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Bildung & Uni, Recht

Tagung: Was bedeutet Gleichheit in Europa?

Salzburg. Aus Anlass der Einführung des Frauenwahlrechtes vor 100 Jahren veranstalten die Unis Salzburg und Wien die Tagung „Gleichheit in Europa“.

Morgen und übermorgen, also am 10. und 11. Jänner 2019, veranstaltet das Salzburg Centre of European Union Studies (SCEUS) der Universität Salzburg in Kooperation mit der Universität Wien und die European Community Studies Association (ECSA) Austria die Tagung „Gleichheit in Europa“.

Das Frauenwahlrecht in Österreich und in weiten Teilen Europas war auch entscheidend für die Durchsetzung staatsbürgerlicher Gleichheit von Bürgerinnen und Bürgern in Europa, erinnern die Unis.

Bei der Konferenz sollen weitere grundsätzliche und aktuelle Aspekte von Gleichheit diskutiert werden, darunter die Gleichstellung homosexueller Beziehungen mit heterosexuellen Formen der Partnerschaft, Diskriminierung aufgrund von Rasse, ethnischer Herkunft, Alter oder Religion.

Auch die häufig umstrittenen Maßnahmen zur Förderung faktischer Gleichheit, wie etwa die Bevorzugung von Frauen bei gleicher Qualifikation in Besetzungsverfahren oder – hier wird man tagesaktuell-politisch – die kürzlich von der österreichischen Bundesregierung beschlossene Indexierung der Familienbeihilfe werden bei der Tagung diskutiert.

Der Grazer Universitätsprofessor Karl Stöger ortet auch 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts  keine faktische Gleichheit zwischen den Geschlechtern in Europa.  Österreich liege dabei nur im europäischen Mittelfeld, gerade der gender pay gap sei hierzulande immer noch sehr groß.

Das Hauptproblem bei der Verwirklichung von Gleichheit zwischen den Geschlechtern im Europa von heute sei jedoch weniger der Rechtsrahmen als dessen Umsetzung in die Wirklichkeit. Dabei würden sich mehrere Punkte als heikel erweisen, insbesondere das Thema Elternschaft und ihre Auswirkungen auf Frauen.

Universitätsprofessor Benjamin Kneihs von der Universität Salzburg widmet sich in seinem Vortrag den besonderen Diskriminierungsverboten, wie sie etwa für die ethnische und soziale Herkunft, die sexuelle Orientierung oder eine Behinderung aufgestellt sind.

In diesem Vortrag werde einerseits der verfassungsrechtliche Inhalt dieser Kriterien und andererseits ihr Verhältnis zum allgemeinen Gleichheitssatz ausgeleuchtet. Die besonderen Diskriminierungsverbote unterstreichen den Anspruch jedes Menschen, mit seinen jeweils ganz persönlichen Haltungen, Neigungen und Eigenschaften gleich, also nicht ihretwegen anders behandelt zu werden als andere.

Rechte und Migration im Blick

Universitätsprofessor Daniel Thym von der Universität Konstanz spricht über Asyl- und Migrationsrecht. Er ist der Auffassung, dass eine kluge Migrationspolitik nicht auf nationale Lösungen setzt. „Migration kann und darf von den Staaten gesteuert werden – aber nicht unbegrenzt“, so Thym. Die EU-Migrationspolitik sei in der Zwickmühle: Die andauernde Krise könnten die Länder nur gemeinsam überwinden, doch zugleich verhindere die Krise die notwendigen Kompromisse.

Die EU verheißt, alle Unionsbürger grundsätzlich gleich zu behandeln, sagt die Wiener Universitätsprofessorin Magdalena Pöschl. Doch die Einlösung dieser Ankündigung stoße in den Mitgliedstaaten rasch auf Widerstand, wenn Angehörige anderer Mitgliedstaaten aufgenommen und mit Sozialleistungen versorgt werden sollen. Der Vortrag „Freizügigkeit und Sozialstaat“ reflektiert, unter welchen  Bedingungen Menschen bereit sind, miteinander zu teilen, und inwieweit es angezeigt ist, Unionsbürger sozialrechtlich gleich wie eigene Staatsangehörige zu behandeln.

Die Unionsbürgerschaft betrachtet der Innsbrucker Universitätsprofessor Walter Obwexer als revolutionäres Konzept und betont: „Die anlässlich der Gründung der EU 1993 eingeführte Unionsbürgerschaft wurde vom Europäischen Gerichtshof knappe zehn Jahre später aus ihrem >Dornröschenschlaf< geweckt und dynamisch zum grundlegenden Status der Unionsbürger entwickelt.“

Demnach garantiert sie allen Unionsbürgern, die sich in der gleichen Situation befinden, das Recht auf die gleiche Behandlung (Gleichheitsrecht). Zusätzlich dürfen die Unionsbürger bei der Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts nicht in unzulässiger Weise beschränkt werden. Das damit verbundene Beschränkungsverbot (Freiheitsrecht) umfasse nicht nur das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Recht auf Aufenthalt), sondern auch alle damit verbundenen Situationen (Recht im Aufenthalt). Dies gelte beispielsweise bei der Auslieferung in Drittstaaten, so Obwexer.

Was Gleichheit ausmacht

Der Salzburger Universitätsprofessor Walter Berka erörtert die Gleichheit als Rechtskonzept in Europa. Der Gleichheitsgrundsatz werde durch die nationalen Verfassungen, die Europäische Menschenrechtskonvention und die Grundrechtecharta der EU gewährleistet.

In diesen Gewährleistungen drückte sich die Einheit, aber auch die Vielfalt der europäischen Grundrechtsordnung aus. Ihre Einheit kommt zum Tragen, weil alle Grundrechtsdokumente durchwegs übereinstimmend die Gleichheit vor dem Gesetz gewährleisten. Sie stehen damit in einer bis zur französischen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 zurück reichenden Traditionslinie.

Die Vielfalt werde in den dogmatischen Feinstrukturen sichtbar. So gibt es erhebliche Unterschiede im Hinblick auf die Kompetenz und Prüfungsdichte, welche die Gerichte auf der nationalen und europäischen Ebene in Anspruch nehmen, wenn sie Entscheidungen der Parlamente einer gerichtlichen Kontrolle unterwerfen.

Davon abgesehen müsse die Konkretisierung der Rechtsgleichheit zwangsläufig auch inhaltliche Unterschiede hervorbringen, weil die gebotene Rechtsetzungsgleichheit auf die Wertungen einer gegebenen Rechts- und Gesellschaftsordnung und auf die sich in ihnen manifestierenden Gerechtigkeitsvorstellungen verweist. Solche Unterschiede sind Ausdruck der Vielfalt und der unterschiedlichen Integration Europas in politischer, sozialer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht.

Wird Europa gleicher?

Vor allem die jüngere Rechtsentwicklung hat allerdings zu einer bemerkenswerten Übereinstimmung der Rechtsordnungen geführt, soweit es um die Absage an alle Formen einer gleichheitswidrigen Diskriminierung wegen des Geschlechts, der Rasse, der Religion oder sexuellen Orientierung und aus anderen Gründen geht, welche die persönliche Identität des Menschen ausmachen. Das könne man als einen europäischen Standard ansehen, der seinen Grund im Menschenrecht auf Gleichheit hat, heißt es.

Link: Uni Salzburg

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