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D.A.S. Chef Loinger: „Rechtsschutz wandelt sich“

Johannes Loinger ©D.A.S.

Wien. Johannes Loinger, Vorstandsvorsitzender der D.A.S., spricht im Interview mit Extrajournal.Net über Trends beim Rechtsschutz, den Rechtsmarkt und neue Herausforderer wie Flugverspätungs-Portale.

Extrajournal.Net: Die D.A.S. ist gemessen an Prämie Marktführer unter den auf Rechtsschutz spezialisierten Versicherungsunternehmen. Wie entwickelt sich der Markt für Rechtsschutzversicherungen? Wie geht es Rechtsschutz-Spezialisten wie der D.A.S.?

Johannes Loinger: Die Rechtsschutz-Sparte ist ungebrochen populär. Sie erzielt nun bereits seit dem Jahr 2007 durchgängig die höchsten Wachstumsraten aller Einzelsparten des österreichischen Versicherungsmarktes. Das hat auch die neueste Statistik des Versicherungsverbands VVO wieder gezeigt. Wir waren sehr zufrieden mit unserem letzten Geschäftsjahr. Aber wir ruhen uns nicht auf unseren Lorbeeren aus. Wir beobachten laufend den Markt und passen unsere Versicherungsangebote und Services regelmäßig an.

Was bedeutet das in Zahlen?

Loinger: Wir lagen im Vorjahr bei den Prämieneinnahmen über Plan und sind stärker gewachsen als der Markt. Konkret hat die D.A.S. Rechtsschutz AG im Jahr 2018 die Prämien im Vergleich zum Jahr davor um fast 5 Prozent gesteigert. Was auch wichtig ist: Laut unserer Kundenbefragung zum Jahresende erzielen wir eine Zufriedenheit von 88 Prozent. Dazu tragen unter anderem unsere umfangreichen RechtsService-Leistungen bei. Gleichzeitig haben wir die Kostenquote, also die Combined Ratio, auf rund 91 Prozent gesenkt sowie die Stornoquote auf niedrigem Niveau gehalten.

Was sind die Gründe für diese Prämienanstiege?

Loinger: Das Bewusstsein für die Bedeutung des Rechtsschutzes ist in Österreich über die Jahre deutlich gestiegen. Für Unternehmer ist eine Rechtsschutzabsicherung schon seit vielen Jahren fixer Bestandteil. Heute wissen auch Private, was es bedeutet, wenn sie in Rechtsstreitigkeiten verwickelt sind. Wir können das gut beobachten, da wir bereits seit über 60 Jahren auf dem Markt sind – wir sind also sozusagen das Original im Rechtsschutz.

Bedeutet der wachsende Markt auch mehr Wettbewerb?

Loinger: Natürlich haben auch andere Anbieter ihre Aktivitäten verstärkt. Derzeit gibt es 21 Rechtsschutzversicherer auf dem österreichischen Markt, darunter drei Spezialisten wie die D.A.S. Wir sehen, dass die Kompositversicherungen, also die großen Versicherungen mit mehreren Sparten, ihre Aktivitäten verstärken, wobei das klassische Angebot dort natürlich der Kfz-Rechtsschutz ist.

Die Spezialisten sind ebenfalls aktiver geworden. Sie alle erwarten sich vom wachsenden Markt weiterhin gute Erträge. Die Ansprüche der Kunden haben sich über die Jahre auch gewandelt.

Worauf kommt es heute bei den Rechtsschutz-Verträgen an?

Loinger: Es geht nicht mehr nur darum, die Kosten eines verlorenen Gerichtsverfahrens zu übernehmen. Das ist natürlich weiterhin ein wichtiges Thema. Die Kunden wollen neben der Kostenübernahme heute aber auch mehr Service und Beratung. Daher investieren wir in entsprechende Informationsangebote und auch in die Prävention. Wir tun das im Interesse unserer Kunden. Je früher diese informiert und beraten werden, umso besser können sie ihre Situation auch rechtlich einschätzen.

