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Finanz, Recht, Tipps

Immo-Anleihen: Bis 12% Zinsen, Kapital oft gering, so FMA

Helmut Ettl, Klaus Kumpfmüller ©FMA / Steinbach

Immo-Investments. Die FMA hat den 6,5 Milliarden Euro großen Markt für Immobilienanleihen untersucht und rät Anlegern, mit Vorsicht auszuwählen: Ihre Studie formuliert die Probleme drastisch.

Im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld sehen viele Kleinanleger in Immobilien eine attraktive Anlagealternative, etwa zu Sparbüchern und anderen Kapitalmarktprodukten, so die Österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA). Doch angesichts des aktuell hohen Preisniveaus sind Schnäppchen rar.

In einer aktuellen Marktanalyse hat die FMA nun den Markt für Immobilienanleihen unter die Lupe genommen. Viele dieser Anleihen können auch von Kleinanlegern gezeichnet werden. Für viele Anleger suggerieren Immobilienanleihen schon von der Bezeichnung her eine besondere Sicherheit.

Doch die sei nicht immer gegeben, warnt die FMA – im Gegenteil. Man rate Anlegern, sich angemessen über die möglichen Risiken zu informieren. Anleger müssten sich im Klaren darüber sein, dass sie mit einer Immobilienanleihe am Risiko eines Unternehmens beteiligt sind, nicht an dem einer Immobilie.

Diese Tatsache ist nicht bloß von akademischer Bedeutung: Zwar gibt es sehr große und finanzstarke Unternehmen, die sich mit Immobilienanleihen frisches Geld holen. In den Köpfen vieler Anleger ist aber auch die Pleite der Wienwert-Gruppe vor wenigen Monaten noch präsent. Diese hat laut der Anwaltskanzlei Wallner Jorthan, die Anleger vertritt, rund 20 Anleihen begeben.

Harte Zahlen zum Markt

Laut der FMA Marktanalyse waren zum Analysezeitpunkt im April 2018 am österreichischen Kapitalmarkt 189 sogenannte Immobilienanleihen von 82 Emittenten mit einem gesamten geplanten Emissionsvolumen von 6.496,5 Mio. Euro – also knapp 6,5 Milliarden Euro – ausständig.

Der Begriff Immobilienanleihe hat keine rechtliche Bedeutung. Er wird üblicherweise für Anleihen verwendet, die von Unternehmen emittiert werden, welche in den Bau, Erwerb, die Entwicklung oder die Verwaltung von Immobilien investieren, so die FMA. Doch rechtlich seien die Emittenten gar nicht verpflichtet, das durch die Anleihen eingenommene Geld überhaupt in Immobilienprojekte zu investieren.

Jedenfalls garantiere die Bezeichnung „Immobilienanleihe“ keinesfalls, dass eine Anleihe unmittelbar durch den Wert von Immobilien oder sonstiger Garantien besichert ist, warnt die FMA – im Gegenteil: Der Großteil der für Kleinanleger zugänglichen Anleihen sei unbesichert.

Unternehmen, welche Immobilienanleihen ausgeben, unterstehen in der Regel auch nicht der Aufsicht durch die FMA. Die FMA verfüge somit auch nicht über spezifische und vollständige Datenmeldungen, heißt es als Disclaimer am Anfang ihrer Marktstudie. Für die Studie seien daher teilweise auch öffentliche Daten bzw. Daten anderer Institutionen verwendet worden.

„Immobilienanleihen in der Regel ohne Besicherung“

Die Unternehmen, welche Immobilienanleihen herausgeben, sind sowohl in ihrer Größe als auch nach ihrem Geschäftsmodelle sehr unterschiedlich, so die FMA:

  • Die Laufzeiten der Anleihen liegen mehrheitlich zwischen 3 und 10 Jahren. Manche Unternehmen bieten dabei Zinszahlungen bis zu 12% pro Jahr an. Dieser Wert liege weit über den marktüblichen Durchschnittsrenditen für Unternehmensanleihen. Hier gelte: Ein höherer Ertrag ist immer auch mit einem höheren Rsiko verbunden, erinnert die FMA an eine alte Regel der Finanzbranche.
  • Manche Unternehmen geben relativ viele Anleihen aus und können damit in Summe relativ hohe Schulden aufnehmen. Dies könne ein Indiz für eine schwierige finanzielle Lage des Unternehmens sein.
  • Angemerkt wird, dass die FMA in der Regel keine Solvenzaufsicht über Unternehmen, welche Immobilienanleihen ausgeben, ausübt. Für Anleihen, die auch für Kleinanleger bestimmt sind, müssen Emittenten ab einem Emissionsvolumen von € 2 Millionen zwar einen Wertpapierprospekt vorlegen, der alle Informationen zu den Risiken der Anleihe enthalten muss. Doch die FMA prüfe solche Wertpapierprospekte lediglich auf ihre Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Verständlichkeit. Emittenten von Immobilienanleihen unterliegen in der Regel aber keiner Solvenzaufsicht durch die FMA. Es wird also nicht laufend überprüft, ob das Unternehmen noch solvent („flüssig“) ist.
  • Was die Sicherheiten betrifft, so habe die FMA-Analyse ergeben, dass die Mehrheit der Immobilienanleihen keinerlei Besicherung oder Kapitalgarantie aufweist. Ebenfalls wurde festgestellt, dass Unternehmen, welche hohe Zinszahlungen anbieten, vermehrt über sehr geringes Eigenkapital verfügen.
  • Oft werden überhaupt nur sehr wenige Informationen zur finanziellen Lage des Unternehmens zur Verfügung gestellt, so die FMA. Dem Anleihenkäufer werde es dadurch sehr schwer gemacht, sich ein ausreichendes Bild zur Lage des Unternehmens zu machen.
  • Nur knapp 33% der angebotenen Immobilienanleihen verfügten aufgrund rechtlicher Verpflichtungen über einen Wertpapierprospekt und erleichterten es dem Anleger somit, sich über die mit der Anleihe verbundenen Risiken, Rechte und über die Vermögens- und Ertragslage bzw. Zukunftsaussichten des Unternehmens zu informieren.

