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Recht, Steuer

VwGH hebt die Startflagge auf der dritten Piste

©ejn

Wien. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Genehmigung für den Bau der dritten Piste in Schwechat bestätigt. Die Umweltverbände greifen jetzt frontal die Steuervorteile des Fliegens an.

Im Februar 2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht den Bau der dritten Piste am Flughafen Wien-Schwechat aus Gründen des Klimaschutzes untersagt – und der Aufschrei in Wirtschaft sowie Landes- sowie Bundespolitik war enorm.

Die umstrittene Entscheidung wurde daraufhin vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) im Juni 2017 aufgehoben und das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht fortgesetzt. Mit Erkenntnis vom 23. März 2018 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht daraufhin die von der niederösterreichischen Landesregierung erteilte Genehmigung zum Bau der dritten Piste.

Dagegen erhoben mehrere Wiener Bürgerinitiativen sowie einige Anrainer des Flughafens im Mai bzw. November 2018 Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit Erkenntnis vom 6. März 2019 wies der Verwaltungsgerichtshof diese Revisionen als unbegründet ab und bestätigte damit die Bewilligung für den Bau der dritten Piste, teilt das Höchstgericht nun mit (Ro 2018/03/0031 u.a.).

Die neue Entscheidung

Hauptthema des Verfahrens war der von den revisionswerbenden Bürgerinitiativen und Anrainern befürchtete zusätzliche Fluglärm, der bei Inbetriebnahme einer dritten Piste am Flughafen Wien-Schwechat zu erwarten sei, und zwar insbesondere bei Landeanflügen über das Wiener Stadtgebiet.

Der Verwaltungsgerichtshof stellte in seiner Entscheidung klar, dass die dritte Piste nach dem Genehmigungsantrag des Wiener Flughafens nicht für Landungen vorgesehen ist, die bei Normalbetrieb über das Wiener Stadtgebiet führen. Aus diesem Grund decke die nun erteilte Genehmigung eine solche Benützung der Piste auch nicht ab, was die Austro Control GmbH bei der künftigen Festlegung der Anflugrouten auf die dritte Piste wird beachten müssen.

Ausgehend davon soll durch die dritte Piste, wie ein Lärmgutachter im Verfahren dargestellt hat, vielmehr eine Lärmentlastung der Wiener Bevölkerung erreicht werden, während zusätzliche Belastungen nur in wesentlich weniger dicht besiedelten Gebieten erwartet werden. Auch insoweit sind allerdings die gesetzlichen Vorgaben zum Lärmschutz eingehalten worden, so der VwGH.

Neuerlich problematisiert wurde im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, ob der Bau der dritten Piste zur Vermeidung des Klimawandels untersagt werden müsste. Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte, dass der Klimaschutz zu den relevanten Fragen der Umweltverträglichkeitsprüfung zählt.

Es greift aber laut VwGH zu kurz, einem Flughafen unter Hinweis auf den fortschreitenden globalen Klimawandel die Genehmigung zum Bau einer (weiteren) Piste zu verweigern, wenn der Ausstoß von Treibhausgasen im Flugverkehr insgesamt unverändert bleibt. Das Recht der Europäischen Union setze mit dem sogenannten „Emissionshandelssystem“ auf eine Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen durch die Luftfahrzeugbetreiber. Treibhausgas-Emissionen aus dem Luftverkehr werden dementsprechend grundsätzlich den Luftfahrzeugbetreibern zugeordnet, nicht aber den Betreibern von Flughäfen. Der Klimaschutz steht deshalb der Genehmigung der dritten Piste nicht entgegen, urteilte der VwGH.

„Richter müssen sich dennoch unparteilich verhalten“

Zum Vorbringen der Revisionen, die Richter des Bundesverwaltungsgerichtes seien nach ihrer ersten Entscheidung vom Februar 2017 öffentlich unsachlich und so massiv kritisiert worden, dass von ihnen eine unbefangene Entscheidung nicht mehr habe erwartet werden können, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass einzelne öffentliche Reaktionen auf das damalige Erkenntnis die Grenzen legitimer Kritik an gerichtlichen Entscheidungen und den entscheidenden Richtern überschritten haben.

Allein deshalb sind die Richter des Bundesverwaltungsgerichts vom weiteren Verfahren aber nicht als befangen auszuschließen gewesen, weil von Richtern auch in solchen Situationen zu erwarten ist, dass sie sich sachlich, objektiv und unparteilich verhalten. Dass ein solches Verhalten im vorliegenden Fall nicht vorgelegen sei, haben die Revisionen nicht aufgezeigt und ist auch nicht zu erkennen, so der VwGH.

Kein Steuerzuckerl mehr für Flugreisen?

Projektwerber und Wirtschaftspolitik haben die Entscheidung des VwGH erhofft und zeigen sich zufrieden. Einen „Irrweg“ sieht dagegen die Umweltorganisation WWF im Bau der dritten Piste.

„Wer in klimaschädliche Infrastruktur investiert, landet in einer fossilen Sackgasse. Mehr Flugverkehr wird Österreichs CO2-Bilanz weiter verschlechtern und die Abhängigkeit von fossilen Energien erhöhen. Aufwand und Kosten zur Bekämpfung der Klimakrise werden dadurch steigen“, so Karl Schellmann, Klima- und Energiesprecher von WWF Österreich. Er sieht nach der aktuellen Entscheidung die Bundesregierung unter Zugzwang, umweltfreundliche Alternativen zu forcieren, etwa im Rahmen der angekündigten Steuerreform.

Die Umweltorganisation Global 2000 meint, dass der „massive Anstieg des Flugverkehrs nicht stattfinden würde, wenn es Kostenwahrheit im Verkehr gäbe und ungerechtfertigte Steuerprivilegien abgebaut werden“, so Klima- und Energiesprecher Johannes Wahlmüller: „Die wichtigsten Privilegien sind die Mehrwertsteuerbefreiung von Flugtickets und die Steuerbefreiung von Kerosin. Laut einer Studie des WIFO führt das in Österreich zu einem jährlichen Steuerausfall von mehr als 500 Mio. Euro.“

Link: VwGH

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