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Business, Recht, Tipps

So funktioniert der neue Privatkonkurs

©ejn

Wien. Die Reform zum Privatkonkurs ist seit 1. November 2017 in Kraft. Der KSV sieht die „zweite Chance zum Schuldenmachen“. Gläubiger dagegen müssen sich noch besser absichern. Die beschlossenen Änderungen, die per November in Kraft getreten sind, bringen Vorteile für Schuldner, wirken aber keinesfalls vertrauensfördernd, so der KSV:

  • Entfall der Mindestquote, die der Schuldner seinen Gläubigern mindestens zu bezahlen hat – bisher waren es 10 Prozent
  • Verkürzung des Abschöpfungsverfahrens von sieben auf fünf Jahre (ursprünglich waren sogar einmal nur drei Jahre geplant)

Gleichzeitig wurde der Zahlungsplan als primäres Entschuldungsinstrument aber erhalten: Der Sozialminister wollte diesen eigentlich abschaffen.

Auch neue Pflichten für Schuldner, die ein Abschöpfungsverfahren anstreben, gibt es jetzt:

  • Sie müssen sich intensiver um Arbeit bemühen, die tatsächlich pfändbare Bezugsteile erbringt als bisher;
  • Vor allem müssen sie ihre Bemühungen laufend dem Gericht nachweisen, so der KSV.

Was in der Praxis passieren wird

Gläubigerschützer erwarten in den nächsten Monaten wesentlich mehr neue Privatkonkurse: Viele Schuldner hätten nur auf das Inkrafttreten der Reform gewartet, heißt es etwa bei der Creditreform.

Seitens der Gläubigerberatungen wird die Reform begrüßt. Um Menschen in laufenden Verfahren nicht zu benachteiligen, hat der Gesetzgeber außerdem Übergangsbestimmungen definiert, erinnern sie: Auch in derzeit schon laufenden Fällen können Betroffene einen Antrag auf Restschuldbefreiung ohne Mindestquote stellen. Das bedeute für viele Familien, dass sie nicht mehr unter dem Existenzminimum und damit weit unter der Armutsgrenze leben müssen. Denn bisher habe die Mindestquote Überschuldete oft dazu gezwungen, Rückzahlungen aus dem Existenzminimum zu leisten ─ das eigentlich für die wirtschaftliche Mindestabsicherung der Familie reserviert war.

Privatkonkurse, die noch länger als fünf Jahre dauern würden, können zudem frühzeitig beendet werden. „Für betroffene Menschen bedeutet das eine große Erleichterung, die schon jetzt in den Schuldenberatungen bemerkbar ist“, so Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen GmbH, Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen. „Neben all den organisatorischen und rechtlichen Veränderungen, die mit dieser erfreulichen Gesetzesänderung einhergehen, spüren wir in der Schuldenberatung eine Veränderung am deutlichsten: Wir können Menschen eine Perspektive anbieten – egal wie hoch die Schulden sind und auch wenn nur ein geringes Einkommen vorliegt.“

Das Vertrauen wird sinken

Die Verwaltung und der Arbeitsaufwand für die Gerichte werde freilich durch die Reform größer werden – ebenso die Risiken für die Gläubiger, so der KSV. Ricardo-José Vybiral, MBA, Vorstand der KSV1870, sieht immerhin Chancen für eine neue Produktentwicklung, die man unter diesem Gesichtspunkt angestellt habe: „In Zukunft tragen Gläubiger das Risiko, annähernd 100 % ihrer Forderungen zu verlieren. Um dies zu verhindern, können sie mit der KSV1870 Big Data Visualisierung Unternehmens- und Personeninformationen in Echtzeit abrufen und nach ihrem Bedarf darstellen. Es handelt sich um eine völlig neue Form der Informationsaufbereitung zur Risikominimierung.“

Im Lichte der aktuellen Entwicklung empfiehlt der KSV1870 jedenfalls allen Unternehmen, die Zahlungsfähigkeit von Privatkunden ganz genau und noch vor Geschäftsabschluss zu prüfen. Die entscheidende Frage sei, ob ein Kunde seine Rechnung voraussichtlich auch bezahlen können wird.

Bei den Gläubigerschützern wird daher noch stärker als bisher auf Bonitätsauskünfte vor Geschäftsabschluss gesetzt. So will beispielsweise der KSV1870 mit seinem „PersonenProfile“ eine Hilfestellung liefern – Bonitätsauskünfte über Konsumenten.

Aufgrund der darin enthaltenen Informationen könne jedes Unternehmen entscheiden, welche Zahlungsmodalität die sicherste ist. Übergeordnetes Ziel sei es, Geschäfte zu ermöglichen und gleichzeitig Ausfallsrisiken – die für die Unternehmen nun größer werden – im Griff zu behalten. Die PersonenProfile sind laut den Angaben über 7,5 Mio. Privatpersonen in Österreich verfügbar.

Datenschützer sehen damit übrigens bereits ein weiteres großes Thema auf die Gläubiger wie ihre Informationsdienste zurollen: Das neue europäische Datenschutzregime (die DSGVO tritt bekanntlich nächstes Jahr in Kraft) nimmt automatische Scoring- und Rankingsysteme verstärkt ins Visier. Je stärker ein Scoringsystem Privatpersonen betreffe, und je automatisierter die Datenverarbeitung, desto gründlicher sei es rechtlich abzusichern, so die IT-Rechtsspezialisten.

Link: KSV

Link: ASB Schuldnerberatungen

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