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Business

Wie es mit der Wirtschaft der Türkei weitergeht

Prognose. Die türkische Wirtschaft wächst kräftig, scheint aber auch zunehmend verwundbar, so Kreditversicherer Coface.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan steht durch seinen zunehmend autoritäres Regierungsstil in der EU in der Kritik, doch der Wirtschaft der Türkei scheint das nicht zu schaden: Die türkische Wirtschaft legte in den ersten drei Quartalen 2017 ein deutliches Wachstum hin und übertraf die Erwartungen trotz der Schocks 2016 deutlich, heißt es beim Kreditversicherer Coface.

  • Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wuchs die türkische Wirtschaft konkret in den ersten drei Quartalen 2017 um 7,4 Prozent.
  • Im dritten Quartal war das BIP Wachstum mit 11,1 Prozent sogar das größte aller G20-Staaten.

Zum Wachstum trugen staatliche Maßnahmen, höhere Investitionen, steigende Exporte und die Erholung des privaten Verbrauchs bei.

Staat finanziert Unternehmen

Einer der größten Treiber war der Credit Guarantee Fund (CGF), mit dem die türkische Regierung kleine und mittlere Unternehmen unterstützt. Sein Volumen wuchs auf fast 64 Mrd. Dollar (250 Mrd. Türkische Lira) an. Über den Fonds wirkt der Staat faktisch als Garantiegeber für Kredite.

Auch die Investitionen stiegen in den ersten neun Monaten 2017 deutlich an, gegenüber den 2,7 Prozent von Januar bis September 2016 auf plus 7,9 Prozent. Dazu trugen auch die Bauinvestitionen bei, die im dritten Quartal um 12 Prozent stiegen, und vor allem die plus 15,3 Prozent Investitionen in Maschinen und Ausrüstungen.

Dies ist ein wichtiger Indikator für anziehende Produktion, so eine aktuelle Coface-Studie. Auch der private Konsum legte zu, besonders für langlebige Verbrauchsgüter. Hier wirkten Steuersenkungen, unter anderem für Möbel und weiße Haushaltsware stimulierend.

Export trägt zum Wachstum bei

Auch der Export von Waren und Dienstleistungen, der einen Zuwachs um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zeigte, trug stark zum Wachstum der türkischen Wirtschaft bei. Von den 7,4 Prozent Gesamtwachstum entfielen 1,4 Punkte auf den Handel.

Die exportierenden Unternehmen, sowohl produzierende als auch Dienstleister, profitieren von der guten wirtschaftlichen Verfassung und damit Kauflaune der europäischen Länder.

Wie es jetzt weitergeht

In diesem insgesamt positiven Umfeld dürfte das Wachstum des privaten Konsums auch in der ersten Jahreshälfte 2018 anhalten, so Coface: Die Regierung werde angesichts der bevorstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2019 an ihrer Stützungspolitik für die Wirtschaft festhalten und weitere Maßnahmen beschließen.

Externe Schwankungen dürfen jedoch nicht unterschätzt werden, heißt es gleichzeitig: Trotz der positiven Prognosen bleibe die türkische Wirtschaft anfällig. Besonders das strukturelle Finanzierungsdefizit sei eine große Gefahr.

Das CGF-Programm stimulierte die Banken zu Kreditvergaben, das Kredit-Einlagen-Verhältnis stieg in der zweiten Jahreshälfte 2017 auf 125 Prozent. Damit steigen nicht nur die direkten Bankrisiken, sondern auch die Wechselkursrisiken.

Die Türkei sei damit anfälliger für Währungsschwankungen. Das Problem könnte auch die Investitionsbereitschaft, besonders von ausländischen Geldgebern dämpfen, fürchtet Coface.

Leistungsbilanz als Gefahr

Das Wechselkursproblem ist demnach verbunden mit dem aktuellen Leistungsbilanzdefizit: Das Defizit werde primär über kurzfristige Kapitalzuflüsse konsolidiert. Die Situation könnte sich zuspitzen, wenn die Türkei noch mehr kurzfristiges Kapital aufwenden müsste, um das externe Defizit zu finanzieren.

So würde sich auch die Abhängigkeit von globalen Finanzinvestoren und wiederum das Risiko von Wechselkursschocks erhöhen.

Neben anderen potentiellen Risiken muss die Türkei steigende Zinsen auf Bankkredite fürchten, weil damit die Investitionsdynamik eingebremst würde. Hohe Zinsen gefährden den Cashflow der Unternehmen und die Bereitschaft zu weiteren Investitionen gleichermaßen.

Türkische Lira wertet ab

„Vor diesem ökonomischen Hintergrund und aufgrund der Schwäche der türkischen Lira gegenüber dem US-Dollar und dem Euro wird die Inflation voraussichtlich steigen“, erklärt Michael Tawrowsky, Country Manager Coface Austria.

Die Abwertung der türkischen Lira seit September 2017 dürfte den Inflationsdruck auf Verbraucherpreise und Produktionskosten weiter erhöhen, heißt es: „Steigende Preise und Steuern in Verbindung mit einer schwächeren Landeswährung würden die Kaufkraft schwächen und den privaten Konsum bremsen“, so Tawrowsky.

Link: Coface

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