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Recht

Das Amtsgeheimnis aus der Monarchie soll enden

Parlament. Neue Anträge im Verfassungsausschuss sollen Transparenz in die Parteifinanzen bringen und das Amtsgeheimnis abschaffen – ein „Relikt der Monarchie“, meinen die Neos.

Schon knapp vor der Nationalratswahl 2019 hat Österreichs kleinste Parlamentspartei, die liberalen Neos, ein Gesetzespaket eingebracht, das auf mehr Transparenz bei den Parteifinanzen abzielt. Nun nehmen Beate Meinl-Reisinger und Nikolaus Scherak einen neuen Anlauf. Auch auf die Abschaffung des Amtsgeheimnisses pocht ihre Nationalratsfraktion weiter.

Dass für ihre Vorschläge teilweise sogar eine doppelte Zweidrittelmehrheit (in Nationalrat und Bundesrat) erforderlich ist, scheint die Neos nicht abzuschrecken: Sie hoffen wohl darauf, dass im Zuge der Meinungsbildung im Parlament eines Tages ungewöhnliche Konstellationen möglich sein werden – so wie erst vor wenigen Wochen im „freien Spiel der Kräfte“ nach dem Ende der VP-FP-Koalition.

Zugewiesen werden sollen die aktuellen Anträge dem – noch nicht eingerichteten – Verfassungsausschuss. Zuvor wurde eine Erste Lesung verlangt, wie die Parlamentskorrespondenz berichtet.

Änderung des Parteiengesetzes und des Vereinsgesetzes

Mit ihrem Gesetzespaket fordern die Neos neben vollen Prüf- und Einsichtsrechten für den Rechnungshof in die Parteifinanzen unter anderem auch die Einführung neuer Straftatbestände für illegale Parteienfinanzierung und für eine Fälschung der jährlichen Rechenschaftsberichte der Parteien.

Wer vorsätzlich falsche bzw. unvollständige Angaben im Finanzbericht macht, eine meldepflichtige Spende nicht ausweist, eine verbotene Spende annimmt oder eine Spende zu Verschleierungszwecken stückelt, soll demnach mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bzw. einer Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätzen bestraft werden können. Liegt die betreffende Spende über 50.000 Euro, soll gar eine Strafe von bis zu fünf Jahren drohen.

Darüber hinaus wollen Meinl-Reisinger und Scherak die Überschreitung des gesetzlichen Wahlkampfkostendeckels durch abschreckende Sanktionen, konkret eine Geldbuße des dreifachen Überschreitungsbetrags, unterbinden und ein generelles Spendenverbot für Unternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, verankern (gilt derzeit erst ab 25% Anteil).

Strengere Regeln für Vereine

Außerdem geht es ihnen um ein laufendes Monitoring der Einnahmen und Ausgaben der Parteien während des Wahlkampfs, eine Offenlegung der Finanzen parteinaher Organisationen im Rechenschaftsbericht der Parteien und die Unterbindung von Umgehungskonstruktionen zur Finanzierung von Parteien über Vereine.

Ergänzend zur Änderung des Parteiengesetzes haben die Neos in diesem Sinn auch eine Novellierung des Vereinsgesetzes beantragt. Vereine, die politischen Parteien, wahlwerbenden Gruppen oder einzelnen Abgeordneten Spenden oder Sachleistungen zukommen lassen, sollen diese demnach direkt dem Rechnungshof melden müssen.

Dabei wäre auch anzugeben, woher der Verein die Mittel für die Zuwendung erhalten hat. Ebenso müssten SpenderInnen und Sponsoren offengelegt werden. Für Vereine, die Zuwendungen an Parteien leisten, sollen außerdem die gleichen Regeln für unzulässige Spenden gelten wie für Parteien.

Die Regelungen im Parteiengesetz seien reformbedürftig, es brauche mehr Transparenz, machen Meinl-Reisinger und Scherak in der Begründung der Anträge unter anderem geltend.

Neuer Anlauf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses

Ein weiteres zentrales Anliegen ist den Neos die Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Sie haben in diesem Sinn einen Gesetzentwurf zur Änderung der Bundesverfassung und zur Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes vorgelegt.

Der Entwurf lehnt sich an einen Vorschlag an, der bereits 2015 von den damaligen Regierungsparteien SPÖ und ÖVP zur Diskussion gestellt wurde, geht in einigen Punkten aber darüber hinaus.

  • So plädieren die Neos dafür, einen unabhängigen Informationsbeauftragten als Anlaufstelle für BürgerInnen einzurichten und die Frist für die Beantwortung von Auskunftsbegehren mit zwei Wochen (statt acht Wochen) zu begrenzen. Wobei für umfangreiche Anfragen eine Verlängerung der Frist um weitere zwei Wochen vorgeschlagen wird.
  • Sowohl Auskunftsverlangen als auch abschlägige Bescheide sollen nach Vorstellung der Neos gebührenfrei sein und das zuständige Verwaltungsgericht im Falle von Beschwerden innerhalb von zwei Monaten entscheiden müssen.
  • Grundsätzliches Ziel der Abschaffung der Amtsverschwiegenheit und der Verankerung einer Informationsverpflichtung für öffentliche Stellen sei es, staatliches Handeln transparenter zu machen und den Zugang von BürgerInnen zu Informationen zu erleichtern.
  • Der Gesetzentwurf sieht in diesem Sinn eine umfassende Pflicht von Gebietskörperschaften, Behörden, öffentlichen Einrichtungen, öffentlichen Fonds, Gerichten und des Parlaments vor, Informationen von allgemeinem Interesse zu veröffentlichen bzw. im Falle von entsprechenden Anfragen Auskünfte zu erteilen.
  • Das betrifft etwa auch in Auftrag gegebene Gutachten und Studien, Fördervergaben und Subventionen, Ergebnisse von Umweltmessungen, Haushalts- und Aktenpläne, allgemeine Weisungen sowie in öffentlichem Interesse liegende Verträge.

Ausnahmen von der Informationspflicht sind nur für klar definierte Fälle vorgesehen, etwa wenn die Veröffentlichung nationalen Sicherheitsinteressen oder EU-Recht zuwiderlaufen würde oder die unbeeinträchtigte Vorbereitung von Entscheidungen gefährdet wäre. Zudem ist auf den Datenschutz und die Wahrung von Interessen Dritter Rücksicht zu nehmen.

Auch „offensichtlich schikanöse“ Anfragen sowie Anfragen, deren Beantwortung die Arbeit einer Behörde lahmlegen oder unverhältnismäßig beeinträchtigen würde, sollen nicht beantwortet werden müssen. Staatsnahe Unternehmen sollen außerdem Auskünfte verweigern können, wenn dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit bedroht ist.

Erteilt eine Stelle die gewünschte Auskunft nicht, etwa mit Berufung auf einen Ausnahmetatbestand, könnte sich der bzw. die Betroffene an das zuständige Verwaltungsgericht wenden. Dieses müsste dann „ohne unnötigen Aufschub“, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen der Beschwerde entscheiden.

Das noch aus der Monarchie stammende Amtsgeheimnis sei in keiner Weise mehr zeitgemäß, meinen die Neos. Da der Gesetzentwurf auch in Länderkompetenzen eingreift, benötigt er nicht nur im Nationalrat, sondern auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit.

 

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