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Business, M&A, Recht, Steuer, Tech

China kauft weniger in Europa, mehr in Österreich

©ejn

Wien. Das Interesse chinesischer Investoren an Übernahmezielen in Europa ist im letzten Jahr abgeflaut. Österreich ist eine Ausnahme.

Nach dem Rekordjahr 2016 ging die Zahl der Übernahmen 2017 europaweit um 20 Prozent auf 247 zurück und auch der Gesamtwert der Transaktionen sank deutlich: Nachdem chinesische Unternehmen 2016 insgesamt noch 85,8 Milliarden US-Dollar investiert hatten, gaben sie 2017 nur noch 57,6 Milliarden Euro aus – ein Rückgang um ein Drittel.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY, die M&A-Investitionen chinesischer Unternehmen in Europa untersucht.

Chinesische Übernahmen gehen leicht zurück

„Die Zahl der Transaktionen chinesischer Unternehmen in Europa ist im vergangenen Jahr zwar spürbar gesunken, erreichte aber dennoch den zweithöchsten je gemessenen Wert“, stellt Eva-Maria Berchtold, Leiterin Transaction Advisory Services bei EY Österreich, fest. Den Rückgang führt sie auf mehrere Faktoren zurück: „Die chinesischen Aufsichtsbehörden haben strengere Kontrollen für Übernahmen im Ausland eingeführt und Auflagen verabschiedet, um den Kapitalfluss ins Ausland zu kontrollieren. Und auch auf europäischer Seite wurden die regulatorischen Anforderungen erhöht – daran sind einige Deals gescheitert. Zudem schauen sich chinesische Unternehmen Übernahmekandidaten heute viel genauer an.“

Darüber hinaus stehen hinter den meisten größeren Transaktionen des vergangenen Jahres in Hongkong ansässige Finanzinvestoren, die nicht von den strengeren Kapitalkontrollen betroffen sind, die seit Ende November 2016 gelten, ergänzt Yi Sun, Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz bei EY: „Sowohl die Zahl als auch der Wert der vom chinesischen Festland ausgehenden Transaktionen sind im vergangenen Jahr also deutlich gesunken – zudem hat sich im Jahresverlauf die Tendenz verstärkt, dass europäische Verkäufer schon bei der Unterzeichnung des Kaufvertrags eine hohe Summe als Sicherheit verlangen, weil sie Probleme bei der Transferierung des Kaufpreises nach Europa befürchten.“

Trotzdem sei der Übernahmeappetit auf chinesischer Seite nach wie vor hoch, betont Yi Sun: „Das Interesse gerade an europäischen Industrie- und High-Tech-Unternehmen ist ungebrochen. Wo sich interessante Gelegenheiten ergeben, stehen chinesische Investoren nach wie vor bereit. Neben den klassischen Industrieinvestitionen stehen auch Mode/Einzelhandel, Lebensmittel und Pharma zunehmend im Fokus.“

„Wir sehen erste Anzeichen, dass die chinesische Regierung wieder langsam die Tür öffnet, besonders wenn es sich um attraktive Zielunternehmen handelt – etwa im Rahmen des ‚One Belt, One Road‘-Projekts“, ergänzt Yi Sun. Damit ist der Aufbau eines interkontinentalen Infrastruktur-Netzes zwischen China, Europa und einigen Ländern Afrikas gemeint. „Wir werden auch immer mehr chinesische Staatsfonds sehen, die alleine oder zusammen mit den strategischen Investoren des Landes hier in Europa investieren.“

Leichter Anstieg in Österreich

  • Nach wie vor zieht es chinesische Investoren vor allem nach Deutschland: Die Bundesrepublik belegt mit 54 Transaktionen den ersten Platz im Länderranking, gefolgt von Großbritannien (44) und Italien (24).
  • So wie in Deutschland gingen auch in den meisten anderen größeren Märkten die M&A-Aktivitäten chinesischer Firmen zurück: In Großbritannien sank die Zahl der Übernahmen von 47 auf 44, in Italien von 34 auf 23, in Frankreich von 34 auf 22.
  • Ein Anstieg der Aktivitäten wurde neben Russland (von acht auf neun Transaktionen), Schweden (von zwei auf elf) und Polen (von vier auf sechs) auch in Österreich verzeichnet: Chinesische Investoren tätigten hierzulande 2017 fünf Transaktionen – um zwei mehr als im Vorjahr: Für die Übernahme von Tele2 zahlte der Telekommunikationskonzern Hutchison Drei mit Hauptsitz in Hongkong rund 111 Millionen US-Dollar.
  • Bei den vier weiteren Transaktionen durch chinesische Investoren wurde der Wert nicht veröffentlicht: Der Mischkonzern HNA Group wurde Mehrheitseigentümer bei der Wiener Fondsgesellschaft C-Quadrat. Die chinesische Haier Group stieg bei dem Kärntner Solar-Unternehmen GREENoneTEC ein. Der Luftfahrt-Hersteller Diamond Aircraft mit Sitz in Wiener Neustadt wurde von der chinesischen Wanfeng Aviation Industry Corporation übernommen. Die im Eigentum von Ningbo Joyson Electronic stehende PIA Automation Holding übernimmt den Automationsspezialisten M&R Automation aus Grambach bei Graz.

Anstieg gegen den Trend

„Österreich befindet sich nach wie vor nur am Rande des Radars chinesischer Investoren. Daher wirkt sich die abebbende Kauflust hierzulande kaum aus, es gab sogar entgegen dem europäischen Trend mehr Transaktionen als im Vorjahr. Die einzelnen M&A-Aktivitäten chinesischer Investoren verdeutlichen aber, dass diese auch in Österreich gezielt nach Top-Betrieben mit starker Spezialisierung und führenden Technologien Ausschau halten“, so Berchtold.

Im vergangenen Jahr standen vor allem Industrieunternehmen im Fokus der chinesischen Käufer: In Europa kauften diese 2017 79 Industriefirmen – davon 30 in Deutschland. Europaweit gingen zudem häufig Technologieunternehmen (32) und Finanzunternehmen (29) in chinesische Hände über.

Der europaweit größte Deal betraf allerdings ein Logistikunternehmen: der Kauf der Blackstone-Tochter und Logistikplattform Logicor durch den chinesischen Staatsfonds China Investment Corporation für etwa 13,7 Milliarden US-Dollar.

An zweiter Stelle folgt der Einstieg von CEFC China Energy bei der russischen Rosneft für 9,3 Milliarden US-Dollar. Auf dem dritten Rang folgt die Übernahme des deutschen Energiedienstleisters ista durch die Cheung Kong Property Holding für 6,7 Milliarden US-Dollar. Insgesamt waren unter den zehn größten chinesischen Übernahmezielen drei deutsche Unternehmen.

Neben der ista-Transaktion waren das der etappenweise Einstieg des chinesischen Mischkonzerns HNA bei der Deutschen Bank und das Übernahmeangebot der Creat Group für die Biotest AG, das noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die US-Behörden steht und sich auf knapp 1,3 Milliarden US-Dollar beläuft.

Link: EY

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