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Bildung & Uni, Business, Recht

Arbeitszeitpaket 2018 bringt grundlegenden Umbau

Martin Risak ©Peter Reitmayer

12h-Tag / 60h-Woche? Das Arbeitszeitpaket 2018 bedeutet einen grundlegenden Umbau des Arbeitszeitrechts in Österreich, schildert Arbeitsrechtsexperte Univ.-Prof. Martin Risak in seinem Gastbeitrag.

Der am Donnerstag 5.7.2018 am letzten Tag vor der Sommerpause im Nationalrat beschlossene Initiativantrag zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes (AZG) und des Arbeitsruhegesetzes (ARG) führt zu grundlegenden Änderungen des österreichischen Arbeitszeitrechts. Sie werden nunmehr nicht wie ursprünglich geplant mit 1. Jänner 2019, sondern schon am 1. September 2018 in Kraft treten.

Arbeitszeitpaket 2018 – Grundlegender Umbau des Arbeitszeitrechts

Als wichtigste Änderung ist die Ausweitung der Höchstarbeitszeit anzusehen: Bislang galt im Normalfall eine Arbeitszeithöchstgrenze von 10 Stunden pro Tag und 12 Stunden pro Woche, die von zahlreichen Ausnahmen durchbrochen war. Die wichtigste waren die Sonderüberstunden nach § 7 Abs 4 AZG, die mit Zustimmung des Betriebsrates für 24 Wochen im Jahr einen 12-Stunden Tag und eine 60-Stunden-Woche vorsehen konnten.

Diese Ausnahme wird nunmehr zur Regel, und das ohne betriebliche Mitbestimmung: Es gilt nunmehr eine generelle Höchstgrenze von 12 Stunden/Tag und 60 Stunden/Woche. In einem letztlich dann am Donnerstag beschlossenen Abänderungstrag wurde ein ursprünglich nur für „überwiegende persönliche Gründe“ vorgesehenes Ablehnungsrecht für die 11. und 12. Stunde in eines begründungsfreies umgeändert (die sogenannte „Freiwilligkeitsgarantie“). Außerdem wurde ArbeitnehmerInnen das Wahlrecht eingeräumt, ob diese Überstunden in Zeitausgleich oder Geld abgegolten werden sollen.

Die Änderungen bei der Gleitzeit

Für die Gleitzeit wurde die (zuschlagsfreie) Normalarbeitszeit ebenfalls auf 12 Stunden pro Tag erhöht. Damit von dieser Ausweitung gebraucht gemacht werden kann, muss in der Gleitzeit(betriebs)vereinbarung ein Zeitausgleich in ganzen Tagen ermöglicht werden und darf der Zeitausgleich im Zusammenhang mit der wöchentlichen Ruhezeit nicht ausgeschlossen werden.

Durch Betriebsvereinbarung können nunmehr auch viermal pro Jahr Ausnahmen von der Wochenend- oder Feiertagsruhe festgelegt werden. Besteht kein Betriebsrat, kann dies durch Einzelvereinbarung erfolgen, wobei ein begründungsfreies Ablegungsrecht ähnlich der 11. und 12. Überstunde vorgesehen ist. Überdies wurde die Möglichkeit der Übertragung von Zeitguthaben bei der Durchrechnung ebenso erweitert wie die geteilten Dienste in der Gastronomie.

Weiters wurden die Ausnahmen vom AZG und ARG erweitert; es sind nunmehr nicht nur leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen wurden ausgenommen, sondern auch nahe Familienangehörige sowie leitende Angestellte oder sonstige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen maßgebliche selbständige Entscheidungsbefugnis übertragen ist. Dies allerdings nur, wenn deren gesamte Arbeitszeit auf Grund der besonderen Merkmale der Tätigkeit entweder nicht gemessen wird oder selbst festgelegt werden kann.

Zuletzt wurde eine Art „Bestandsgarantie“ für bestehende kollektive Regelungen abgegeben: Bestehende Gleitzeitvereinbarungen bleiben aufrecht. Regelungen in Kollektivverträgen und Betriebsvereinbarungen, die für die ArbeitnehmerInnen günstigere Bestimmungen vorsehen, werden durch die Änderungen des Arbeitszeitpakets „nicht berührt“.

Diese politisch umstrittenen Änderungen treten nunmehr ohne wirkliche Übergangsfrist gleich nach dem Sommer mit 1. September in Kraft und werfen schon jetzt zahlreiche Rechtsfragen auf:

  • Welcher Anpassungsbedarf besteht bei Gleizeitvereinbarungen?
  • Fallen nunmehr erhöhte Überstundenzuschläge in Sonderüberstundenvereinbarungen weg? Was passiert bei deren Kündigung?
  • Wie wird sich das begründungsfreie Ablehnungsrecht und das Abgeltungswahlrecht in der Praxis auswirken?

In den nächsten Monaten wird damit einiges an Beratungsbedarf für betroffene ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen bestehen.

Der Autor

Martin Risak lehrt und forscht als ao. Universitätsprofessor seit 2007 am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien. Als National Expert für Österreich ist er Mitglied des die Europäische Kommission beratenden „European centre of expertise in the field of labour law, employment and labour market policies (ECE)“. Seit 08/2016 ist Prof. Risak auch Vorsitzender des Senats II der Gleichbehandlungskommission.

Hinweis: Prof. Risak trägt am 11. Juli sowie am 20. September 2018 jeweils 90 Minuten im Rahmen eines Lindecampus-Webinars zur „Arbeitszeit Neu“ vor und informiert über die Eckpunkte der neuen Regelungen und den konkreten Anpassungsbedarf.

Link: Lindecampus

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