Die Bedeutung der Beratung steigt?

Loinger: Es braucht heute umfassende Rechtsdienstleistungen. Ein durchschnittlicher Kunde hat alle sieben bis neun Jahre eine strittige, rechtliche Auseinandersetzung – was nicht gleich ein Gerichtsverfahren bedeuten muss. Es geht dann darum, den besten Weg zu gehen.

Im Vergleich zu den Kosten, die ein verlorener Prozess verursacht, zahlt sich die Prämie für die Rechtsschutzversicherung allemal aus. Nehmen wir den Vertragsrechtsschutz, zum Beispiel ein Verfahren mit einem Streitwert von 5.000 Euro. Hierbei ist man schnell auf einem fünfstelligen Betrag, der über die Instanzen im Gerichtsverfahren zusammenkommen kann.

„Die Bedeutung der Beratung steigt“

Ganz abgesehen von der Kostenerstattung eines Rechtsstreits geht es aber auch verstärkt darum, zwischenzeitlich mit den Kunden in Kontakt zu bleiben. Also auch dann, wenn sie keine Auseinandersetzung haben. Wir machen das etwa mit unserer D.A.S. Rechtsberatung und unseren Informationskampagnen zu aktuellen Rechtsthemen auf der Website, den Social Media-Kanälen und mit unseren Broschüren, wie der D.A.S. Rechtsbibliothek. Unsere Kundenumfragen bestätigen den Erfolg: Es stärkt die Kundenzufriedenheit und hilft, die Stornoquote deutlich zu senken.

Der Rechtsschutz wächst seit über einem Jahrzehnt schneller als alle anderen Einzelsparten der Versicherer. Wie lange kann das noch so weitergehen?

Loinger: Vielleicht noch eine Zeit lang, aber eine Marktsättigung ist absehbar. Wir haben in Österreich inzwischen bereits mit Abstand die höchsten Rechtsschutz-Prämien pro Kopf in Europa, nämlich rund 70 Euro. Die Marktbearbeitung hat bereits sehr früh, nämlich 1956 begonnen. Private Haushalte sind längst gut abgedeckt. Jeder zweite Haushalt hat eine Rechtsschutzversicherung. Wenn auch in unterschiedlichem Umfang – der KFZ-Rechtsschutz ist die verbreitetste Form.

Nun wird es bei den Privaten wohl bald eine Marktsättigung geben. Bei 50 Prozent, spätestens 60 Prozent Verbreitung sind keine weiteren starken Steigerungen mehr möglich. Deutliches Potential sehen wir allerdings im Firmenbereich.

Das Bedürfnis der Unternehmen nach Rechtsschutz-Lösungen wächst noch?

Loinger: Da gibt es zwei Hauptfaktoren – einmal den allgemeinen Trend zu immer mehr an Regulierung, der seit Jahren feststellbar ist. Man muss sich nur an die Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und die Vermittlerrichtlinie (IDD) erinnern. Vor allem aber liegt auch die Zahl der Neugründungen auf Rekordniveau. Wir sehen uns bei der D.A.S. sozusagen als Rechtsabteilung der Klein- und Mittelbetriebe, die auch unsere Hauptzielgruppe bei Unternehmen sind.

Insgesamt gibt es laut WKO-Statistik derzeit knapp 526.000 Unternehmen in Österreich. Davon haben rund 94 Prozent null bis neun Beschäftigte, das sind 492.000 Unternehmen. Und von dieser Gruppe der kleinen Unternehmen sind viele EPUs, also Ein-Personen-Unternehmen. Nur rund 1.200 Betriebe haben mehr als 250 Beschäftigte. Gerade die kleinen Unternehmen können sich nicht um alle rechtlichen Details kümmern. Hier sehen wir noch viel Bedarf und hier haben wir auch sehr große Expertise.

Großbetriebe haben andere Bedürfnisse?

