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Recht

Reise in den Terror als neuer Straftatbestand

Wien. Mit „Reisen für terroristische Zwecke“ gibt es nun einen neuen Straftatbestand: Wohlüberlegt oder doppelt gemoppelt?

Der Tatbestand „Reisen für terroristische Zwecke“ findet als neuer § 278g Eingang in das Strafgesetzbuch (StGB). Diese Ergänzung im Strafrecht beschloss jetzt die Regierungsmehrheit im Nationalrat nach heftiger Debatte.

Neben der Einführung des neuen Straftatbestands weitet die Novelle die inländische Gerichtsbarkeit bei Terrordelikten aus und sieht ferner für Opfer terroristischer Straftaten die Möglichkeit der Prozessbegleitung vor, berichtet die Parlamentskorrespondenz.

Wenn Terror auf die Reise geht

Justizminister Josef Moser unterstrich, Österreich nehme mit diesem Strafrechtsänderungsgesetz eine Vorreiterrolle ein. Immerhin setze man mit den neuen Bestimmungen sowohl die EU-Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung als auch die UN-Konvention gegen Terrorismusfinanzierung um und weite in diesem Zusammenhang die inländische Gerichtsbarkeit aus.

ÖVP und FPÖ lobten gleichermaßen die Strafrechtsänderung als bedeutenden Schritt im Kampf gegen Terrorismus, der Staat und Gesellschaft bedrohe.

Wenn Sicherheitspolitik „Golden Plating“ betreibt

Die Oppositionsparteien SPÖ, Neos und Liste Pilz rügten die Novelle dagegen als Aktionismus der Regierung, da in ihren Augen bereits bestehende Strafrechtsparagrafen den Tatbestand abdecken. Liste Pilz-Abgeordneter Alfred Noll sprach gar von einem „Golden Plating“, mit dem EU-Regelungen übererfüllt würden (erklärtermaßen nicht das Ziel der Regierung – und vom Justizminister auch prompt zurückgewiesen, Anm. d. Red.).

Selbst forderte Noll wiederum, die parteipolitisch motivierte Postenbesetzung als neuen Straftatbestand in das StGB aufzunehmen, stieß mit seiner Initiative aber bei der Plenumsmehrheit auf Widerstand.

Den Debattenteil zur Strafrechtsreform nutzte der ehemalige Neos-Parteichef Matthias Strolz für seine Abschiedsrede vom Parlament. Er machte dabei deutlich, wie wichtig das gemeinsame Arbeiten am Erhalt der Demokratie ist und empfahl der Politik, gesellschaftlichen Herausforderungen mehr Augenmerk zu schenken. Nachfolgerin von Strolz ist Beate Meinl-Reisinger sowohl im Neos-Parlamentsklub wie als Parteivorsitzende.

Justizminister Moser will Österreich sicherer machen

Das Strafrechtsänderungsgesetz zeige den Antrieb seines Hauses, so Justizminister Josef Moser, Österreich sicherer zu machen. Deswegen werde nun die EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Terrorismus umgesetzt und gleichzeitig der Opferschutz gestärkt, indem Opfer terroristischer Straftaten künftig Anspruch auf Prozessbegleitung haben.

Eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird im Strafrechtsänderungsgesetz nun also Personen angedroht, die in ein anderes Land reisen, um eine terroristische Straftat zu begehen. Die Strafhöhe wird auf das jeweilige Gesetz für die beabsichtigte Tat abgestellt.

Mit diesem neuen § 278g StGB verschärfe die Regierung den Kampf gegen Terrorismus im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH), wie Moser ausführte. So habe der OGH festgestellt, dass bereits die Ankündigung einer Reise zu Terrorzwecken durch einen Einzeltäter als Straftat zu werten sei.

Mit der in der Novelle festgeschriebenen Ausweitung der inländischen Gerichtsbarkeit für in Österreich ansässigen TäterInnen, die im Ausland strafbar geworden sind, werde Österreich zu einem Vorreiter in einer immer globalisierteren Welt, hob Moser hervor, hier gehe es auch um Fragen der Rechtssicherheit.

Entschieden wies er den Vorwurf des „Golden Plating“ bei der legistischen Umsetzung der EU-Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung zurück, und nannte konkret die Strafverschärfung bei Tourismusfinanzierung, mit der Österreich der UN-Konvention gegen Terrorismusfinanzierung Folge leiste.

Dankend sprach sich Moser übrigens für die Rückmeldungen im Begutachtungsverfahren zum Ministerialentwurf aus, wodurch die Ausnahmeregelung für MenschenrechtsaktivistInnen, sogenannte Freedom Fighters, in der StGB-Novelle bestehen bleibt. Fast herausgefallen wäre diese Passage im Rahmen der EU-Verhandlungen, weil nur Österreich für die Beibehaltung eingetreten sei, erklärte der Justizminister.

Organisationen wie die Caritas oder Amnesty International wären ansonsten bei ihrer Arbeit an demokratischen Strukturen in fragilen Staaten Vorwürfen der Terrorismusfinanzierung schutzlos ausgesetzt, mahnte auch die Opposition.

Wenn die Staatsanwälte ins Schwitzen kommen

„Kein Mensch wird etwas dagegen haben, dass Terrorismus bekämpft wird“, sagte Irmgard Griss (Neos), mahnte im gleichen Atemzug aber ein, dies mit „Maß und Ziel“ zu tun.

An der Ausdehnung der inländischen Gerichtsbarkeit kritisierte sie, dass dadurch Straftaten, für die jemand im Heimatland nicht belangt werde, in Österreich sehr wohl strafbar würden. Das führe nicht zuletzt zu einer unnötigen Überlastung der Staatsanwaltschaft.

Link: Parlament

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