Hotline & Co. Das Europäische Parlament hat die Richtlinie zum Schutz von „Whistleblowern“ verabschiedet: Ein Meldesystem wird Pflicht.
Insider aus Unternehmen sollen damit in die Lage versetzt werden, Missstände in ihren Unternehmen möglichst gefahrlos anzuprangern. Dabei hat der EU-Gesetzgeber u.a. Produktsicherheit, Geldwäsche, Daten- und Umweltschutz, aber auch Steuersünden im Visier. Zwingend greift der neue Whistleblower-Schutz vorerst nur bei Verstößen gegen EU-Recht, darüber hinausgehende Schritte können die Einzelstaaten aber auf nationaler Ebene setzen.
- Neu ist, dass Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern künftig eine eigene Meldestelle einrichten müssen, an die Whistleblower sich wenden können.
- Diese müssen das aber nicht tun, sondern können sich auch als erstes an zuständige Behörden wenden.
- Auch eine Veröffentlichung über die Medien durch den Whistleblower ist unter bestimmten Umständen legitim, wobei die Richtinie auch Vorkehrungen zum Schutz von Repressalien trifft.
Der Fahrplan
Die Mitgliedsstaaten haben nun zwei Jahre Zeit, die Richtlinie COD 2018/0106 in nationales Recht umzusetzen. Die Umsetzung wird insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen vor enorme Herausforderungen stellen, heißt es bei der Wirtschaftskanzlei Hogan Lovells in Deutschland.
Auch diejenigen Unternehmen, die bereits über eine Whistleblower-Hotline oder ein vergleichbares Meldesystem verfügen, werden demnach überprüfen müssen, ob Anpassungsbedarf besteht.
Der Knackpunkt ist das Meldesystem
Arbeitsrechtler Moritz Langemann, Senior Associate bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Hogan Lovells in München: „Die Einführung eines von der Richtlinie vorgesehenen internen Meldesystems zur Entgegennahme von Hinweisen ist für Arbeitgeber mit einigem finanziellen und administrativen Aufwand verbunden.“
Daneben seien vor allem arbeits- und datenschutzrechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Zum Beispiel müsse ggf. der Betriebsrat eingebunden werden. Andererseits bieten interne Meldekanäle Unternehmen die Chance, auf potentielle Missstände frühzeitig zu reagieren. Das helfe, Reputationsschäden und finanzielle Risiken zu vermeiden.
Es bleiben noch viele Fragen offen
Spannend ist folgender Aspekt: Die Richtlinie sieht den Schutz von Whistleblowern lediglich bei Meldungen von Verstößen gegen EU-Recht vor. Der nationale Gesetzgeber darf den Schutzbereich allerdings erweitern und auch Meldungen von Verstößen gegen rein nationales Recht miteinbeziehen. Unternehmen in Deutschland sollten die weitere Entwicklung daher sehr genau im Blick behalten, um von der deutschen Umsetzung der „Whistleblower-Richtlinie“ nicht überrascht zu werden, rät Langemann.
Österreichs Bundesregierung gehört im EU-Vergleich nicht zu den forschen Verfechtern der Whistleblower-Rechte. Man war beispielsweise wie die EU-Kommission lange der Meinung, dass Whistleblower sich zunächst an eine unternehmensinterne Stelle wenden müssen. Die Ausgestaltung im nationalen Recht bleibt abzuwarten.