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Business, Recht, Steuer

Gastbeitrag: Chancen für Quotenfrauen im Aufsichtsrat?

Martina Flitsch ©Jarolim Flitsch

Die Frauenquote in den Aufsichtsräten großer und börsenotierter österreichischer Unternehmen tritt in Kraft: Jarolim Flitsch-Partnerin Martina Flitsch geht in ihrem Gastbeitrag der Frage nach, ob die Neuregelung Chancen für „Quotenfrauen“ im Aufsichtsrat bringt.

Mit 1.1.2018 ist es auch in Österreich soweit. Das Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat – kurz „GFMA-G“ (BGBl 104/2017) – tritt in Kraft. Damit folgt Österreich einer ganz klaren europäischen Entwicklung.

Aber wird sich die Zusammensetzung in den Aufsichtsräten tatsächlich in den kommenden Jahren ändern? Eine genaue Analyse des GFMA-G lässt dies nicht erwarten.

Was ab 2018 gilt

Ab dem kommenden Jahr soll schrittweise ein 30%-Frauenanteil in den Aufsichtsgremien österreichischer Gesellschaften erreicht werden.

  • Dies soll nach dem Willen des Gesetzgebers dadurch geschehen, dass bei Neu- und Wiederwahlen bzw. Entsendungen in den Aufsichtsrat in börsennotierten Unternehmen sowie in Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten solange Frauen der Vorrang gegeben werden muss, bis die Quotenvorgabe erfüllt ist (§ 86 Abs 7 AktG).
  • Wird dagegen verstoßen, so gilt der männliche Kandidat als nicht gewählt. Eine quotenwidrige Wahl oder Entsendung ist also nichtig (§ 86 Abs 8 AktG). Der vorgesehene Platz bleibt rechtlich betrachtet unbesetzt („leerer Stuhl“).
  • Bestehende Aufsichtsratsmandate sind davon übrigens nicht berührt; bereits gewählte bzw. entsendete Aufsichtsratsmitglieder können bis zum Ende der Funktionsperiode ihr Aufsichtsratsmandat behalten. Die Regelungen sind erst für Wahlen und Entsendungen ab dem 1.1.2018 zu beachten (§ 262 Abs 38 AktG).

Dies klingt fürs erste ganz gut, allerdings gibt es auch zwei Öffnungsklauseln im GFMA-G, wodurch wiederum bestimmte Unternehmen von der Quotenregelung ausgenommen sind. Das sind (a) Unternehmen mit weniger als sechs Kapitalvertretern im Aufsichtsrat und (b) Unternehmen mit einem Gesamtfrauenanteil (Anteil der Frauen gemessen an der Zahl aller Beschäftigen eines Unternehmens) von weniger als 20% (§ 86 Abs 7 AktG).

Weiters zu beachten ist, dass eine Gesamtbetrachtung der Aufsichtsratsmitglieder vorzunehmen ist. Die Quote haben Kapital- und Arbeitnehmervertreter gemeinsam zu erfüllen. Kapitalvertreter und Arbeitnehmervertreter können aber einzeln spätestens 6 Wochen vor der Wahl gegen die Gesamterfüllung Widerspruch erheben. Es genügt der Widerspruch von einer Seite, um in ein System der Getrennterfüllung zu gelangen.

Die Kapitalvertreter und die Arbeitnehmervertreter können auch für einen bestimmten Zeitraum einen Verzicht auf das Widerspruchsrecht vereinbaren oder jeweils erklären, einen Widerspruch aufrecht zu erhalten (§ 86 Abs 9 AktG).

Die Konsequenzen

Genauer betrachtet bedeutet dies nun, dass für folgende Unternehmen keine Quotenverpflichtung besteht:

  • Gesellschaften mit weniger als 1000 Mitarbeitern
  • Gesellschaften mit weniger als sechs Kapitalvertretern im Aufsichtsrat
  • Gesellschaften mit weniger als 20 % Gesamtfrauenanteil

Zu beachten ist an dieser Stelle auch, dass sämtliche Bundesunternehmen nicht von dieser Regelung betroffen sind, da es für diese bereits eine eigene Grundlage für die Frauenquote gibt. Mit dem Ministerratsbeschluss vom 15. März 2011 verpflichtete sich die österreichische Bundesregierung, in Unternehmen, an denen der Bund mit 50% und mehr beteiligt ist, bis 2018 einen 35%-Frauenanteil bei den Kapitalvertretern im Aufsichtsrat zu erfüllen.

Viel Lärm um nichts?

Somit fragt man sich, wie viele Unternehmen tatsächlich von der verpflichtenden Quote betroffen sind. Es kursieren zwar die verschiedensten Schätzungen, doch konkret nachvollziehbare Berechnungen stehen noch nicht zur Verfügung.

Bedenkt man auch, dass der Frauenanteil in den Aufsichtsräten bei den 200 umsatzstärksten Unternehmen Österreichs im Jahr 2017 bei 18,1% liegt (laut Sozial- & Wirtschaftsstatistik Aktuell, Juni 2017), so bleibt tatsächlich nicht viel Spielraum für „ehrgeizige Quotenfrauen“, die nun endlich eine Chance sehen, in Spitzenpositionen aufzusteigen.

Bedeutet dies nun viel Lärm um Nichts? Zu umfassenden Diskussionen führt das neue Gesetz allemal. Und eines bringt die Diskussion ja doch: Unternehmen setzen sich mit der Frauenquote auseinander und erkennen auch den Vorteil, den die Diversität in Führungsgremien mit sich bringt.

Selbst wenn sie diese Ansicht vorerst nur aus Marketinggründen vertreten und ihr Unternehmen medial auch in diesem Lichte als fortschrittlich darstellen, so besteht doch auch die Möglichkeit, dass sie am Ende des Tages von der Sinnhaftigkeit einer gesetzlich geregelten Frauenquote überzeugt werden und diese auch als ganz normal empfinden.

Und übrigens: Aus verfassungsrechtlichen (gleichheitsrechtlichen) Gründen gibt es auch eine Quote für Männer im Aufsichtsrat, denn es gibt auch eine verpflichtende Männerquote von 30%.

Gastautorin Mag. Martina Flitsch ist Rechtsanwältin und Partner bei der Jarolim Flitsch Rechtsanwälte GmbH

Link: Jarolim Flitsch Rechtsanwälte

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