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Finanz, Recht

„Neue Trends bei Emissionen in Österreich und CEE“

Alexander Haas ©Wolf Theiss

Kapitalmärkte. Wie holen sich Unternehmen derzeit am liebsten Geld am Finanzmarkt? Wolf Theiss-Partner Alex Haas spricht über aktuelle Trends und bevorstehende Regelverschärfungen.

Extrajournal.Net: Sie sind Partner im Debt Capital Markets (DCM)-Team von Wolf Theiss. Wie sehen Sie die Entwicklung am Corporate Finance Markt in Österreich und auf den übrigen Tätigkeitsmärkten der Kanzlei? Wie entwickelt sich die Nachfrage nach Unternehmensanleihen?

Alex Haas: In Österreich zeigt sich im Investment Grade (IG)-Bond Markt uE ein geteiltes Bild. Wir sehen eine rege Emissionstätigkeit auf der Financial Industry (FI) Seite, v.a. Covered Bonds und bankregulatorisches Kapital (AT1, Tier 2). Auf der Corporate Seite sind Immobilienunternehmen sehr aktiv (z.B. CA Immo, S Immo, UBM), andere Industriebereiche sehen wir im Bond Bereich nicht so aktiv.

Wir wissen, dass derzeit für viele Emittenten Schuldscheindarlehen attraktive Refinanzierungsinstrumente sind und sehen hier interessante Entwicklungsmöglichkeiten. Was unsere übrigen Märkte betrifft, sehen wir dass sich der DCM Markt in einigen CEE/SEE Ländern gut entwickelt; auch hier stehen Banken-Emissionen im Vordergrund.

Gibt es derzeit beliebte Formen, in denen Emissionen strukturiert werden – sind etwa mehrere Tranchen mit unterschiedlichen Laufzeiten und Coupons jetzt häufiger?

Haas: Im IG Corporate Bereich sehen wir derzeit keine besonderen neuen Strukturelemente. Verschiedene Laufzeiten werden teilweise überlegt. Sofern sich die Laufzeiten aber nicht allzu sehr unterscheiden, birgt diese Variante uE immer ein gewisses Risiko der gegenseitigen „Kanibalisierung“ der beiden Tranchen im Bookbuilding, d.h. es kann dazu kommen, dass die beiden Tranchen sich gegenseitig die Nachfrage wegnehmen und es dann kein so gutes Momentum im Buch gibt, wie wenn man sich auf eine Tranche „konzentrieren“ kann.

Auf der der FI-Seite haben uns die regulatorischen Rahmenbedingungen (z.B. CRR) neue Instrumente (AT1, Tier 2, Senior non-preferred) beschert, die in jüngster Zeit erstmals in Österreich emittiert wurden. Bei der Strukturierung dieser neuen Produkte ist die bankenregulatorische Expertise in unserem Team (insbesondere Claus Schneider und Christine Siegl) extrem wichtig. Es gilt hier attraktive und gut vermarktbare Produkte zu schaffen, wobei aber ein starker Fokus darauf liegt, die bankenaufsichtsrechtlichen Vorgaben penibel einzuhalten, um die Anrechenbarkeit der Eigenmittelbestandteile durch die Bankenaufsicht soweit als möglich sicherzustellen.

Wir denken, dass in diesem Bereich eine unserer größten Stärken liegt, was im Markt nicht unbekannt ist. So durften wir in letzter Zeit bei den meisten (und insbesondere bei den ersten) AT1 Transaktionen dabei sein, zB Erste Group, Hypo Vorarlberg, RBI, Volksbank Wien), bei Tier 2 Emissionen (Volksbank Wien) und bei der Ersten Benchmark Emission von Senior non-preferred für die Erste Group.

Sehen Sie einen Trend bei den Börse-Standorten bzw. Jurisdiktionen, die von den Emittenten bevorzugt werden?

