Kompromisse, wird er dementsprechend von vielen Betroffen und auch anderen Interessensgruppen kritisiert.

Unabhängig dessen würde es sich bei der Verwirklichung dieses Entwurfs aber jedenfalls um die umfassendste Änderung des österreichischen Privatstiftungsrechts seit dessen Entstehung aus zivilrechtlicher Sicht handeln. Zwar hat es seit der Einführung der Privatstiftung im Jahr 1993 immer wieder kleinere zivilrechtliche Änderungen gegeben, die wesentlichen Änderungen waren aber ausschließlich steuerlicher Natur. So wurden Stück für Stück die steuerlichen Privilegien der Privatstiftungen, mit welchen man in den 90er Jahren auch ausländische Stifter für Österreich ansprechen wollte, abgeschafft.

Wichtige geplanten Neuerungen im Überblick

Was sind nun die wesentlichen Änderungen? Um einen ersten Überblick zu ermöglichen, haben wir die – aus unserer Sicht – wichtigsten vom Entwurf aufgegriffenen Punkte zusammengefasst, Ohne Anspruch auf Vollständigkeit soll erläutert werden, wohin die Reise gehen würde, sollte der Entwurf Gesetz werden:

  • Erleichterung des Zugriffs durch Gläubiger auf das Stiftungsvermögen: Die Novelle würde die Rechte der Gläubiger wesentlich stärken. Nach dem Entwurf sollen Rechte des Stifters (das betrifft vor allem das vom Stifter vorbehaltene Recht, die Stiftung zu widerrufen) von Gläubigern gepfändet und verwertet werden können. Dies ist an und für sich nichts Neues und wurde auch bisher schon so von den Gerichten judiziert. Nach dem Entwurf soll aber nun selbst dann eine Exekutionsführung durch Gläubiger auf derartige Rechte zulässig sein, wenn das Stifterrecht durch den Schuldner alleine gar nicht ausgeübt werden kann. Damit wären die in der Praxis üblichen Regelungen, wonach Stifterrechte nur mit Zustimmung anderer Mitstifter ausgeübt werden können, gegenüber Gläubigern nichtig. Derzeit regelt das Gesetz dies nicht ausdrücklich. Sicher ist derzeit nur, dass dagegen anfechtungsrechtlich vorgegangen werden kann.
  • Erleichterung des Zugriffs durch Gläubiger auf die Begünstigten: Nicht nur der Zugriff auf das Stiftungsvermögens, auch der Zugriff auf das Vermögen der Begünstigten wird erleichtert. So sollen in Zukunft nämlich auch Bestimmungen nichtig sein, wonach Zuwendungen durch die Stiftung einzustellen oder zu vermindern sind, wenn gegen einen Begünstigten Exekution geführt wird oder er zahlungsunfähig geworden ist. Selbst „Zahlungsschwierigkeiten“, also ein Stadium vor Insolvenz eines Begünstigten berechtigen nach dem Entwurf nicht zur Einstellung der Zahlungen durch die Stiftung an den Begünstigten. Auch sollen Begünstigte als Empfänger von Zuwendungen dann direkt gegenüber Gläubigern der Stiftung haften, wenn ein Gläubiger von der Stiftung keine Befriedigung erlangen kann und der Begünstigte die Zahlung nicht gutgläubig erhalten hat. Derartige Sachverhalte waren bisher nur über das Anfechtungsrecht in den Griff zu bekommen.
  • Etablierung eines neuen „Aufsichtsorgans“: Statt eines Aufsichtsrats sieht der Entwurf nun ein sogenanntes „Aufsichtsorgan“ vor. Wird ein „Aufsichtsorgan“ eingerichtet, so müssen zumindest ein Drittel seiner Mitglieder unabhängig sein, dürfen also keine Ehegatten, Lebensgefährten, Geschwister oder Verwandte in gerader Linie eines Begünstigen sein. Das Aufsichtsorgan ist aber in der Regel nicht zwingend einzurichten.
  • Möglichkeit des „Einpersonenvorstands“: Nach dem Entwurf soll es möglich sein, dass der Vorstand der Privatstiftung nur mehr aus einer Person besteht. Bisher waren zumindest drei Vorstandsmitglieder erforderlich. Der „Einpersonenvorstand“ ist aber nur dann zulässig, wenn in der Stiftung auch ein „Aufsichtsorgan“ eingerichtet ist. Im Unterschied zu den meisten Beiräten, wie sie heute in Stiftungen bestehen, muss aber ein „Aufsichtsorgan“ durch die im Firmenbuch offenzulegende Stiftungsurkunde offengelegt werden. Ein „geheimer“ Beirat hingegen, welcher lediglich durch die nicht offenzulegende Stiftungszusatzurkunde eingerichtet wird (und damit nicht öffentlich bekannt ist) reicht daher nach dem Entwurf nicht aus, um einen Einpersonenvorstand einzurichten. Es wäre auch nach den Entwurf weiterhin zulässig, Beiräte lediglich in der Stiftungszusatzurkunde vorzusehen, allerdings müssten dann zumindest zwei (statt bisher drei) Vorstände bestellt werden.
  • Lockerung der Unvereinbarkeitsregelungen für Mitglieder des Stiftungsvorstands: Demnach sollen nunmehr Neffen und Nichten eines Begünstigten und andere Verwandte der Seitenlinie (mit Ausnahme der Geschwister) Mitglieder des Stiftungsvorstands werden können. Begünstige, deren Ehegatten, Lebensgefährten und Verwandte in gerader Linie dürfen nach dem Entwurf weiterhin nicht Mitglieder des Stiftungsvorstands sein.
  • Liberalisierung der Dauer der Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern: Mitglieder des Stiftungsvorstand sind nach dem Entwurf für eine Dauer von mindestens zwei Jahren zu bestellen, soweit nicht außergewöhnliche Gründe für eine kürzere Dauer sprechen. Nach der derzeitigen Judikatur wurde hingegen eine Mindestbestelldauer von drei Jahren verlangt. Darüber hinaus wird nach dem Entwurf die nach der derzeitigen Rechtslage bestehende Regelung, wonach, den Begünstigten und ihnen nahestehenden Personen nicht die Mehrheit der Stimmrechte beim Beschluss zur Abberufung von Vorstandsmitgliedern zukommen darf, gestrichen. Nach dem Entwurf bedarf die Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstands nur noch einer besonderen Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen bzw Einstimmigkeit bei Aufsichtsorganen mit bis zu drei Mitgliedern.
  • Erstmalige Verpflichtung einer eingeschränkten Offenlegungspflicht von Unterlagen der Rechnungslegung im Firmenbuch: Nach bisheriger Rechtlage muss die Privatstiftung, anders als eine Kapitalgesellschaft, ihren Jahresabschluss und (einen unter Umständen zu erstellenden) Konzernabschluss im Firmenbuch nicht offenlegen. Auch der Entwurf sieht in Zukunft keine Veröffentlichung des Einzelabschlusses vor. Beim Konzernabschluss ist nun aber zu differenzieren: Nach dem Entwurf muss die Stiftung in der Zukunft grundsätzlich ihren Konzernabschluss veröffentlichen, es sei denn, es liegt eine Ausnahme vor, die wohl auf die meisten „Unternehmensstiftungen“ zutrifft: Wenn die Stiftung nämlich ihre Beteiligungen über eine Holdinggesellschaft hält, an der sie zumindest zu 90% beteiligt ist, braucht kein Konzernabschluss veröffentlicht zu werden. Allerdings muss die Stiftung nach dem Entwurf im Firmenbuch zusätzlich einen „Beteiligungsspiegel“ veröffentlichen, in welchem die Beteiligungen aufscheinen. Dieser enthält keine Zusatzinformationen, welche nicht bereits bisher im Firmenbuch abrufbar sind; allerdings wären diese Informationen nach dem Entwurf nun in konsolidierter Form ersichtlich, was es für den Interessierten leichter machen würde, zu Informationen zu kommen. Außerdem sind im Beteiligungsspiegel die Geschäfte der Stiftung mit ihren Tochterunternehmen und die Geschäfte der Tochterunternehmen untereinander zu beschreiben. In den anderen Fällen (also wenn die Stiftung zB keine Beteiligungsholding hat, sondern die Beteiligungen direkt hält oder wenn sie mehrere Beteiligungsholdings hätte) muss nach dem Entwurf nunmehr ein Konzernabschluss der Stiftung veröffentlicht werden.

