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Business, Recht

Neues Standortgesetz: Umstrittener Automatismus

Wien. Die Regierung plant im neuen Standortgesetz eine Genehmigung von Großprojekten durch Zeitablauf. Damit würde sogar ein Atommülllager grünes Licht bekommen, meinen Kritiker.

Die Tageszeitung Der Standard hat vor kurzem über die Pläne für das neue Standortgesetz berichtet: Demnach sollen Großprojekte wie Flughäfen oder Autobahnen in neun Monaten als genehmigt gelten, wenn die Behörde bis dahin nicht entscheidet. Kritiker fühlten sich natürlich rasch an den Streit um die 3. Piste am Flughafen Wien erinnert.

Dagegen lobt beispielsweise die Wirtschaftskammer Österreich das Vorhaben der Regierung, Umweltverträglichkeitsprüfungen zu beschleunigen und generell für mehr Tempo bei Genehmigungen sorgen zu wollen.

Die Kritiker

Doch die Pläne für das Standortgesetz seien der falsche Weg, kommt heftige Kritik von außerhalb der Regierungsparteien. „Der bisher kolportierte Entwurf des Standortgesetzes ist europarechtswidrig und demokratiepolitisch höchst bedenklich“, meint etwa der Vorarlberger Umwelt-Landesrat Johannes Rauch (Grüne): „Die Bundesregierung will offenbar durchsetzen, dass jedes noch so komplexe Genehmigungsverfahren, auch bei strittigen Großprojekten, nach längstens neun Monaten endet. Das ist absurd.“

Denn damit wäre auch ein Atommülllager oder ein Kraftwerk in der Hainburger Au plötzlich genehmigungsfähig – allein, weil ein Landeshauptmann oder die Bundesregierung das will, meint Rauch: Das komme der vollständigen Demontage des Umweltrechtes in Österreich gleich.

Auch die Grünen, der WWF, Greenpeace und die Dachorganisation Ökobüro sehen den Entwurf kritisch. Ökobüro-Geschäftsführer Thomas Alge: „Die EU-UVP-Richtlinie und die Aarhus Konvention sehen eine effektive Beteiligung der Öffentlichkeit und eine Beteiligung der Parteien an den Verfahren vor. Mit so einem Automatismus ist das nicht mehr gewährleistet und verstößt daher gegen Europarecht.“

Auch verstoße der Vorschlag gegen die österreichische Verfassung, da Nachbarn und Umweltorganisationen ihre rechtlichen Interessen ohne vollständiges Verfahren nicht ausreichend schützen können, meint Alge. Und er zieht einen für Tempo-Befürworter auf den ersten Blick paradoxen Schluss: Die Konsequenz dieses Gesetzesvorschlags seien noch längere Verfahren. „Die UVP-Behörden würden unvollständige UVP-Anträge rasch zurückweisen anstatt zu versuchen, die kompletten Unterlagen zu bekommen“, meint Alge.

Schließlich brauchen die Antragsteller bisher im Schnitt bereits neun Monate nach dem Antrag um vollständige Unterlagen vorlegen zu können. Sollten aufgrund des Automatismus trotzdem Projekte genehmigt werden, würden die Bescheide mit großer Wahrscheinlichkeit aufgrund der europa- und verfassungsrechtlichen Verstöße nach Klagen von Gerichten aufgehoben werden, glaubt Alge. Auch zivilrechtliche Klagen von Nachbarn gegen Projektwerbende seien wahrscheinlich.

Alges Ratschlag: „Nur sehr wenige UVP-Verfahren dauern ab Vollständigkeit der Unterlagen länger als sieben Monate. Wer diese beschleunigen will, muss die Verfahren durch vorgelagerte Strategische Umweltprüfungen entlasten und die UVP-Behörden mit mehr Ressourcen ausstatten anstatt sie zu entmündigen.“

 

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