Digitalisierung. Österreich ist Vorreiter bei der Einführung von intelligenten Stromzählern, so EY. Größtes Problem sei die Sicherheit der Daten.
79 Prozent der Energieversorger sehen Smart Metering als wichtigstes Instrument der digitalen Transformation im Energiesektor an. Im internationalen Vergleich ist die Einführung in Österreich schon weit fortgeschritten: 79 Prozent – und damit um 22 Prozentpunkte mehr als 2017 – der heimischen Energieversorger haben bereits mit dem Rollout begonnen, deutlich mehr als in Deutschland (59%) oder der Schweiz (52%).
Das sind die Ergebnisse der „Stadtwerke-Studie 2018“ des Prüfungs- und Beratungsmultis EY. Dafür wurden 193 Geschäftsführer und Vorstände von Energieversorgungsunternehmen im deutschsprachigen Raum, darunter 19 aus Österreich, befragt.
Datenschützer haben keine Freude
„Mit der Verlängerung der Mindestquoten ist bei den Energieunternehmen der Druck gesunken und die Zuversicht deutlich gestiegen, die Herausforderungen des Smart-Meter-Rollouts zu meistern. 79 Prozent gehen davon aus, die Quote bis 2022 ohne größere Probleme zu erfüllen, 2017 waren nur 56 Prozent so optimistisch. Dieser Optimismus spiegelt sich auch in der Geschwindigkeit der Einführung wider: Österreichs Energieunternehmen sind internationaler Vorreiter bei der Smart-Meter-Einführung“, kommentiert Stefan Uher, Partner und Energy Sector Leader bei EY Österreich.
Als wichtigste Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit Smart Meter sehen heimische Energieversorger insbesondere:
- die Möglichkeit, den Verbrauch zu visualisieren (74%) und
- das Anbieten variabler Tarife (63%).
In Deutschland rangieren diese beiden Geschäftsmodelle hingegen weit hinten, was die unterschiedlichen Strategien der Einführung intelligenter Messgeräte in den beiden Ländern verdeutliche, so Uher: „Die österreichische Strategie bei Smart Meter ist der rasche vollständige Rollout einer vergleichsweise kostengünstigen Technologie, um dem Endkunden mehr Möglichkeiten zur Energieeinsparung und bei der Orientierung im Wettbewerb zu geben.“
In Deutschland gehe es hingegen um den Aufbau einer umfassenden Kommunikationsinfrastruktur in einem Gebäude, um „für die Digitalisierung der Energiewende über das Smart Meter Gateway eine sichere Kommunikation und Steuerung für eine Vielzahl von Anwendungsbereichen zu ermöglichen“, so Uher.
Die Aufgaben
Als größte Herausforderung der Smart-Meter-Einführung sehen heimische Energieversorger ebenso wie im Vorjahr – allerdings deutlich schwächer ausgeprägt – die Auswahl der technischen Lösungen sowie die Anpassung der IT-Systeme (jeweils 32%, 2017: 48% bzw. 43%).
Die Energieversorger in Österreich befinden sich also inmitten der digitalen Transformation – entsprechend nehme die Digitalisierung inzwischen für sie eine so große Bedeutung wie noch nie ein:
- 79 Prozent wollen sich in den kommenden zwei bis drei Jahren stark oder sehr stark mit der Digitalisierung auseinandersetzen – vor einem Jahr waren es erst 52 Prozent.
- Mit Smart Metering – also intelligenten Messstellen – wird von ebenfalls 79 Prozent der Energieversorger ein weiteres eng mit der Digitalisierung verknüpftes Thema als besonders wichtig hervorgehoben.
„Die Digitalisierung ist das zentrale Instrument zur Transformation der Energiewirtschaft in den kommenden Jahren“, so Uher. „Unsere Studie zeigt, dass die österreichischen Energieversorger die Herausforderung angenommen haben und digitale Technologien zur obersten Priorität machen. Mit ihrer Hilfe wollen sie vor allem die Effizienz und Geschwindigkeit ihrer Prozesse steigern.“
Durch die zunehmende Bedeutung der digitalen Technologien hat sich auch die Einstellung der Stadtwerke gewandelt: 47 Prozent – also knapp die Hälfte – sehen die Digitalisierung inzwischen als „große Chance“. Vor einem Jahr waren es noch 14 Prozent. Der Anteil der Energieversorger, die die Digitalisierung als Bedrohung wahrnehmen, sei von 38 auf 11 Prozent gesunken.
