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Finanz, Recht, Veranstaltung

Die Erfahrungen der Finanzprofis mit MiFID II

Wien. Mit einiger Verzögerung trat Anfang Jänner die EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II in Kraft. Bevormundung oder Konsumentenschutz – das wurde jetzt bei einem Finanzplaner Forum diskutiert. A propos: Honorarberatung könnte künftig Gebührenberatung heißen. Und Top-Banker warnen vor „Robo-Advisors“.

Die Europäische Finanzmarktrichtlinie MiFID II wurde von den Aufsichtsbehörden in erster Linie als Maßnahme für mehr Transparenz und Anlegerschutz installiert, heißt es bei den Veranstaltern. Nach etwa vier Monaten stelle sich nun die Frage nach ersten Praxiserfahrungen.

Beim 5. Finanzplaner Forum Ende April 2018 verfolgten rund 300 Besucher das von den Initiatoren Otto Lucius und Guido Küsters zusammengestellte Programm. Unter dem Titel „Umsetzung von MiFID II und erste Erfahrungen“ wollte Moderator Lucius von den Diskutanten Klaus Kumpfmüller (Vorstandsmitglied FMA), Peter Bosek (Vorstandsmitglied Erste Bank Group AG), Philipp Bohrn (Geschäftsführer des Fachverbands Finanzdienstleister Wirtschaftskammer Österreich) und Rechtsanwalt Ernst Brandl (Gründungspartner von BTP) wissen, wie sie den Start von MiFID II und die Auswirkungen auf die Branche und die Kunden wahrgenommen haben.

Kumpfmüller hielt außerdem als Vertreter der österreichischen Finanzmarktaufsichtsbehörde ein Impulsreferat zu dem Thema: „Ziel ist es letztlich, das Vertrauen des Konsumenten in die Finanzbranche zu erhöhen“, so Kumpfmüller.

Übertriebene Regulierung oder sinnvoller Schutz?

Daher soll MiFID II vor allem mehr Transparenz und einen erweiterten Anlegerschutz mit sich bringen. Damit verbunden ist nicht zuletzt eine verstärkte Informationspflicht gegenüber dem Kunden. Aber kommen diese Maßnahmen am Ende des Tages auch tatsächlich bei ihm an?

  • „Für jene 0,5 Prozent der Bevölkerung, die die Zeit haben, sich alles durchzulesen und es auch verstehen, verbessert sich etwas“, zeigte sich Bohrn zunächst skeptisch, fügte aber hinzu, dass MiFID II sehr wohl Transparenz bringe.
  • Diesen erfreulichen Effekt sieht auch Bosek. „Allerdings habe ich Sorge vor dem Tummelplatz des Konsumentenschutzes, wo der passende Ansprechpartner fraglich ist“, gab das Vorstandsmitglied der Erste Bank Group AG zu bedenken.
  • Für den auf Kapitalmarkt-, Banken- und Wertpapieraufsichtsrecht spezialisierten Wirtschaftsanwalt Brandl herrscht zu wenig Rechtssicherheit: „Wenn die FMA zu allem das Okay gegeben hat, kann es nicht sein, dass man als Finanzdienstleister dann doch wieder haftet.“
  • Kumpfmüller wünscht sich bereits im Vorfeld einen stärkeren Dialog zwischen allen Beteiligten, sagt aber auch: „Wie ein Richter entscheidet, wird man im Vorfeld Gott sei Dank nie wissen.“

Honorarberatung ist (noch) Zukunftsmusik

Eine weitere Neuerung, die MiFID II mit sich bringt, ist die Honorarberatung, auch unabhängige Beratung genannt. „Ich glaube schon, dass es nach einiger Zeit in Österreich einen Markt dafür geben wird und dass dieses Angebot auch angenommen werden wird“, so Kumpfmüller.

Dem hielt Bosek entgegen: „Es ist leider Fakt, dass es in Österreich unter den Kunden keine Bereitschaft gibt, für Beratung zu zahlen.“ Lucius regte an, den entsprechenden Begriff aus dem Englischen nicht mit Honorar-, sondern mit Gebührenberatung zu übersetzen – dann würde die unabhängige Beratung in der Praxis eher akzeptiert werden.

Was die Entwicklung der Digitalisierung in der Finanzbranche betrifft, warnte Bosek vor „skurrilen Modellen“ von Robo Advice, also technologisch automatisierter Beratung.

Für Bohrn geht es um eine sinnvolle Verknüpfung von Traditionellem und technischen Neuerungen. „Ich glaube nicht, dass wir so schnell ein rein digitales Geschäft bekommen werden. Aber man braucht beides und die Frage ist, wie führe ich das zusammen? Man muss sich auch überlegen, wie man etwa einen Millennial anspricht. Anzurufen braucht man ihn wohl nicht“, gibt Bohrn zu bedenken.

Unterm Strich standen die Wichtigkeit von Transparenz, Konsumentenschutz und das gemeinsame Streben nach einer positiven Marktentwicklung gänzlich außer Streit. „Wichtig ist, dass wir als Branche zusammen mit der FMA etwas Positives für die Kunden bewegen“, so Lucius, der als Vorstandsvorsitzender der österreichischen Financial Planners auch Gastgeber war: Man sieht sich als Plattform für zertifizierte Finanzexperten.

Link: Verband Financial Planners

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