Haas: Auf der DCM Seite sehen wir einen starken Trend zu Listings an der Wiener Börse. Galt dieser Markt früher noch als weniger attraktiv denn andere wie zB Luxemburg, glänzt die Wiener Börse im Bereich der Anleihelistings mit immer neuen Rekorden, wobei es auch besonders viele Bond-Listings internationaler Emittenten (derzeit v.a. aus Irland und Italien) in Wien gibt. Ich denke Christoph Boschan (CEO der Wiener Börse, Anm. d. Red.) und das großartige und stark gewachsene Listing Team (Market & Product Development, Listing) rund um Martin Wenzl machen einen wahnsinnig tollen Job.

Sowohl was die Gebührenpolitik betrifft, als auch beim gebotenen Service inklusive sehr rascher Response-Zeiten braucht sich die Wiener Börse in der Tat nicht vor anderen Handelsplätzen zu verstecken. Wir können die Wiener Börse allen Anleiheemittenten nur wärmstens empfehlen und dies wird auch zunehmend von unseren Klienten angenommen.

Österreichisches Recht wird bei ausländischen Emittenten derzeit als interessante Alternative zu deutschem und englischem Recht angewendet, weil sich auch im Hinblick auf die Kosten interessante Perspektiven bieten.

Welche Neuerungen kommen auf die Finanzmärkte zu, was sollten Emittenten und andere Akteure jetzt wissen?

Haas: Hier gibt derzeit es in der Tat Einiges anzusprechen: Da sind die neuen Prospektregeln ab 21.7.2019. Für alle Frequent Issuers und Emittenten, die demnächst in den Markt wollen. Bitte den 20.7.2019 im Auge behalten! Alle Prospekte, die nicht spätestens an diesem Tag gebilligt sind, müssen nach den neuen Regeln der neuen Prospektverordnung gebilligt werden.

Diesbezüglich gibt es keine Ausnahmen oder Übergangsregelungen. Die FMA hat die Rechtsberater explizit ersucht, den Emittenten dies mitzuteilen. Selbst wenn der Prospekt zwei Monate davor eingereicht wurde und beinahe schon billigungsreif ist gilt: Wird er nicht spätestens am 20.7.2019 gebilligt, gilt das neue Regime, wodurch wohl ein beträchtlicher Mehraufwand für die erforderlichen Prospektanpassungen anfallen würde.

Allen Emittenten, die ab dem 21.7.2019 einen Prospekt erstellen bzw ein Programmupdate durchführen, würden wir empfehlen, etwas mehr Zeit und Ressourcen für die Prospekterstellung einzuplanen. Dies wird (insbesondere bei Prospekten, die kurz nach dem 20.7.2019 erstellt werden) einerseits erforderlich sein, weil es noch wenig Präzedenzfälle für die korrekte Umsetzung bestimmter Vorgaben den neuen Prospektverordnung geben wird und es daher gut möglich ist, dass es ein wenig dauert, bis die Aufsichtsbehörden und die Rechtsberater der Emittenten ein gemeinsames Rechtsverständnis über die korrekte Anwendung der Prospektverordnung finden.

Andererseits werden einige Vorgaben der Prospektverordnung, insbesondere jene zur erforderlichen Spezifität der in den Prospekt aufzunehmenden Risikofaktoren, mehr Aufwand als bisher verursachen und möglichweise auch eine stärkere Einbindung anderer Unternehmensteile (zB Risk) erforderlich machen.

Außerdem geht es um die Emittenten-Compliance: Da wir unsere Mandanten umfassend beraten möchten scheint es uns wichtig, auf die mit einem Börselisting eine Anleihe verbundenen Folgepflichten, die sogenannte „Emittenten-Compliance“ hinzuweisen. Der damit verbundene Aufwand sollte nicht unterschätzt werden.

Im Gegensatz zu einer Prospekterstellung, die einen einmaligen Aufwand darstellt, ist  Emittenten-Compliance ein Aufwand, der während des gesamten Zeitraums des Listings anfällt. Insbesondere aufgrund der exorbitanten Strafdrohungen im Bereich des Marktmißbrauchsrechts sollte der Emittenten-Compliance ein besonderes Augenmerk geschenkt werden.