Digitale Technologien verändern Energiewirtschaft nachhaltig
Mit Hilfe digitaler Technologien wollen 79 Prozent der Energieversorger bis 2020 die Effizienz und Geschwindigkeit ihrer Geschäftsprozesse deutlich steigern. 74 Prozent möchten sämtliche Zählpunkte in ihrem Netzgebiet mit digitalen Zählern ausgestattet haben.
Bis 2030 könnten die Umwälzungen noch deutlich gravierender ausfallen, mit Auswirkungen, die heute noch gar nicht abzuschätzen sind, heißt es:
- Die Energieversorger schätzen die Wahrscheinlichkeit, dass es in den kommenden zwölf Jahren zu grundlegenden, disruptiven Veränderungen kommen wird, durchschnittlich auf 35 Prozent.
- Eine langsame Evolution dürfte nach ihrer Einschätzung mit einer durchschnittlichen Wahrscheinlichkeit von knapp 25 Prozent eintreten.
- An eine „beschleunigte Evolution“ glauben rund 40 Prozent.
Geld genug ist vorhanden…
Angesichts der guten wirtschaftlichen Lage können die Energieversorger insgesamt auf eine starke Basis als Ausgangslage für die anstehenden Herausforderungen bauen. Die Einschätzung der Geschäftslage hat sich gegenüber dem Vorjahr noch verbessert: 79 Prozent erwarten gute oder sehr gute Geschäfte, 2017 waren es 48 Prozent.
Kein einziges Unternehmen stellt sich auf schlechte Geschäfte ein, 2017 war es noch jedes zehnte.
IT-Sicherheit größtes Hemmnis für Digitalisierung
Die Voraussetzungen für den digitalen Wandel der Energiewirtschaft in Österreich sind sehr positiv, heißt es: Allerdings stoßen die Energieversorger auf Herausforderungen, die sie bei ihren Vorhaben bremsen.
- An erster Stelle nennen sie IT-Sicherheitsvorgaben, die für 58 Prozent ein Hemmnis darstellen.
- Jeweils 53 Prozent sehen die personellen Ressourcen beziehungsweise
- den Datenschutz als Problem.
Von Datenschützern wurde die Einführung von Smart Metern in der Vergangenheit übrigens nicht selten kritisiert; man sieht etwa Probleme beim Grundsatz der Datensparsamkeit, der der DSGVO zugrundeliegt.
Das Problem
„Mit dem digitalen Wandel und insbesondere der Einführung von intelligenten Stromzählern steigt die Datenmenge enorm an. Die Vernetzung bringt viele Vorteile, macht Energieversorger aber auch angreifbarer. Demensprechend sehen sie auch die IT-Sicherheit bzw. den Datenschutz als ihre zentralen Herausforderungen“, so Uher.
Das Thema IT-Sicherheit rangiere ganz oben auf der Agenda der heimischen Energieversorger – vor allem auch deshalb, weil sie sich der Gefahren bewusst sind: 68 Prozent schätzen die Gefahr von Ausfällen in der Stromversorgung durch Hackerangriffe als hoch oder sehr hoch ein.
Uher führt dies unter anderem auch auf die inzwischen erfolgten IT-Sicherheitsmaßnahmen zurück: „Die technische Sicherheit erscheint gut beherrschbar. Inzwischen haben 37 Prozent der Unternehmen ein Informationssicherheitssystem installiert. Neun von zehn heimischen Energieversorgern haben zudem einen IT-Sicherheitsbeauftragten benannt. Das zeigt, dass die Sicherheit ernst genommen wird.“
Entscheidend sei jetzt, dass die Energieversorger auch das nötige, qualifizierte Personal bekommen: „Mitarbeiter mit digitalen Kenntnissen und Fähigkeiten sind inzwischen in allen Branchen heiß begehrt.“
Gerade die kleineren Energieversorger werden es im Wettbewerb um Fachkräfte schwer haben, heißt es. Sie müssen unter Umständen schon früh anfangen, Kooperationen aufzubauen, um fehlendes internes Know-how von außen dazu zu holen.
Link: EY