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Business, Recht

Justiz-Sparkurs: Wird die Cash-Cow geschlachtet?

©Parlamentsdirektion / Johannes Zinner

Wien. Minister Moser hat im Budgetausschuss des Nationalrats Details zum Justiz-Doppelbudget 2018-2019 vorgelegt: Der Streit darum ist heftig.

Der Budgetausschuss diskutierte konkret mit Justizminister Josef Moser den geplanten Einsatz der Mittel für sein Ressort.

Dem Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz sollen laut Budgetentwurf im Jahr 2018 rund 1,58 Mrd. € und im Jahr 2019 rund 1,6 Mrd. € zur Verfügung stehen.

Für Diskussionen sorgte schon im Vorfeld, dass in den Detailbudgets eine Reduktion von Planstellen bei den Gerichten sowie weitere Einsparungen im Justizbudget vorgesehen sind.

  • Moser kündigte dazu jetzt einerseits Maßnahmen zur Finanzierung aus Rücklagen an, etwa im Bereich der Gerichtspraktika.
  • Für das Bundesverwaltungsgericht verwies er auf die Möglichkeit des Einsatzes von Leiharbeitskräften beim Verwaltungspersonal, wenn im Jahr 2019 befristete Stellen für Asylverfahren nicht mehr nachbesetzt werden.

Was soll eigentlich eingespart werden?

Moser zufolge geht es bei den diskutierten Einsparungen von Planstellen nicht um Reduktionen, sondern um Rückführungen und Nicht-Weiterführungen von Nachbesetzungen hinsichtlich Teilzeitkräften und Karenzierungen.

2018 und 2019 sollen jedenfalls keine Stellen von Richtern und Staatsanwälten eingespart werden, so Moser. Durch Nachbesetzungen von Teilzeitlücken und von Karenzierungen sei es zu 42 Planstellen über Stand gekommen, deren Weiterführung eine Aufstockung bedeuten würde.

Für das Bundesverwaltungsgericht verwies er auf die Möglichkeit des Einsatzes von Leiharbeitskräften beim Verwaltungspersonal, wenn im Jahr 2019 befristete Stellen für Asylverfahren nicht mehr nachbesetzt werden.

In gewissen Bereichen sieht Moser aber sehr wohl Mehraufwand, der abzudecken sei. Hier werde noch eine Diskussion über Planstellen zu führen sein. Moser erachtet zum Teil eine Finanzierung aus Rücklagen etwa für Gerichtspraktika, aber auch hinsichtlich der Umsetzung des Erwachsenenschutzgesetzes, sowie für Baumaßnahmen – Stichwort Jugendkompetenzzentrum Gerasdorf – für nötig. Diese seien im Budget nicht enthalten, und würden sich somit 2018 auch massiv reduzieren. Es sei davon auszugehen, dass 2019 Rücklagen nicht mehr vorhanden sein werden, so Moser.

Sparen trotz höchstem Überschuss?

Erkundigt hatten sich nach der Planstellensituation etwa Peter Wittmann und Johannes Jarolim (beide SPÖ). Letzterer setzt Hoffnungen auf ein angekündigtes Gespräch der StandesvertreterInnen mit Vizekanzler Heinz-Christian Strache und dem Justizminister am Donnerstag.

Stephanie Krisper (Neos) und Peter Wittmann sprachen in diesem Zusammenhang die Gerichtsgebühren an. Wittmann warf auf, dass die Rechtsprechung am meisten verdiene, aber zugleich durch Einsparungen unter die Räder komme. Krisper interessierte, welche Maßnahmen zur Senkung der Gebührenlast geplant seien.

Hier sei bei einer etwaigen Senkung der Gebühren jedenfalls die erforderliche Querfinanzierung zu beachten, betonte Moser. Es gebe zwar Überlegungen in Richtung Senkung, aber der Ausfall müsse gedeckt werden. Etwa das Geld aus Kartellbußen, das nunmehr dem allgemeinen Haushalt zufließe, fehle der Justiz.

Moser teilt auch die Einschätzung des Budgetdienstes des Parlaments, der etwa darauf verweist, dass zur „Gebührenbremse“ der Regierung hier konkrete Reformen noch offen seien, berichtet die Parlamentskorrespondenz.