Was die FMA empfiehlt

Gerät der Emittent in wirtschaftliche Schwierigkeiten, könne dies somit auch bei sogenannten Immobilienanleihen zu Verlust oder Ausfall der Investition führen. Anlegern empfiehlt die Aufsicht daher, genau auf die Details einer Immobilienanleihe und auch ihres Emittenten zu achten.

So hat die Bezeichnung „Immobilienanleihe“ wie erwähnt keine rechtliche Bedeutung. Ein Blick auf den Unternehmensgegenstand und den Zweck der Anleihe (wird überhaupt in eine konkrete Immobilie investiert) ist also anzuraten.

Ein Unternehmen nimmt mit einer Anleihe zu festgelegten Bedingungen Geld von Anlegern auf und zahlt dafür im Normalfall Zinsen. Die Höhe der Zinsen richte sich primär nach der Bonität des Unternehmens, das die Anleihe ausgibt und sollte dem Risiko, das mit der Anleihe einhergeht, entsprechen.

Gibt es eine Eintragung im Grundbuch?

Durch den Kauf einer Immobilienanleihe sind Anleihegläubiger weder direkt an einer Immobilie beteiligt, noch stehen diese als Eigentümer im Grundbuch, noch erlangen sie ein grundbücherliches Pfandrecht – außer die Besicherung und/oder eine zweckdienliche Verwendung sind ausdrücklich in einem Vertrag geregelt, so die FMA. Anleger sollten also genau darauf achten, ob es eine solche vertragliche Regelung gibt.

Der Käufer einer Immobilienanleihe trägt möglicherweise sämtliche Risiken des Unternehmens mit. So ist der Kauf einer Immobilie nicht automatisch gewinnbringend. Durch die anhaltend niedrigen Zinsen bestehte das Risiko, dass einige Immobilien überbewertet sind und Unternehmen zunehmend Schwierigkeiten haben, passende Objekte zu finden. Dies führe dazu, dass Unternehmen immer häufiger in risikoreichere Objekte oder in Immobilien, die sich erst im Bau, oder sogar erst in der Planung befinden, investieren. Der Erfolg vieler Immobilienprojekte entscheide sich meist erst nach mehreren Jahren.

Zu den Risiken des Unternehmens zählen z.B. auch sämtliche Risiken eines überteuerten Kaufes oder der Planung, des Baus und der Fertigstellung einer Immobilie. Je nach Geschäftsmodel bleiben auch nach Fertigstellung Risiken wie Mietausfälle und Fehlinvestitionen für das Unternehmen erhalten.

Dazu könne das Refinanzierungsrisiko kommen: Vielfach haben Immobilienanleihen trotz relativ kurzer Laufzeiten hohe Renditen. Dies habe sich als besonders risikoreich erwiesen, weil oft die Rückzahlung der Anleihe wieder durch eine neue Emission einer Anleihe refinanziert werden muss und es im Zuge dessen zu einem Zahlungsausfall kommen kann.

Weiters zu beachten sei, dass manche Anleihen vom Unternehmen vorzeitig gekündigt werden können. Dadurch können sich erwartete Laufzeit und Rendite verändern. Die Anleihe selbst kann nach dem Kauf an Attraktivität verlieren und unterliegt Wertschwankungen: Durch Veränderungen der Marktzinsen kann die Anleihe an Wert einbüßen. Bei steigenden Marktzinsen fällt der Marktwert entsprechend niedriger verzinster Anleihen. Der Marktwert falle aber auch bei einer Verschlechterung der Bonität des Emittenten.

Weiters bestehe das Risiko von Wechselkursschwankungen, sofern die Anleihe nicht in Euro zurückgezahlt wird. Sinkt die Währung der Anleihe gegenüber dem Euro, so müsse der Anleger Währungsverluste hinnehmen.

Bei weniger aktiv gehandelten Anleihen auf kleinen Märkten bestehe auch die Gefahr, dass die Handelbarkeit eingeschränkt ist. Der Anleihekäufer kann die Anleihe möglicherweise nicht jederzeit und schnell wieder verkaufen, ohne große Kursabschläge hinnehmen zu müssen.

Die FMA-Vorstände Helmut Ettl und Klaus Kumpfmüller empfehlen jedenfalls einen genauen Blick auf die Konditionen der jeweiligen Anleihe. Informationen zu den Risiken und zum Unternehmen selbst müssen redlich und eindeutig sein: Desto leichter zugänglich – insbesondere auch durch die regelmäßige Veröffentlichung einer Bilanz oder eines Jahresberichts – und überprüfbar die Informationen sind, desto besser.

Link: FMA („Themenfokus Immobilienanleihen“)

 

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