Im Ergebnis ist deutlich die Handschrift von zwei verschiedenen Fraktionen mit unterschiedlichen Interessen erkennbar. Einerseits wurden die Gläubigerrechte gestärkt und die Informationspflichten der Stiftung etwas erhöht, andererseits wurden die Stifterrechte etwas aufgewertet.

Jedenfalls dürfte die vorzeitige Abberufung von Mitgliedern des Vorstands (die im Übrigen nur mehr für zwei Jahre bestellt werden müssen) durch ein von Begünstigten dominiertes Aufsichtsorgan (oder Beirat) einfacher möglich sein. Ein wichtiger Grund wird aber auch weiterhin erforderlich sein. Im Ergebnis wird daher eine Stärkung der Stifter und Begünstigten gegenüber dem Vorstand herbeigeführt.

Wie sehr die Rechte der Stifter durch den Entwurf in der Praxis tatsächlich gestärkt werden, würde wohl auch nach Verabschiedung des Entwurfs durch das Höchstgericht zu klären sein, da viele Punkte – insbesondere betreffend das Verhältnis zwischen dem Aufsichtsorgan (Beirat) und dem Vorstand – vom Entwurf nicht aufgegriffen wurden.

  • Autor DDr. Bernd Schneiderbauer ist Rechtsanwalt und Partner bei Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH
  • Autor Dr. Christian Zwick, LL.M. (Duke) ist Rechtsanwalt bei Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH

Link: Binder Grösswang

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