Auch EDV der Justiz am Einsparungspfad

Mit fünf bereits früher angekündigten Planstellen für die Staatsanwaltschaft für Hassdelikte, nach denen sich Petra Bayr (SPÖ) erkundigte, sei derzeit nicht zu rechnen, sagte Moser. Er nehme aber durchaus die neuen Herausforderungen im Internet oder auch beim Thema Cyberkriminalität wahr.

Kritik kam etwa von Johannes Jarolim (SPÖ) und Alfred Noll (Pilz) an Einsparungen im Bereich der EDV. Moser verwies hier auf eine Zusage des Finanzministers für eine zusätzliche Finanzierung von Digitalisierungsprojekten. Man sei hier auf einem außerordentlich hohen Stand, er unternehme hier alles, dass in Weiterentwicklung investiert werde, um einen Rückfall zu vermeiden.

Auch die von Christian Ragger (FPÖ) angesprochene Transparenz, etwa Digitalisierung des Bürgerservice, brauche finanzielle Bedeckung. Ein laufendes Projekt sei etwa die digitale Unternehmensgründung, die Philipp Schrangl (FPÖ) thematisierte.

Steigende Herausforderungen im Strafvollzug

Ein Rekrutierungsproblem haben laut Moser die Justizanstalten, hier konnten zahlreiche Stellen nicht nachbesetzt werden. Im Hinblick auf absehbare Pensionierungen seien nun 100 Ausbildungsstellen zugesichert worden.

Den steigenden Herausforderungen etwa durch zunehmende Gewaltbereitschaft werde durch entsprechende Schulungen, aber auch durch Resozialisierungsmaßnahmen entgegengewirkt. Im Hinblick auf eine Kostenexplosion in der Haftunterbringung, die Markus Tschank und Christian Lausch seitens der FPÖ thematisierten, sei das Ressort stark darauf ausgerichtet, zusätzliche Haftkapazitäten innerhalb der Justiz zu schaffen, aber etwa auch Heeresspitäler heranzuziehen, so Moser.

Es gehe ihm aber auch um die Deckungsrate der Länder, hier sollten Gespräche geführt werden. Außerdem werde eine Gesamtkonzeption benötigt, wie man mit geistig abnormen Rechtsbrechern umgeht, beispielsweise zur Frage, wie es insgesamt mit der psychiatrischen Versorgung aussehe.

Grundsätzliche Maßnahmen, die Häftlingszahlen zu senken, sieht Moser etwa im Bereich Fußfessel mit einer möglichen Ausweitung auf 24 Monate, aber auch in der Unterstützung von Herkunftsländern, um Häftlinge entsprechend abschieben zu können.

Mehr Polizei = mehr Anklagen?

Hinsichtlich eines von Alfred Noll befürchteten Flaschenhalses bei der Justiz durch Aufstockung in der Polizei kann sich aus Sicht von Josef Moser zeitversetzt ab dem Jahr 2020 ein höherer Bedarf ergeben. Im Rahmen der Budgetverhandlungen für 2020 werde darauf Rücksicht zu nehmen sein, so Moser.

Zum Erwachsenenschutzgesetz, nach dem sich Hermann Brückl (FPÖ) und Michaela Steinacker (ÖVP) erkundigten, werden inklusive Rücklagen für 2018 und 2019 die Auslagen gedeckt, erklärte der Justizminister. Dazu werde auch mit den Erwachsenenschutzvereinen verhandelt werden.

Was die Weiterbildung betrifft, ist Moser die von Martina Kaufmann (ÖVP) angesprochene Sensibilisierung zum Thema Antisemitismus wichtig. Zur Unabhängigkeit der Gerichte thematisierte Friedrich Ofenauer (ÖVP) Bestrebungen in Richtung Compliance Management. Moser bestätigte, diese nicht zuletzt aufgrund der Eingliederungen laufend auf neue Beine zu stellen.

Reformen bei der Gesetzesflut

Im Bereich der Reformpakete, die etwa für Alfred Noll ein Thema sind, bekräftigte der Justizminister, bereits sehr weit fortgeschritten zu sein. Hier sei ein Begutachtungsentwurf nahezu fertig. Moser sprach dabei von 5.800 Rechtsvorschriften, von denen rund 2.500 außer Kraft treten könnten.

