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Business, Finanz, Recht, Tech

Smart Contracts im Lichte des Verbraucherrechts

Carina Wolf ©Jan Gott

Gastbeitrag. Die Blockchain ist ein spannendes neues Instrument für Vertragsabschlüsse. Doch der Verbraucherschutz gibt wichtige Regeln vor, schildern Carina Wolf und Siegfried Kapeller, Juristen von Bitpanda.

Vertragsabschlüsse lassen sich grundsätzlich direkt auf einer Blockchain bewerkstelligen. Auch wenn eine solche Parteieneinigung vom klassischen Bild des Vertragsabschlusses abweicht, sind hierfür die Rechtsfolgen des herkömmlichen Zivilrechts anzuwenden. Eine einschneidende Grenze der Privatautonomie bildet aber der Verbraucherschutz, dessen zwingende Regelungen auch beim Einsatz von Smart Contracts einzuhalten sind.

Was sind Smart Contracts?

Bei der Gestaltung eines Smart Contracts wird eine Parteienvereinbarung in Programmcode abgeschlossen bzw übersetzt und anschließend in eine Blockchain überführt. Dieser Programmcode hat im Falle des Eintretens bestimmter Bedingungen damit einhergehende Folgen definiert (ähnlich einer „Wenn-Dann-Funktion“: Wenn Ereignis A eintritt, soll Ereignis B folgen). Wird der Bedingungseintritt später festgestellt, wird automatisch die festgelegte Folge ausgelöst und die vertraglich vereinbarte Leistung abgewickelt.

Smarter Vertragsabschluss?

Smart Contracts können, vereinfacht ausgedrückt, auf zwei verschieden Arten verwendet und abgeschlossen werden:

  • simple Smart Contracts, die als reine Erfüllungsinstrumente gesonderter, mündlicher oder schriftlich geschlossener Verträge verwendet werden.
  • legal Smart Contracts, als vollkommen digitalisierte und automatisierte Vertragsabschlüsse über die Blockchain.

Obwohl der Vertragsabschluss über die Blockchain vom klassischen Bild des Vertragsabschlusses abweicht, handelt es sich um einen Vertrag, der die Erfordernisse des österreichischen Zivilrechts erfüllt. Es sind daher auch auf einen solchen digital abgeschlossenen Vertrag die Rechtsfolgen des klassischen Zivilrechts – insbesondere auch Konsumentenschutzbestimmungen – anzuwenden.

Verbraucherrecht & Smart Contracts – ein Spannungsverhältnis?

Die spezielle Eigenschaft und Mechanik von Blockchain basierten Smart Contracts kann gerade im Zusammenhang mit dem Verbraucherrecht ein gewisses Spannungsverhältnis auslösen. Neben der grundlegenden Notwendigkeit, dass der Smart Contract einen Verbraucher als solchen zunächst „identifizieren“ muss, um sodann unter Beachtung verbraucherrechtlicher Vorgaben kontrahieren zu können, ergeben sich beim Vertragsabschluss mit Verbrauchern insbesondere folgende – überblickmäßig dargestellten – rechtlichen Herausforderungen:

  • Die spezielle Funktionsweise der Blockchain führt dazu, dass getätigte Transaktionen grundsätzlich nicht wieder rückgängig gemacht werden können. Diese Unrückführbarkeit einer Blockchain-Transaktion kann insofern problematisch sein, als gegenüber Verbrauchern eine Einschränkung oder ein Ausschluss der gesetzlichen Gewährleistung vor Kenntnis eines Mangels grundsätzlich nicht möglich ist.
  • Ein Vertragsabschluss via legal Smart Contract gebietet es, dass eine Unterwerfung zu den Regeln der jeweils spezifischen Blockchain gegenüber potentiellen und – unter Umständen – erst zu bestimmenden Vertragspartnern stattfindet. Solche Vorabunterwerfungen sind jedoch gerade im B2C Bereich nur sehr eingeschränkt denkbar.
  • Verbraucher müssen beim Vertragsabschluss transparent über etwaige Kosten aufgeklärt werden. Insbesondere ist für jede Extrazahlung, die über das vereinbarte Hauptleistungsentgelt hinausgeht, ein ausdrückliches Zustimmungserfordernis aufseiten des Verbrauchers einzuholen. Da jede Blockchain-Transaktion notwendigerweise auch immer eine Transaktionsgebühr mitumfasst, sollten Verbraucher vor Durchführung der jeweiligen Transaktion auf die zu erwartenden Transaktionskosten hingewiesen bzw deren ausdrückliche Zustimmung eingeholt werden.
  • Da legal Smart Contracts in den meisten Fällen vorformulierte Vertragsbedingungen darstellen und der Verwender diese erfahrungsgemäß einer Vielzahl von Verträgen (Massengeschäft) zugrundlegen will, erfüllen legal Smart Contracts grundsätzlich auch die Voraussetzungen für die Qualifizierung als AGB und sind somit der Geltungs- und Inhaltskontrolle zu unterziehen. Im B2C-Bereich unterliegen solche Smart Contracts auch dem Transparenzgebot.

Nicht zuletzt ist zu beachten, dass sich im Zusammenhang mit Smart Contracts Besonderheiten durch das FAGG, das Fern- und Auswärtsgeschäfte zwischen Unternehmern und Verbrauchern regelt, auftun können. Es ist bis dato jedoch noch nicht abschließend geklärt, ob ein Smart Contract überhaupt als Fernabsatzvertrag im Sinne des FAGG qualifiziert werden kann.

Siegfried Kapeller ©Ludwig Schedl

Falls die Anwendbarkeit des FAGG bejaht werden würde, hätte dies weitrechende Konsequenzen: So müssten dem Verbraucher bereits vor Vertragsabschluss bestimmte Informationen gegeben und Bestätigungen ausgestellt werden. Ebenfalls kennt das FAGG ein spezielles Rücktrittsrecht, wonach der Verbraucher von einem Fernabsatzvertrag binnen 14 Tagen ohne Angaben von Gründen zurücktreten kann. De facto führt die Unwiderruflichkeit und Unrückführbarkeit einer Blockchain-Transaktion nicht auch zu einer unwiderruflichen Annahmeverpflichtung der in der realen Welt gelieferten Leistung.

Die Autoren sind:

  • Mag. Carina Wolf, Leiterin Rechtsabteilung Bitpanda
  • Siegfried Kapeller, Junior Legal Bitpanda

Link: Bitpanda

Hinweis: Carina Wolf trägt zum Thema “Rechtliche Herausforderungen iZm Kryptowährungen“ bei der Konferenz blockchain-REAL am 21. Mai 2019 in Wien vor (Veranstaltungs-Informationen).

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