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Business, Recht, Tipps

Wettbewerb: Welche Praktiken laut BWB unfair sind

©BWB

Wien. Die BWB hat ihren Fairnesskatalog präsentiert. Er soll unfaire Geschäftspraktiken bekämpfen, nach dem Motto: Was ist unschön – und was geht gar nicht.

Das Ziel ist „unternehmerisches Wohlverhalten“, wie es die Bundeswettbewerbsbehörde BWB in ihrem Fairnesskatalog selbst formuliert.

Verbindlich ist der Fairnesskatalog zwar nicht unbedingt, heißt es gleich zu Anfang: „Dieser Leitfaden dient der Information der Marktteilnehmer sowie der Prävention von Verstößen gegen unternehmerisches Wohlverhalten und stellt die aktuelle Rechtsansicht der BWB dar. Er kann die österreichischen Gerichte, Behörden und die europäischen Institutionen nicht binden.“

Hilfe durch eine mächtige Behörde?

Doch werden Abweichungen gegenüber den mit weitreichenden Prüf- und Durchsuchungsrechten ausgestatteten BWB-Mitarbeitern wohl gut zu begründen sein müssen. Aber Achtung: Die BWB will ihren Katalog gar nicht als strengen Gesetzestext verstanden wissen, sondern mehr als eine Art Symptom-Sammlung: Die Absicht ist es, gerade kleineren Unternehmen beim Umgang mit Multis wie z.b. marktbeherrschenden Handelskonzernen den Rücken zu stärken. Sie sollen sich darin wiederfinden und sie betreffende unfaire Praktiken anprangern können.

Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte die selbst dem Digitalisierungs- und Wirtschaftsministerium unterstehende BWB nun den neuen Fairnesskatalog für Unternehmen vor, und zwar zusammen mit dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT), zuständig für Bauern, Touristiker und Umwelt.

Der Erstellung der finalen Fassung ging übrigens ein Entwurf voraus, bei dem die Möglichkeit bestand, Stellungnahmen an die BWB zu übermitteln. Diese seien in der Endfassung des Fairnesskatalogs berücksichtigt worden, zudem habe man zahlreiche Gespräche mit Stakeholdern geführt.

Was ist unfair?

Die BWB erhält regelmäßig Beschwerden wegen unfairen Geschäftspraktiken, so die Behörde: Dabei komme es vor allem zur Benachteiligung von marktschwachen Vertragspartnern, was zu Wettbewerbsverzerrungen führen könne.

Eine solche Situation kann die positive Marktentwicklung schwächen. Probleme aus der Praxis seien hier etwa, dass Lieferanten häufig auf die Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung angewiesen sind.

Weiters kann ein sogenanntes wirtschaftliches Machtgefälle auch dazu genutzt werden um unsachliche Geschäftsbedingungen durchzusetzen. Eine solches Ausnützen von stärkerer Marktmacht könne sich negativ auf die Märkte auswirken.

Inhalt des Fairnesskatalogs

Im Fairnesskatalog finden sich demnach zahlreiche Kategorien unfairer Geschäftspraktiken und Beispiele aus der Praxis, wobei es oft auf die Umstände ankommt. Eingegangen wird etwa auf:

  • Boykott/Aufforderung zur Geschäftsverweigerung
  • Diskriminierung
  • Absatzbehinderung
  • Preiskampf bzw. Preisschleudern
  • Gewähren von Rabatten und Treueboni
  • Ausnützen der Machtstellung, u.v.m.

Weiters werden Auslegungsgrundsätze und eine Auflistung jedenfalls unfairer Geschäftspraktiken dargelegt. Letztere sind – unabhängig von ihrer Beurteilung durch das Gericht im Einzelfall – jedenfalls wohlverhaltenswidrig, so die BWB. Ein Auszug:

  • die Weigerung, Verträge über die wechselseitig zu erbringenden Leistungen sowie Vertragsbestandteile oder die Abänderung von Verträgen schriftlich abzuschließen
  • die einseitige rückwirkende Änderung vertraglicher Verpflichtungen (Entgelt, Fristen, etc.)
  • Fordern von Zahlungen ohne entsprechende Gegenleistung (z.B. ein „Jahresbonus“, weil die Verkaufszahlen nicht gut genug sein sollen)
  • überzogene Anforderungen und Kosten, z.b. bei technischen Standards

Abgerundet werde der Fairnesskatalog durch die Übersicht über bestehendes Recht mit Praxisbeispielen zu:

  • Kartellgesetz (Kartelle, Marktmachtmissbrauch)
  • Nahversorgungsgesetz (Generalklausel, Diskriminierung)
  • UWG (unlautere und aggressive Geschäftspraktiken)
  • ABGB (Rechts- und Sittenwidrigkeit, überraschende Vertragsklauseln, AGB)
  • Unternehmensgesetzbuch

Die Ziele des Fairnesskatalogs

Die Intention der BWB bei der Erstellung des Fairnesskatalogs war eine positive Marktentwicklung herbeizuführen und die Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) zu unterstützen, heißt es.

Dabei soll vor allem die Schaffung eines Bewusstseins für faires Verhalten helfen. Der Fairnesskatalog soll eine umfassende Anleitung zur Vorgehensweise bieten, wenn man von unfairen Geschäftspraktiken betroffen ist. Auch soll dieser als Unterstützung für Compliance Programme in Unternehmen dienen.

„Ich freue mich, den Unternehmerinnen und Unternehmern mit dem Fairnesskatalog der BWB, ein nützliches Instrument in die Hand zu geben, um mögliche Missstände zu beseitigen bzw diese zukünftig erst gar nicht entstehen zu lassen“, wird BWB-Chef Theodor Thanner zitiert.

“Unter österreichischem EU-Ratsvorsitz arbeiten wir intensiv an einer europaweiten Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken. Der heute vorgestellte Fairnesskatalog ist ein großer Erfolg – damit sind wir Vorbild in Europa und optimal auf die Umsetzung der geplanten EU-Richtlinie vorbereitet“, so Landwirtschaftsministerin (Nachhaltigkeitsministerin, Anm. d. Red.) Elisabeth Köstinger.

Link: Fairnesskatalog der BWB

 

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