Open menu
x

Bequem up to date mit dem Newsletter von Extrajournal.Net!

Jetzt anmelden, regelmäßig die Liste der neuen Meldungen per E-Mail erhalten.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Newsletter-Seite sowie in unserer Datenschutzerklärung.

Recht, Tipps

Neue EU-Regeln für internationale Paare

©Credit ÖNK

Familienrecht. In der EU gelten künftig neue grenzüberschreitende Regeln bei Ehen und eingetragenen Partnerschaften. Betroffen sind Güter, Trennung, Scheidung usw.

Mit 29. Jänner 2019 gelten zwei neue EU-Verordnungen, die mehr Rechtssicherheit in Vermögensfragen bringen sollen. Sie regeln wie Ehepartner oder eingetragene Partner, die z.B. mit Nicht-Österreichern zusammenleben oder bei Österreichern, die aus beruflichen Gründen im Ausland wohnen und dort ihre Ehe geschlossen haben, ihr Vermögen künftig rechtlich nach ihren Wünschen ordnen können. Besonders betroffen sind dabei Themen wie Ehe und Ehevertrag, Güteraufteilung bei Trennung usw.

Die Notare begleiten und begrüßen die neuen Regelungen, so die Österreichische Notariatskammer (Wichtig: Bislang hat sich rund ein Drittel der EU-Staaten den neuen Verordnungen noch nicht angeschlossen, kann dies aber später noch tun.)

Knapp ein Drittel aller Ehen betroffen

In Österreich haben laut Statistik Austria1 knapp 30 Prozent aller Ehen einen internationalen Bezug. Also dann, wenn einer der Partner oder beide Partner Nicht-Österreicher sind. Diese Zahl hat sich seit dem EU-Beitritt Österreichs 19952 bis heute kontinuierlich erhöht.

Bei einer Trennung oder bei einem Todesfall stellen sich notwendigerweise Rechtsfragen in Bezug auf die Aufteilung des partnerschaftlichen Vermögens. Bei internationalen Ehen oder Partnerschaften können diese komplex sein: Welches nationale Recht ist bei einer Auseinandersetzung (ob gütlich oder streitig) maßgebend?

  • Nach österreichischem Recht beispielsweise hat bisher, sofern keine Rechtswahl getroffen wurde, die gemeinsame Staatsangehörigkeit bestimmt, welches Recht anzuwenden war.
  • War diese nicht gegeben, wurde der gewöhnliche Aufenthalt herangezogen.

Bei letzterem war oftmals bei Übersiedlungen in unterschiedliche Staaten die Folge, dass sich das anzuwendende Recht ändert und damit verbundene Rechtsfragen, etwa ob Gütertrennung gilt oder Gütergemeinschaft oder beschränkte Gütergemeinschaft. Das führte nicht selten zu ungewollten Überraschungen, so die Notare.

Individuelle Rechtswahl und Gerichtsstandwahl

Nun gelten mit 29. Jänner 2019 zwei neuen EU-Verordnungen, die aufgrund ihrer umfassenden Regelung mehr Klarheit und Stabilität der Rechtsverhältnisse bringen werden, erwarten die Notare.

Betroffen sind konkret das Ehegüterrecht (für Ehepaare) und das Partnergüterrecht (für eingetragene Partnerschaften) mit Auslandsbezug:

  • Ehe- und Lebenspartner, die eine unterschiedliche Staatsangehörigkeit besitzen, aus beruflichen Gründen im Ausland leben oder dort geheiratet haben, können künftig selbst regeln, welcher Staat in Vermögensfragen zuständig sein soll: Sie wählen entweder das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit zumindest einer der Ehegatten besitzt, oder das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts zumindest einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl.
  • Bei den eingetragenen Partnerschaften gibt es zusätzlich die Möglichkeit das Recht des Staates zu wählen, in dem die Partnerschaft begründet wurde.
  • Die einmal gewählte Rechtswahl ist nicht in Stein gemeißelt, sondern kann jederzeit im Einvernehmen mit dem Partner geändert werden. Allfällige Interessen Dritter (z.B. Gläubiger) gilt es aber bei Änderungen zu berücksichtigen.
  • Falls künftig keine Rechtswahl für den ehelichen Güterstand getroffen wird, gilt zunächst das Recht des Staates, in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben.
  • Geregelt werden kann auch, welches Gericht bei Streitigkeiten für die Entscheidung über sämtliche zivilrechtliche Fragen des gemeinsamen Güterstandes zuständig ist.
  • Ausgenommen vom Anwendungsbereich der Verordnungen sind Steuer- und Zollsachen, Unterhaltspflichten und Erbrecht.
  • Das neue Ehegüter- und Partnergüterrecht hat darüber hinaus universellen Charakter: Es ist nicht beschränkt auf das Recht eines EU-Mitgliedsstaates. Sprich: Wenn Amerikaner betroffen sind, könnte auch US-amerikanisches Recht gewählt werden, so die Notariatskammer.