Zudem laufe ein Projekt der Überprüfung, wo eine etwaige Übererfüllung von EU-Recht – Stichwort Gold Plating, das Johanna Jachs (ÖVP) aufwarf – nicht mehr notwendig sei. Darüber hinaus gebe es hinsichtlich der Kompetenzbereinigung sehr gute Gespräche mit den Ländern, was auch Thema für Michaela Steinacker (ÖVP) war.

Fortschritte zur Bereinigung der Kompetenzen könnten bereits bei der nächsten Landeshauptleutekonferenz erzielt werden, erhofft sich der Minister.

Wichtig ist Moser auch, die Aufgabenreform und Deregulierung in einer Reformpartnerschaft gemeinsam mit den MitarbeiterInnen zu gestalten, verwies er etwa auf eine entsprechende Auftaktveranstaltung mit der Gewerkschaft.

Der Budgetentwurf in Zahlen

  • Die für 2018 geplanten Auszahlungen im Budgetentwurf übersteigen den vorläufigen Erfolg für 2017 (1,51 Mrd. €) deutlich. Laut Vorlage ist dies unter anderem auf die Eingliederung des Verfassungsdiensts, der Datenschutzagenden und des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2017 mit einer Auswirkung von 72,8 Mio. € zurückzuführen.
  • Aufgrund der Eingliederung erhöhte sich demnach auch die Anzahl der Planstellen im Jahr 2017 um 655 auf 12.022. Im Jahr 2018 soll die Zahl um insgesamt 54 Planstellen auf 12.076 weiter steigen. Verringern soll sich der Gesamtstand im Jahr 2019, und zwar um 176 auf 11.900 Planstellen.
  • Im Jahr 2018 sind so zwar beispielsweise 100 zusätzliche Ausbildungsplanstellen im Bereich Justizanstalten und jeweils fünf in der Stabsstelle des Ministeriums und in der Datenschutzbehörde geplant. Bei den Gerichten sollen jedoch 80 Planstellen 2018 und 136 weitere 2019 wegfallen, vorrangig durch Einhaltung des vorgegebenen Einsparungspfades, ist den Erläuterungen der Detailbudgets zu entnehmen.
  • 2019 ist zudem beim Bundesverwaltungsgericht eine Reduktion von 40 Planstellen vorgesehen. Es handelt sich demnach dabei um eine erste Rückführung von Stellen, die aufgrund der Flüchtlingskrise befristet zugewiesen wurden.
  • Darüber hinaus sind in den Bundesfinanzrahmen-Entwürfen 2018 – 2021 und 2019 – 2022 für die Justiz Einsparungen von 475 Stellen gegenüber 2017 geplant, erläutert der Budgetdienst des Parlaments in seiner Analyse.

Einnahmen übersteigen deutlich die Auszahlungen

  • Den Justizbudget-Auszahlungen (2018: 1,58 Mrd.€, 2019: 1,6 Mrd. €) stehen laut Budgetentwurf Einzahlungen von 1,26 Mrd. € im Jahr 2018 und von 1,31 Mrd. € im Jahr 2019 gegenüber.
  • Der Großteil der Einzahlungen kommt aus der Rechtsprechung mit 1,2 Mrd. € im Zeitraum 2018 (2019: 1,25 Mrd. €). Demnach steht für diesen Bereich ein kräftiges Plus im Verhältnis zu seinen Aufwendungen: In die Rechtsprechung fließen im Jahr 2018 mit 966,4 Mio. € (2019: 963,6 Mio. €) deutlich weniger, als eingenommen wird.
  • Für den Strafvollzug sind im Jahr 2018 496,1 Mio. € (2019: 517,9 Mio. €), für Steuerung und Services 112,7 Mio. € (2019: 118,2 Mio. €) an Einzahlungen budgetiert.
  • Im Gesamtergebnis des veranschlagten Justizbudgets verbleibt 2018 ein Abgang von 313 Mio. €, im Jahr 2019 sollen es 287 Mio. € sein.

Laut Budgetdienst des Parlaments finden sich zwar im Regierungsprogramm mehrere Hinweise auf eine Gebührenbremse, in den Budgetunterlagen zur Justiz jedoch noch keine konkreten Maßnahmen dazu.

Link: Parlament

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