Steuervermeidung. Eine TPA-Studie versucht die Auswirkungen zu ermitteln, die die geplante „Zinsschranke“ bei Kapitalgesellschaften hat.
Die Maßnahmen der EU gegen Steuervermeidung sehen auch die Einführung einer Zinsschranke vor. Doch laut der Studie des Beratungsunternehmens TPA wäre eine solche Zinsschranke erst ab einem hohen Steuerfreibetrag treffsicher. In wirtschaftlich schlechten Zeiten könne sie sogar massive Nachteile für die Steuerpflichtigen bringen.
Die Richtlinie ist umzusetzen
Österreich muss jedenfalls bis Ende des Jahres 2018 (und Folgejahre) einzelne Teile der EU-Anti-Tax-Avoidance-Directive (ATA-RL – Richtlinie des Rates zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken) in nationales Recht umsetzen.
Artikel 4 dieser Richtlinie fordert die Einführung einer Zinsschranke: Ziel ist, damit jene Unternehmen zu erfassen, die ihre Gewinne gezielt mittels Zinszahlungen ins Ausland verlagern und in Österreich somit künstlich das Steuersubstrat schmälern.
Bis jetzt kennt das österreichische Körperschaftsteuergesetz noch keine generelle Zinsabzugsbeschränkung, es gelten gezielte Abzugsverbote im Konzernverbund um steuerliche Gestaltungen zu vermeiden.
Freiheiten der Richtlinie
Die Mitgliedstaaten haben bei der nationalen Umsetzung bestimmte, von der Richtlinie eingeräumte Spielräume:
- Sie können zB einen Freibetrag von jährlich maximal EUR 3 Mio. vorsehen. Bis zu diesem Betrag verbleiben Zinsen jedenfalls mit steuerlicher Wirkung abzugsfähig.
- Weiters ist ein Zinsvortrag möglich mit dessen Hilfe nicht abzugsfähige Zinsen in spätere Jahre vorgetragen (und zu einem späteren Zeitpunkt verwertet) werden können.
- Außerdem können einzelne Länder unter bestimmten Voraussetzungen die Zinsschranke erst zu einem späteren Zeitpunkt einführen. Da Österreich bereits sehr effektive Instrumente zur Vermeidung von Gewinnverlagerungen iZm Zinszahlungen implementiert hat, soll die Umsetzung der Zinsschranke erst ab dem Jahr 2024 erfolgen, wobei hier noch eine Genehmigung von der Europäischen Kommission notwendig ist.
TPA nahm nun die voraussichtlichen Auswirkungen der Einführung einer Zinsschranke auf österreichische Kapitalgesellschaften – und auch auf Immobilienunternehmen im speziellen – unter die Lupe: Gemeinsam mit Matthias Petutschnig von der Abteilung für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre der Wirtschaftsuniversität Wien analysierte TPA-Spezialist Gerald Kerbl in einer Simulationsstudie, womit die heimische Wirtschaft zu rechnen hat. Dabei wurden einerseits Kapitalgesellschaften und andererseits speziell Immobilienunternehmen erfasst.
Die Studie und die Ergebnisse
Die Analyse umfasste laut den Angaben Bilanzdaten der Jahre 2007 bis 2016 von insgesamt 141.462 Unternehmen. Für die Immobilien-Studie wurden die Bilanzdaten von insgesamt 8.828 Unternehmen erfasst, das entspricht rund 80% der österreichischen Unternehmen des Immobiliensektors.
- Von den betrachteten Unternehmen wären zwischen 1,34 % (bei einem Freibetrag von EUR 3 Mio.) und 10,25 % (ohne Freibetrag) von der Zinsschranke betroffen.
- Wenn man nur die Immobilienbranche heranzieht, so wären es zwischen 9,6% (bei einem Freibetrag von EUR 3 Mio.) und 28,8 % (ohne Freibetrag).
- Die überwiegende Mehrheit aller Unternehmen wäre nur jedes zweite oder dritte Jahr betroffen. Die Zinsschranke sollte daher mit einem Zinsvortrag ausgestattet werden, so die Studienautoren.
- Mit steigendem Freibetrag sinkt die Anzahl der betroffenen Unternehmen stärker als die Höhe der Steuermehreinnahmen für den Bund. Es werden also bei einem höheren Freibetrag mit höherer Wahrscheinlichkeit nur jene Unternehmen erfasst, die Fremdfinanzierungsstrukturen zur Steuervermeidung gezielt etabliert haben.
- Als zunehmend treffsicher um allfällige Gewinnverlagerungen zu vermeiden, erweise sich die Zinsschranke dann, wenn ein Freibetrag von EUR 3 Mio. eingeführt wird. Mit steigendem Freibetrag sinkt die Anzahl der betroffenen Unternehmen stärker als die Höhe der Steuermehreinnahmen für den Bund. Es werden also (nur) jene Unternehmen erfasst, die strukturell Fremdfinanzierungsstrukturen zur Steuervermeidung nutzen.
Die Problembereiche
In wirtschaftlich schlechten Zeiten könne die Zinsschranke besonders nachteilig auf die Steuerpflichtigen wirken. So war die Anzahl der in der Simulation betroffenen Unternehmen in den Jahren 2007 und 2008, dem Höhepunkt der Finanz- und Eurokrise, signifikant höher als in der Folgezeit.
„Unsere Studie zeigt klar: Nur mit einem hohen Freibetrag können tatsächlich jene Unternehmen herausgefiltert werden, die außerordentlich niedrige Steuerzahlungen aufweisen“, so Kerbl: „Nur so trifft die Zinsschranke auch wirklich jene Unternehmen, die überhöhte Zinszahlungen nutzen, um ihre Gewinne ins Ausland zu verlagern.“
„Ein hoher Freibetrag hilft gleichzeitig auch sicherzustellen, dass Unternehmen, die keine Gewinnverlagerungsabsicht haben, nicht von der Zinsschranke in ihrer wirtschaftlichen Aktivität und Gestaltungsfreiheit eingeschränkt werden. Außerdem ermöglicht er, Rechtsbefolgungskosten und Rechtsunsicherheit zu vermindern, ohne wesentliche Steuerausfälle zu riskieren“, so Studienautor Matthias Petutschnig von der WU Wien.
Link: TPA (Studie)