Loinger: Großbetriebe haben mehr Möglichkeiten, für sich selbst juristisches Know-how aufzubauen. Dagegen beginnen Start-ups zwar typischerweise mit viel Know-how, was ihr Fachgebiet betrifft, kennen aber nicht das rechtliche Umfeld. Hier möchten wir verstärkt präsent sein. Nur rund ein Drittel der Betriebe verfügt derzeit bereits über eine umfassende Rechtsschutzversicherung – also eine Absicherung, die über Einzelaspekte wie einen vielleicht vorhandenen Rechtsschutz für das Firmenauto hinausreicht.

Wird D.A.S. bald in ERGO umbenannt?

Die deutsche Zentrale ihres Mutterkonzerns Ergo hat vor kurzem verkündet, die Marke D.A.S. durch die Konzernmarke Ergo ersetzen zu wollen. Wird D.A.S. in Österreich auch bald Ergo heißen?

Loinger: Danke für die Frage. Ich möchte klar sagen, dass diese Ankündigung ausschließlich Deutschland betrifft, nicht aber uns! Die Position der Marke D.A.S. in den beiden Ländern ist nicht vergleichbar. Der Grund ist folgender: In Deutschland hat die D.A.S. seit den 1980er Jahren neben dem Rechtsschutz auch Polizzen im Kfz- und Sachgeschäft im Angebot, man wollte so dem Vertrieb zusätzliche Ertragsmöglichkeiten bieten. Es war deshalb stimmig, dass die D.A.S. 2015 in die ERGO Versicherung fusioniert wurde. Man hat damals entschieden, die D.A.S. als Marke in Deutschland vorerst weiterzuführen, doch hat das immer wieder Probleme mit dem Handling aufgeworfen. Einfach ausgedrückt, es hat für Verwirrung bei den Kunden gesorgt, weil nicht klar war, welche Marke wofür steht.

Nun hat man sich dazu durchgerungen, auch die Marke D.A.S. in Deutschland vollständig durch ERGO zu ersetzen. Das hat aber keinerlei Auswirkungen auf Österreich oder andere Auslandsmärkte der internationalen D.A.S. Organisation.

Die Position der D.A.S. in Österreich sieht anders aus?

Loinger: Es geht bei dieser Frage um die Markenbekanntheit. In Österreich hat die Marke D.A.S. eine gestützte Bekanntheit in den Hauptzielgruppen von bis zu 90 Prozent. Über alle Altersgruppen hinweg sind es immer noch sehr gute 75 Prozent. Anders ausgedrückt, uns kennt fast jeder. In Deutschland liegen diese Zahlen mittlerweile viel niedriger. Es hängt also vom jeweiligen Land ab, man muss das sozusagen durch die nationale Markt-Brille sehen.

Das gilt auch umgekehrt: In Estland war der Name ERGO immer viel bekannter als D.A.S. Daher tritt das Rechtsschutz-Angebot der Gruppe dort heute als ERGO Rechtsschutz auf und nicht mehr als D.A.S.

Welche Trends sehen sie bei Rechtsschutz-Verträgen und ihren Vertragspartnern bei der Rechtsberatung, nämlich den Anwälten?

Loinger: Wir stellen fest, dass die Kunden selbstbewusster sind und werden. Gleichzeitig scheut der durchschnittliche Haushalt oft die Anwälte und erst recht die Gerichte. Die Kunden wollen, dass der Rechtsschutzversicherer möglichst viel für sie erledigt. Und das tun wir auch! Wir können beispielsweise mit unseren eigenen D.A.S. Juristen und der sogenannten D.A.S. Direkthilfe® bei einem Händler „vorstellig“ werden, wenn es Probleme mit einem Kauf, einem Service oder einer Reparatur gegeben hat.

In manchen Situationen würde bereits der Gang zum Anwalt eine Eskalation bedeuten, etwa in einem Nachbarschaftsstreit. Wir versuchen in diesen Fällen abzuwägen was der beste Weg ist. Und dazu haben wir im Fall der Fälle dann unser Anwaltsnetz.

