Deutschland. Seit Ende Mai gilt die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) – und schon versuchen „Abmahnanwälte“, davon zu profitieren. Wirtschaftskanzlei Hogan Lovells gibt Tipps.
Erste Unternehmen und sonstige Daten verarbeitende Stellen sind bereits wegen angeblicher Verstöße gegen den Datenschutz abgemahnt worden.
Tim Wybitul, Partner für Datenschutzrecht bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Hogan Lovells in Frankfurt, erläutert, wie sich Unternehmen dagegen wehren können: „Die Datenschutz-Grundverordnung ist zwar schon vor zwei Jahren in Kraft getreten. Aber leider haben vor allem manche kleine und mittelständische Unternehmen die zweijährige Übergangsfrist ungenutzt verstreichen lassen. Das könnte sie nun teuer zu stehen kommen.“
Denn Verstöße gegen den Datenschutz sind jetzt keine Bagatellen mehr. Stattdessen dürfen die zuständigen Datenschutzbeauftragten sehr hohe Bußgelder verhängen, die ähnliche Höhen wie heute schon bei Kartellrechtsverstößen erreichen können, warnt die Kanzlei.
So können Datenschutzbehörden jetzt Bußgelder von bis zu vier Prozent des weltweiten Umsatzes eines Unternehmens verhängen. „Zwar haben deutsche Datenschutzbehörden bereits signalisiert, dass sie sich vorerst zurückhalten werden, ‚Abmahnanwälte‘ und Konkurrenzunternehmen kennen diese Skrupel aber teilweise nicht: Erste für Datenverarbeitungen Verantwortliche wurden bereits wegen angeblicher oder tatsächlicher Datenschutzverstöße abgemahnt beziehungsweise zur Abgabe von Unterlassungserklärungen aufgefordert“, so Wybitul.
Schadenersatz droht auch vor Gericht
Was viele Unternehmer nicht wissen: Ihnen drohen nicht nur Bußgelder von Behörden und Abmahngebühren von Anwälten – sie können jetzt auch von deutschen Gerichten zu Schadensersatz verurteilt werden, wenn sie personenbezogene Daten unrechtmäßig verarbeitet haben. Das betrifft etwa Kundendaten, aber auch personenbezogene Daten von Mitarbeitern. „Es liegt nahe, dass die Abmahnanwälte bei erfolgreichen Abmahnungen im nächsten Schritt versuchen werden, manche betroffenen Unternehmen auch auf Schadensersatz zu verklagen“, meint Wybitul.
Wie können sich Unternehmen also gegen Abmahnungen schützen? Die Tipps der Kanzlei:
- Unternehmen sollten prüfen, ob ihre Webseiten Datenschutzhinweise die den Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung entsprechen.
- Unternehmen müssen einen Datenschutzbeauftragten bestimmen, wenn mindestens zehn Mitarbeiter für das Unternehmen Daten verarbeiten.
- Unternehmen benötigen zudem insbesondere ein Verarbeitungsverzeichnis, Datenschutzinformationen für Mitarbeiter, Kunden und sonstige betroffene Personen, ein belastbares Löschkonzept und Strukturen zur schnellen und effektiven Bearbeitung von Betroffenenrechten.
Dürfen Unternehmen Konkurrenten wegen Verstößen gegen den Datenschutz abmahnen? Wybitul: „Diese Frage wird wohl irgendwann der Europäische Gerichtshof klären müssen. Die Datenschutz-Grundverordnung sieht das für Unternehmen jedenfalls nicht vor, wohl aber für Verbraucher- und Datenschutzverbände. Voraussetzung: Der jeweilige Mitgliedsstaat hat eine entsprechende Regelung erlassen.“ In Deutschland könnte dies das Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) sein.
Viele Juristen sehen Art. 80 Abs. 2 DSGVO als abschließende Regelung, die es Abmahnanwälten verbietet, wegen DSGVO-Verstößen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen im Auftrag von Konkurrenten zu verschicken. Eine ähnliche Frage hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf bereits dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Dort ging es aber noch um das alte Datenschutzrecht, das bis zum 25. Mai 2018 galt.
Andererseits fordert der europarechtliche Effektivitätsgrundsatz, dass EU-Staaten ihr nationales Recht so anwenden, dass dies dem EU-Recht – hier also der DSGVO – zu einer möglichst effektiven Geltung verhilft. Das spräche eher dafür, dass auch Wettbewerber wegen vermuteten oder tatsächlichen Datenschutzverstößen klagen oder abmahnen dürfen, heißt es.
Welche Handlungsweise empfohlen wird
Eine Abmahnung flattert ins Haus: Wie sollen Unternehmen reagieren? Wybitul: „Die Rechtslage ist noch weitgehend ungeklärt. Deshalb sollten Unternehmen eine solche Abmahnung nicht ohne weiteres anerkennen beziehungsweise eine mit der Abmahnung geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben und einfach zahlen – zumal sie damit auch Fehler einräumen, die unter Umständen Schadensersatzansprüche nach sich ziehen könnten. Sie dürfen die Abmahnung aber nicht einfach ignorieren, sondern sollten sie unbedingt von einem Anwalt ihres Vertrauens prüfen lassen. Erst dann sollten Unternehmen entscheiden, wie sie darauf reagieren.“
Oft könne ein Schreiben zweckmäßig sein, in dem man auf die fehlende Abmahnbefugnis des Konkurrenten hinweist. „Im nächsten Schritt müsste der Abmahnanwalt vor Gericht klagen – es würde mich nicht wundern, wenn manche Abmahnanwälte dann einen Rückzieher machen, weil sie das Prozessrisiko kennen und scheuen“, meint Wybitul.
Link: Hogan Lovells
loeffel-abrar.com/newsblog/sind-verstoesse-gegen-die-datenschutz-grundverordnung-wettbewerbswidrig
Laut diesem Kommentar muss die in ihren Rechten verletzte Person klagen, die Angelegenheit ist ja keine wettbewerbsrechtliche!