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Recht

Anti-Gold-Plating kommt per Gesetz

Parlament. Der Justizausschuss bringt das Anti-Gold-Plating-Gesetz sowie Neuerungen im Anerbenrecht und Gerichtsorganisationsgesetz an den Start.

Österreich wird in Zukunft EU-Vorgaben nicht mehr übererfüllen. Das zumindest ist der offizielle Beweggrund hinter dem jetzt vom Justizausschuss des Nationalrats beschlossenen Anti-Gold-Plating-Gesetz.

Dieses ziele darauf ab, in ausgewählten Bereichen Regelungen zurückzunehmen, die über die unionsrechtlichen Mindestvorgaben hinausgehen, so die Parlamentskorrespondenz. Angepasst werden dabei elf Gesetze, wobei die Änderungen insbesondere Mitteilungs-, Melde-, Zulassungs- und Prüfpflichten betreffen. ÖVP, FPÖ und Neos begrüßten das Gesetz vor allem aus Sicht der Unternehmen und sahen darin einen Beitrag zur Deregulierung.

Was konkret verringert wird

Mit der Rücknahme von Regelungen in einzelnen Bereichen will das Anti-Gold-Plating-Gesetz unnötige Belastungen für die Normadressaten beseitigen, ohne dass es dabei zur Senkung von Schutzstandards kommen soll. Die Änderungen im Bereich von Mitteilungs-, Melde-, Zulassungs- und Prüfpflichten betreffen im Einzelnen:

  • Unternehmensgesetzbuch
  • Bankwesengesetz
  • Alternative-Investmentfonds-Managergesetz
  • Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz
  • Börsegesetz
  • Immobilien-Investmentfondsgesetz
  • Investmentfondsgesetz
  • Versicherungsaufsichtsgesetz
  • Wirtschaftstreuhandberufsgesetz
  • Bilanzbuchhaltungsgesetz
  • Abfallwirtschaftsgesetz

Justizminister Josef Moser teilte mit, dass dieses Gesetz ein erstes Paket im Rahmen der Durchforstung von überschießenden Bestimmungen sei und im Herbst ein zweites Paket in Begutachtung gehe, bei dem rund 160 weitere Maßnahmen geprüft werden. Das Gold-Plating-Projekt Österreichs werde jedenfalls von der Europäischen Kommission positiv aufgenommen.

Niemand habe etwas gegen Rechtsbereinigung, steht für Neos-Mandatarin Irmgard Griss außer Streit. Irritiert sprach sie aber von einem EU-kritischen Unterton des Gesetzes. So werde fälschlicherweise der Eindruck erweckt, man habe der EU zu viel gegeben und hole sich das nun zurück. In Wirklichkeit sei die allfällige Übererfüllung von Vorgaben aber immer eine souveräne, innerstaatliche Entscheidung, die nationalen Interessen folge.

Änderungen im Anerbenrecht für Erhalt

Auch im Erbrecht kommen Änderungen: Bisher fielen reine Forstwirtschaften nicht in den Anwendungsbereich des Anerbengesetzes, was zur Gefahr der Zerschlagung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben im Zuge der Erbfolge führen kann. Ein vom Ausschuss mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, SPÖ und Neos beschlossenes Zivilrechts- und Zivilverfahrensrechts-Änderungsgesetz 2019 erweitert nun den Anwendungsbereich des Anerbenrechts auf reine Forstbetriebe und folgt damit der in der Praxis üblichen Lösung, dass ein Erbe den Forstbetrieb übernimmt und die übrigen Erben weichen.

Weitere Bestimmungen der Novelle betreffen Klarstellungen im Bereich der Grundbuch-Eintragungsgebühr und Präzisierungen im Zusammenhang mit der Abfrage der Exekutionsdaten. Jetzt-Justizsprecher Alfred Noll bemängelte, man habe bei diesem Gesetz einmal mehr die Chance auf eine allgemeine Senkung der Gerichtsgebühren verpasst.

Neues zur Justiz-Zusammenarbeit auf EU-Ebene

Das Justizministerium berichtete dem Ausschuss auch über die EU-Jahresvorschau im Bereich Justiz. Demnach werde sich die Europäische Union auch für 2019 die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit sowie die Etablierung und Erhaltung hoher Standards auf dem Gebiet der Grundrechte einsetzen.

Was die Vorhaben im Einzelnen betrifft, sei aus österreichischer Sicht zunächst die angekündigte Vollendung der Sicherheitsunion von besonderer Relevanz. So sollen unter anderem die Vorschläge für die Verbesserung des grenzüberschreitenden Zugriffs der Strafverfolgungsbehörden auf elektronische Beweismittel angenommen werden.

Geplant sind außerdem Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte sowie die Erweiterung des Mandats der Europäischen Staatsanwaltschaft auf die Bekämpfung des grenzüberschreitenden Terrorismus. Eine angestrebte Verbesserung des Europäischen Strafregistersystems konnte bereits durch eine Einigung mit dem Europäischen Parlament noch unter österreichischem Ratsvorsitz im Dezember 2018 erreicht werden.

Aufgrund der anhaltenden Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit in einigen Mitgliedstaaten und damit des Fundaments für das Funktionieren der Union will die Kommission überdies eine schon länger angekündigte Initiative zur weiteren Stärkung des 2014 geschaffenen Rechtsstaatlichkeitsrahmens vorlegen.

Darüber hinaus hebt der Bericht vor allem das Bekenntnis zur weiteren Stärkung der internationalen justiziellen Zusammenarbeit sowohl im Zivilrechtsbereich als auch im Strafrechtsbereich insbesondere durch Erweiterung der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung hervor. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt hier bei den E-Evidence-Vorschlägen zur Erleichterung der grenzüberschreitenden Erlangung elektronischer Beweismittel, bei E-Justice-Projekten, der Einrichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft sowie bei der Stärkung der Bekämpfung organisierter Kriminalität und von Terrorismus.

Dabei werde es vor allem auch um die Bekämpfung und Prävention von Radikalisierung und Extremismus und um verstärkte Bemühungen um die Entfernung terroristischer Inhalte aus dem Internet gehen.

Link: Parlament

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