Bei den Werbevorschriften schließlich haben Gerichtsentscheidungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass vermehrt auch andere Unterlagen, als der Prospekt als Haftungsgrundlage herangezogen werden. In diesem Zusammenhang empfehlen wir, alle im Zuge einer Vermarktung von Anleiheemissionen verwendeten Unterlagen (ggf. mit Unterstützung von Rechtsberatern) penibelst auf die Einhaltung kapitalmarktrechtlicher Werbevorschriften (vgl § 4 KMG) zu prüfen.

Zum DCM-Team von Wolf Theiss selbst: Wer ist dabei, wie groß ist es derzeit?

Haas: Unser Team stellt wahrscheinlich die stärkste DCM Praxis in Österreich dar. Mit zwei Partnern (Claus Schneider und Alex Haas) ist die jederzeitige Partner Coverage unserer Mandanten durch einen DCM Partner sichergestellt. Darüber hinaus verfügt unser Team über drei weitere Rechtsanwälte (Christine Siegl, Matthias Schimka und Nevena Skocic) und zwei Konzipienten (Nikolaus Dinhof und Sebastian Prakljacic).

Vor Kurzem durften wir uns über Zuwachs im Team freuen — Anna Talos, Christina Baier und Dominik Thill unterstützen uns jetzt neben dem Studium als Legal Trainees. Mit dieser 10-köpfigen Man/Women-Power sind wir in der Lage mehrere anspruchsvolle Transaktionen zeitgleich zu bearbeiten. Mit den verschiedenen Zusatzqualifikationen unserer Teammitglieder sind wir in der Lage, für unsere Mandanten immer das beste, für die jeweilige Transaktion maßgeschneiderte, Team zusammenzustellen. So ist im FI-Bereich immer einer unserer Bankenaufsichtsrechtsexperten (Schneider, Siegl) mit an Bord. Bei spezifisch konsumentenrechtlichen Fragen in Zusammenhang mit Retail-Emissionen, holen wir gerne Matthias Schimka an Bord.

Zusätzliche Expertise kaufen wir intern zu: So helfen unsere beiden Kollegen vom Tax, Niklas Schmid und Eva Stadler, regelmäßig bei der steuerlichen Strukturierung bzw Disclosure mit und sind hier eine ganz hervorragende Unterstützung. Je nach Emittentin und Produkt, wird unseren Team von anderen Wolf Theiss Experten unterstützt. Mein Partner Kurt Retter vom Regulatory hilft uns beispielsweise regelmäßig bei Emittentin deren Emissionen von der Republik Österreich garantiert werden. Dies ist mE eine der besonderen Stärken unseres DCM Teams. Wir haben nicht nur DCM Team-intern Spezialisten für die verschiedenen Themen, sondern haben die Möglichkeit, erforderlichenfalls auch Team-Externe Fachspezialisten in das Betreuungsteam für bestimmte Transaktionen zu integrieren. So stellen wir sicher, dass bei uns immer die Kollegen zB an Prospektteilen arbeiten, die die meiste Expertise im betreffenden Rechtsgebiet haben.

Weiters versuchen wir, auch in den anderen Wolf Theiss Büros in CEE/SEE DCM Expertise aufzubauen.  Hierfür haben wir ein internes Secondment-Programm ins Leben gerufen, bei dem wir ausländische Kollegen für jeweils drei Monate einladen, zusammen mit uns in Wien zu arbeiten und das Geschäft und unsere Arbeitsweise kennenzulernen. Anna Nowodworska aus Warschau und Lucia Mocibob aus Zagreb durften wir bereits in Wien begrüßen. Diese Secondments waren sowohl für unser Team als auch für die ausländischen Kollegen eine schöne Bereicherung. Ziel ist es, in Zukunft in allen Büros Kollegen zu haben, die bereits im DCM Team in Wien gearbeitet haben, um eine gute Zusammenarbeit bei DCM Transaktionen in anderen Märkten sicherzustellen.

Alex Haas ist Partner im DCM-Team von Wirtschaftskanzlei Wolf Theiss.

Link: Wolf Theiss

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