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Bildung & Uni, Recht

Rechtsbereinigung und Reformideen zu Gerichtspraxis

Wien. Die Regierung hat das Zweite Bundesrechtsbereinigungsgesetz vorgelegt. Es legt knapp die Hälfte von 5000 Rechtsvorschriften Österreichs zu den Akten.

Vor knapp 19 Jahren hat der Nationalrat das Erste Bundesrechtsbereinigungsgesetz beschlossen. Damals wurde normiert, dass alle noch geltenden einfachen Gesetze und Verordnungen, die vor dem 1. Jänner 1946 kundgemacht wurden, mit Ende 1999 außer Kraft treten, außer ihre weitere Geltung wird dezidiert im Anhang des Gesetzes angeführt.

  • In diesem Sinn wurden mit der Jahrtausendwende von rund 500 Normen in etwa 200 sofort und weitere 50 zeitlich versetzt aufgehoben.
  • Weitere knapp 170 Rechtsvorschriften hat das Parlament mit dem Deregulierungsgesetz 2006 aus dem Rechtsbestand gestrichen.

Nun will die Regierung mit dem Zweiten Bundesrechtsbereinigungsgesetz den bisher umfangreichsten Schritt zur Entrümpelung der österreichischen Rechtsordnung setzen, berichtet die Parlamentskorrespondenz.

Das Handwerkszeug

Die von der Regierung gewählte Vorgangsweise ähnelt jener von 1999. Demnach sollen mit Ende 2018 all jene Gesetze und Verordnungen außer Kraft treten, die vor dem 1. Jänner 2000 kundgemacht wurden und nicht im Anhang des Gesetzentwurfs aufgelistet sind. Ausgenommen sind lediglich Verfassungsgesetze und Verfassungsbestimmungen in einfachen Gesetzen.

Nahezu die Hälfte der einschlägigen Gesetze und Verordnungen sei mittlerweile veraltet und gegenstandslos, begründet das Reform- und Justizministerium die Initiative. Durch das Ausscheiden überflüssiger Normen aus dem Rechtsbestand werde nicht nur der Zugang zum Recht verbessert und die Rechtssicherheit erhöht, sondern auch eine signifikante Verbesserung der Datenqualität des Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) erreicht.

  • Im Konkreten werden mit dem Zweiten Bundesrechtsbereinigungsgesetz rund 2.450 von insgesamt 5.000 betroffenen Rechtsvorschriften außer Kraft gesetzt, wobei die Bereinigungsquote gemäß den Erläuterungen bei den Verordnungen mit 54% deutlich höher ist als bei den Gesetzen (39%).
  • In absoluten Zahlen sind ca. 600 Gesetze (von rund 1.650) und ca. 1.800 Verordnungen (von 3.350) betroffen.
  • Darunter befinden sich auch mehr als ein Dutzend älterer – vor 1946 kundgemachter – Rechtsvorschriften, die 1999 noch als notwendig erachtet wurden.

Um zu verhindern, dass man versehentlich auch Normen außer Kraft setzt, die weiterhin benötigt werden, habe man ein mehrstufiges Verfahren vorgesehen und ein Höchstmaß an Sorgfalt angewendet, so das Reformministerium. Damit sei es „mit beinahe an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ ausgeschlossen, dass eine unverzichtbare Rechtsvorschrift übersehen wurde.

Außerdem wurde im Gesetz ausdrücklich Vorsorge für den Fall getroffen, dass einzelne Gesetzesverweise künftig möglicherweise ins Leere gehen bzw. aufgehobene gesetzliche Bestimmungen noch für in der Vergangenheit gelegene Sachverhalte benötigt werden.

Von Hofdecret bis Werksgenossenschaft

Im Anhang zu den Erläuterungen werden auch jene rund zweieinhalbtausend Rechtsvorschriften aufgezählt, die als obsolet erachtet werden: die Palette reicht von einzelnen „Hofdecreten“ aus Monarchiezeiten und in der Nachkriegszeit beschlossenen Gesetzen wie das Werksgenossenschaftsgesetz über mittlerweile hinfällig gewordene Budgetüberschreitungsgesetze, Amnestien und vorzeitige Auflösungsbeschlüsse des Nationalrats bis hin zum Ersten Bundesrechtsbereinigungsgesetz.

Geplant ist laut Erläuterungen auch eine Durchforstung der Staatsverträge im Hinblick auf ihre Notwendigkeit. Dieses Rechtsbereinigungsprojekt soll unter Federführung des Außenministeriums in Angriff genommen werden.

Antrag zum Umbau der Gerichtspraxis

Nicht von der Regierung, sondern von der Opposition kommt unterdessen der Vorschlag für eine Umgestaltung der Gerichtspraxis: Die Liste Pilz tritt dafür ein, die Praktikanten aufzuwerten.

RechtspraktikantInnen seien ähnlich wie Zivildiener längst zu SystemerhalterInnen der Justiz geworden. Ein Funktionieren des Gerichtsbetriebs wäre ohne sie nur schwer vorstellbar, schickt Alfred Noll voraus, der im Gerichtsjahr zudem einen integrativen Bestandteil der juristischen Ausbildung sieht.

In einem Entschließungsantrag schlägt er eine Verlängerung der Gerichtspraxis von sieben auf zwölf Monate sowie eine obligatorische Zuteilung der RechtspraktikantInnen auch zu Verwaltungsgerichten vor.

A propos Verwaltungsgerichte: Mit ihnen beschäftigt sich ein weiterer Antrag der Liste Pilz. Sie schlägt darin vor, nach dem Vorbild der Zivilprozessordnung auch für verwaltungsgerichtliche Verfahren einen Vergleich zu ermöglichen.

Das Ergebnis wäre nicht nur eine drastische Senkung der Arbeitsbelastung der Verwaltungsgerichte und damit verbundene Kosteneinsparungen, sondern auch eine erhebliche Verfahrensbeschleunigung, meint Noll: Damit würden auch im Regierungsprogramm formulierte Ziele erreicht. Die neuen gesetzlichen Regelungen sollen auch eine Exekutionsmöglichkeit nach dem Vorbild der Exekutionsordnung inkludieren, heißt es weiter.

Link: Parlament

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