„Mehr Rechtssicherheit in der Praxis“

Das alles bringt im Vergleich zur bisherigen österreichischen Rechtslage mehr Stabilität, so die Notare. Die Rechtswahl ist z.B. bei der Aufnahme von Schulden relevant. Haftet jeder Partner getrennt oder beide gemeinsam, wenn sie einen Bankkredit aufnehmen? Die güterrechtliche Regelung habe auf Haftungsfragen entscheidende Auswirkungen.

„Die neuen EU-Regeln zum Güterrecht bringen somit mehr Rechtssicherheit für Menschen, die in grenzüberschreitenden Beziehungen leben, sei es im EU-Ausland oder in Österreich. Sie können das Recht auch besser gestalten, das auf ihre Beziehung anzuwenden ist, indem sie es selbst wählen. Das gibt Stabilität und entspricht dem Willen der Betroffenen“, so Ludwig Bittner, Präsident der Österreichischen Notariatskammer – der bei der Gelegenheit natürlich die Vorteile professioneller Beratung in Fragen des Güterrechts zwischen den Partnern hervorhebt.

Obwohl anzuraten, sei der Abschluss eines Ehevertrags keine Voraussetzung für die Rechtswahl bei der internationalen Ehegüterregelung. „Der Ehevertrag regelt die Rechtsverhältnisse zwischen Ehegatten umfassend und ist daher das ideale Instrument, in dem man auch gleichzeitig die Rechtswahl treffen kann“, so Bittner. Eheverträge bedürfen in Österreich der notariellen Form, um unter anderem den Interessensausgleich beider Partner zu gewährleisten.

Gültig in 18 EU-Mitgliedsstaaten

  • Das neue EU-Recht gilt für Ehen und eingetragene Partnerschaften, die ab dem 29. Jänner 2019 begründet werden.
  • Für bereits vorher bestehende Ehen und Partnerschaften gibt es ab diesem Datum die Möglichkeit eine Rechtswahl zu treffen.
  • Die neuen EU-Verordnungen gelten nicht in allen, sondern derzeit in 18 Mitgliedsstaaten der EU: in Belgien, Bulgarien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik und Zypern.
  • Die übrigen EU-Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, sich künftig diesen Verordnungen anzuschließen.

Wie bedeutend das Thema ist, illustrieren die Angaben der EU-Kommission: Demnach leben in der EU rund 16 Millionen Paare mit grenzüberschreitendem Bezug. Die Zahl der internationalen Scheidungen wird mit rund 170.000 pro Jahr beziffert. Das sind immerhin 16 Prozent aller Scheidungen.

Zum Thema gibt es neben der Notariatskammer selbst noch einige weitere Anlaufstellen, insbesondere für Rechtsprofis: So widmet sich das European Law Institute (ELI) mit Sitz in Wien Themen des europäischen Rechtsraums wie der Vereinfachung des Ehegüterrechts und hat mit dem Empowering European Families Projekt Werkzeuge geschaffen, die die Anwendung des neuen EU-Rechts erleichtern sollen.

Informationen über Rechtsvorschriften, Verfahren, Zuständigkeiten von Gerichten und Behörden in den 18 EU-Mitgliedsländern im Zusammenhang mit dem Güterrecht werden auch auf dem EU e-Justice-Portal verfügbar sein. In Österreich ist die Gütertrennung der gesetzliche Güterstand.

 

Weitere Meldungen:

  1. EU-Rechnungshof rügt Intransparenz bei Lobbyisten-Einfluss
  2. EU-Botschafter Selmayr wird Rechtsprofessor an der Uni Wien
  3. „Market Access Day“ für Exporteure ist im März 2024
  4. Zwei neue juristische Certificate Programs an der Uni Krems