Wien. 2017 wurden 6.662 Insolvenzverfahren über natürliche Personen eröffnet, die kein Unternehmen betrieben: 2018 wird ein Anstieg um fast 40% erwartet, so der KSV.
Insgesamt gab es bei den Privatinsolvenzen einen Rückgang von 17% gegenüber 2016, so die Insolvenzstatistik des KSV.
Die gesamten Schulden betrugen 2017 ca. EUR 913 Mio., das sind um 11,4% weniger als 2016. Die durchschnittliche Einzelverschuldung pro Fall kletterte jedoch spürbar von 128.600 Euro im Vorjahr auf nunmehr 137.000 Euro.
Dieser Anstieg ist laut KSV von Schuldnern mit hohen Verbindlichkeiten verursacht, die erst nach Inkrafttreten der neuen Rechtslage ab 1.11.2017 ihre Anträge gestellt haben – das war die im Vorfeld von Gläubigerschützern heftig kritisierte Reform des Privatkonkurses.
Allein im November 2017 wurden dann Insolvenzverfahren mit insgesamt ca. 157 Mio. Euro eröffnet – dagegen lag der Monatsdurchschnitt des Jahres 2016 bei 86 Mio. Euro.
Generell sei auch der Rückgang der Gesamtanzahl der Fälle über das Jahr 2017 dieser „überfallsartig beschlossenen und wenig ausgefeilten Novelle des Privatkonkurses“ geschuldet, die ein Zuwarten vieler Schuldner mit ihren Anträgen nach sich gezogen habe, heißt es.
Die Entwicklung
In allen Bundesländern gab es in unterschiedlichem Umfang einen Rückgang gegenüber 2016. Diese Rückgänge seien einerseits auf die Novelle zurückzuführen sowie andererseits auf die recht lange Frist zwischen ihrer Verlautbarung am 31.7.2017 und dem Inkrafttreten wichtiger Bestimmungen am 1.11.2017.
In manchen Bundesländern bestehe nun Nachholbedarf: Generell könne z.B. OÖ als Vorreiter und z.B. NÖ als Nachzügler bezeichnet werden. Auch der Arbeitsmarkt spielte eine wesentliche Rolle, da Schuldenregulierung bisher laufende – wenn auch oft nur geringe – Zahlungen an die Gläubiger erforderte. Ein Umstand, der durch die Novelle IRÄG 2017 erheblich relativiert worden ist.
KSV1870-Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner meint: „Eine sinnvolle Analyse der Auswirkungen wird erst nach einem Jahr möglich sein. Dann wird sich zeigen, ob die Gruppe jener Menschen, auf welche die Novelle abzielte, tatsächlich den Weg zur Schuldenregulierung suchen wird.“
Es seien dies vollkommen einkommenslose Schuldner und solche mit besonders hohen Schulden: „Letztere hatten schon bisher eine reelle Chance auf Entschuldung nach Billigkeit und sie haben auch regelmäßig Schuldenregulierungsverfahren beantragt. Immerhin stellen ehemalige Unternehmer etwa 30% aller Privatkonkursanten. Ob jedoch einkommenslose Schuldner tatsächlich in großer Zahl den Weg zum Konkursgericht antreten, ist schon deshalb fraglich, weil bei Ihnen ohnehin nichts zu holen ist und sie keine oder nur geringe Leistungsfähigkeit haben“, meint Kantner.
Gläubigern bleibe durch die Verkürzung der Abschöpfung auf nur 5 Jahre und den Fall der Mindestquote nun eine umso vehementere Einforderung der Obliegenheiten der Schuldner.
Seit dem 1. November 2017 eröffnete Verfahren seien aber noch sehr jung und noch nicht im Stadium der Abstimmung, weshalb es auch noch zu keinen Zahlungsplänen mit „Nullquote“ gekommen sei. „Es kann aber schon jetzt mit einiger Gewissheit gesagt werden, dass der Entfall formaler Hürden mit dem Aufbau materieller Hürden kompensiert werden wird“, meint Kantner.
Ausblick auf 2018
- Dem Jahr 2017 fehlen aufgrund der gesetzgeberischen Aktivitäten ca. 1.200 Verfahren, so Kantner: Diese seien im Jahr 2018 als Nachholbedarf zusätzlich zu einem moderaten Anstieg zu erwarten, der der Erleichterung des Verfahrens und Öffnung auch für leistungsschwache Personen geschuldet sei.
- Man erwarte daher neue Privatinsolvenz-Eröffnungen in der Größenordnung von rund 9.300 Fällen, oder einen Zuwachs gegenüber 2017 um ca. 39%.
- Mittelfristig sei dann voraussichtlich ein Einpendeln zwischen 8.500 und 9.500 Verfahren pro Jahr zu erwarten.
Link: KSV