Wie viele Anwälte haben Sie derzeit als Vertragspartner? Sorgt der wachsende Markt für mehr Bedarf an Vertragsanwälten?

Loinger: Es sind rund 500 Partneranwälte österreichweit. Das ist eine Zahl, die sich über die Jahre wenig verändert. Grundsätzlich suchen wir nicht laufend nach neuen Vertragspartnern, sondern folgen unserer „Partneranwalts-Strategie“. Wir wollen möglichst für jedes Rechtsgebiet einen Spezialisten – das ist in Ballungsräumen möglich. Außerhalb der Städte haben wir weniger spezialisierte Vertragsanwälte. Wir haben auch mindestens zwei Anwälte pro Gerichtssprengel, weil man ja damit rechnen muss, dass ein Partneranwalt schon einmal den Gegner unseres Kunden vertritt.

Es ist naturgemäß kein Anwalt exklusiv an uns gebunden, das wäre schon rein rechtlich nicht zulässig. Was wir bezüglich der Auswahl unserer Partneranwälte schon tun: Wir sehen uns die Schwierigkeit der Causen und die Erfolgsquote an und wenden uns stärker jenen Anwälten zu, wo die Zahlen gesamtheitlich betrachtet besser sind. Im Durchschnitt gewinnen wir in 75 Prozent der Fälle vollständig oder zumindest teilweise.

Man muss auch sehen, dass zwar die Prämieneinnahmen steigen, die Gerichtskosten tun das aber auch. Der Kuchen wird also nicht in dem Maße größer, wie es der Blick auf die Marktstatistik nahelegen würde. Was wir also brauchen, sind Anwälte, die auf Qualität schauen und denen D.A.S. Kunden besonders wichtig sind. Der Kunde muss ganz einfach im Zentrum stehen.

Fürchten die Anwälte um ihr Vertretungsmonopol?

Loinger: Eine große Gruppe der Anwälte sieht uns als Partner im Rahmen einer vernünftigen Kooperation. Wir wollen ja am Vertretungsmonopol der Anwälte vor Gericht nicht rütteln. Ich gebe auch zu bedenken: Viele Judikate sind überhaupt erst durch uns Rechtsschutzversicherer möglich geworden, weil die Betroffenen nämlich mit unserer Hilfe das Risiko eingehen konnten und im Instanzenzug schließlich gewonnen haben. Von den so getroffenen rechtlichen Grundsatzentscheidungen profitieren alle Beteiligte.

Derzeit drängen viele neue Produkte auf den Rechtsmarkt, von Plattformen für Flugreise-Verspätungen bis zu Sammelklagen-Portalen. Spüren Sie diesen Trend?

Loinger: Wir beobachten laufend alle Trends. Diese neuen Produkte sind ja meist „after the event“ konzipiert, werden also erst dann abgeschlossen, wenn bereits etwas passiert ist – etwa wenn sich ein geschädigter Fluggast an eine Fluggast-Plattform wendet. Eine ganze Branche, nämlich die Prozesskostenversicherer, sind so entstanden. Der große Unterschied ist in dieser Form die Ertragsbeteiligung. Bei uns muss lediglich die Rechtsschutzprämie bezahlt werden.

Diese neuen Produkte begünstigen jedenfalls das wachsende Rechtsbewusstsein. Grundsätzlich handelt es sich hier um ähnliche Produkte – aber nicht identische. Ich sehe die neuen Anbieter weniger als Mitbewerber, denn als Hinweis, dass man sich auf das konzentrieren soll was man am besten kann – in Fall der D.A.S. ist das der klassische qualitative Rechtsschutz.

Johannes Loinger ist Vorsitzender des Vorstandes der D.A.S. Rechtsschutz AG mit Hauptsitz in Wien.

Link: D.A.S.

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