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Recht

EuGH spricht zum Karfreitag: Jubel und Zorn

©ejn

Feiertag oder nicht. Der EuGH hat Österreichs Umgang mit dem Karfreitag verurteilt: Wird er nun Feiertag für alle – oder für keinen? Bezahlt werden muss schon jetzt.

Der Karfreitag hat große religiöse Bedeutung für evangelische Christen – nicht aber für ihre katholischen (Beinahe-)Glaubensbrüder. In Österreich als katholisch geprägtem Land ist der Karfreitag daher kein allgemeiner gesetzlicher Feiertag, sondern nur für die Angehörigen der evangelischen Kirchen (sowie der altkatholischen und evangelisch-methodistischen Kirche).

Und nur Angehörige dieser Kirchen erhalten daher für Arbeit am Karfreitag ein zusätzliches Entgelt – das Feiertagsentgelt. Das wollte jedoch ein – nicht solcherart bevorzugter – Arbeitnehmer nicht auf sich beruhen lassen und klagte (mit tatkräftiger Unterstützung der Arbeitnehmervertretung).

Konkret hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Sinne der Klage eines nicht-evangelischen Arbeitnehmers entschieden (C-193/17), der sich diskriminiert fühlte: Der Arbeitnehmer, ein Detektiv, forderte für seine Arbeit am Karfreitag von seinem Arbeitgeber, einem Detektivbüro, zusätzlich zum Gehalt das Feiertagsarbeitsentgelt ein, wie es nach dem Arbeitsruhegesetz vor allem evangelischen ArbeitnehmerInnen gebühren würde.

Die Klage ging zum Obersten Gerichtshof (OGH) in Österreich, der den EuGH anrief und ihm die Frage stellte, ob die einschlägige österreichische Regelgung mit dem Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Religion im Konflikt stehe.

Tatsächlich stehe die Regelung klar im Widerspruch zum EU-Gleichbehandlungsgrundsatz, aber das heiße Eisen sei davor von niemandem angegriffen worden, heißt es bei der Arbeiterkammer (AK), die dem Arbeitnehmer dabei Rechtsschutz gewährte.

Der EuGH hat nun jedenfalls entschieden, dass der Karfreitag für alle ArbeitnehmerInnen, unabhängig von der Religion, ein freier Tag sein muss bzw. bei Arbeit am Karfreitag Feiertagsarbeitsentgelt zu zahlen ist, solange der Gesetzgeber nicht eine anderweitige diskriminierungsfreie Regelung trifft.

Der Gesetzgeber muss entscheiden

Der EuGH spricht allerdings von einem „Ansuchen“ der ArbeitnehmerInnen auf den freien Karfreitag. Der Gesetzgeber sei jetzt gefordert, klarzustellen dass der nicht-diskriminierende Zugang zum arbeitsfreien Karfreitag so wie alle arbeitsrechtlichen Ansprüche in Österreich den Menschen auch ohne ein solches Ansuchen zugutekommt. „Die Menschen arbeiten hart genug“, so AK Präsidentin Renate Anderl.

Solange diese Klarstellung zum EuGH-Urteil – sei es durch den OGH, sei es durch den Gesetzgeber – noch nicht erfolgt ist, gibt es also keine klare Regelung in Österreich – aber sehr wohl bereits einen konkreten Anspruch der Arbeitnehmer, meint die AK. Man werde „selbstverständlich“ alle ArbeitnehmerInnen bei der Durchsetzung des vom EuGH festgestellten Rechts unterstützen.

Im Jahresdurchschnitt kommen die Beschäftigten in Österreich auf 57 Arbeitsstunden mehr als ArbeitnehmerInnen in Deutschland, 74 Stunden mehr als ArbeitnehmerInnen in Schweden und 103 Stunden mehr als ArbeitnehmerInnen in Dänemark, heißt es. Überdies hätten die Unternehmen ein Körberlgeld daraus lukriert, dass die sechste Urlaubswoche wegen der immer kürzeren Arbeitsverhältnisse für immer weniger Menschen erreichbar ist. Ein zusätzlicher Feiertag sei nur „ein kleiner Ausgleich dafür“, heißt es. Auch ÖGB und SPÖ fordern, den Karfreitag zum gesetzlichen Feiertag zu machen.

Keine Freude bei der Wirtschaftskammer

Mehrkosten von rund 600 Millionen Euro durch einen zusätzlichen Feiertag befürchtet dagegen die Wirtschaftskammer, die drohende zusätzliche Belastungen für Österreichs Unternehmen ins Haus stehen sieht. „Der Europäische Gerichtshof fordert eine diskriminierungsfreie Feiertagsregelung. Wir erwarten uns daher vom Gesetzgeber, rasch zu handeln und für eine aufkommensneutrale Neuregelung zu sorgen“, gibt Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), die Parole aus – und geht auf Konfrontationskurs zur Arbeitnehmerseite: „Was für die Wirtschaft nicht in Frage kommt, ist ein zusätzlicher freier Tag.“

Eine warnende Stimme erhebt auch die Industriellenvereinigung (IV). „Es muss unverzüglich eine unionsrechtskonforme Feiertagsregelung sichergestellt werden, die zu keiner weiteren Belastung des Industrie- und Arbeitsstandortes Österreich führt“, so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer.

Aus seiner Sicht liegt Österreich bereits im internationalen Spitzenfeld bei den Feiertagen: Mit insgesamt 13 gesetzlichen Feier- plus mindestens 25 Urlaubstagen gewähre Österreich schon bisher (und ohne Karfreitag)Arbeitnehmern eine sehr hohe Anzahl an freien Arbeitstagen.

Die IV wünscht sich eine Diskussion über die Arbeitszeit, die zu einer EU-konformen Lösung führen soll. Die Frage der Feiertage dürfe nicht losgelöst von Folgewirkungen auf die gesamte Wirtschaft gesehen werden. „Es müssen jetzt rasch Gespräche im Sinne einer unionsrechtskonformen Feiertagsregelung geführt werden, die praxisgerecht ist und zu keinen Mehrkosten für die im starken internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen führt“, so die IV.

 

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