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Business, Recht, Steuer, Tech

Interview: Was Österreichs Start-ups jetzt brauchen

Johannes Kautz ©DLA Piper / Cornelis Gollhardt

Wien. Johannes Kautz leitet die Start-up-Betreuung bei DLA Piper in Wien. Im Interview spricht er über Trends bei Gründern und Finanzierungen, die Wünsche großer Investoren und dringend benötigte Reformen.

Extrajournal.Net: Sie beraten Start-ups und junge Unternehmen von der Gründung über die Aufbau-Phase bis hin zum Exit. Hat es hier in letzter Zeit Veränderungen im Umfeld gegeben, z.B. was die Bereitstellung von Risikokapital, Crowdfunding und anderen Finanzierungsformen betrifft?

Johannes Kautz: Insgesamt gibt es bei der Start-Up-Finanzierung einen deutlichen Aufwärtstrend, und zwar bei Finanzierungsrunden in allen Größenordnungen. In der Frühphase steht in Österreich schon seit längerem genügend Risikokapital zur Verfügung. Mittlerweile geht es aber auch bei Anschlussfinanzierungen und größeren Kapitalrunden bergauf.

Im europäischen Vergleich ist Österreich ist allerdings noch weit vom Spitzenfeld entfernt. Auffallend ist, dass Crowdfinanzierungen bei Start-ups eher rückläufig sind. Diese Finanzierungsform ist aber bei Immobilienprojekten nach wie vor äußerst beliebt.

Business Angels und auch Unternehmen, die aktiv Kooperationen mit Start-ups suchen, spielen am Markt eine immer bedeutendere Rolle. Wie ticken die großen Player, worauf achten sie bei der Auswahl ihres Investitionsobjekts?

Kautz: Eine Grundvoraussetzung ist, dass das Geschäftsmodell wirtschaftlich tragfähig und rechtlich abgesichert ist. Wenn z.B. das geistige Eigentum nicht geschützt ist oder in fremde Immaterialgüterrechte eingegriffen wird, ist das oft ein Dealbreaker.

Außerdem sollten die regulatorischen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Gerade bei sehr erfolgreichen Start-ups ist es zwar manchmal so, dass sich das Geschäftsmodell im rechtlichen Graubereich bewegt. Das ist daher nicht unbedingt ein Ausschlusskriterium, allerdings ist es gerade in solchen Fällen eine Auseinandersetzung mit den rechtlichen Rahmenbedingungen besonders wichtig, um die Risiken richtig einschätzen zu können.

„Rechtliche Grauzone ist nicht unbedingt ein Ausschlusskriterium“

Ein ganz wichtiges Kriterium ist auch ein starkes Gründerteam. Die Aufgabengebiete sollten klar verteilt sein und die Gründer über die nötige Erfahrung und Kompetenz in ihrem Bereich verfügen. Wenn einer der Gründer bereits einen erfolgreichen Exit vorweisen kann, ist das ein großer Pluspunkt. Auch die Wahl der externen Berater spielt für Investoren eine große Rolle.

Nicht zuletzt sind natürlich die wirtschaftlichen Parameter (Umsatz, Gewinn und Wachstum) ausschlaggebend. Hier kommt es aber auf die Entwicklungsphase des Start-ups an. Bei der Frühphasenfinanzierung schauen Investoren vor allem auf das Wachstumspotential. Je länger das Start-up am Markt ist, desto aussagekräftiger sind die Zahlen. Umso wichtiger ist es daher, dass man solide Umsätze und vor allem ein kontinuierliches und nachhaltiges Wachstum vorweisen kann.

Wie sollte sich ein Start-up verhalten, wenn die Gespräche mit einem solchen potentiellen Geldgeber beginnen? Gibt es typische Stolpersteine oder Fußangeln?

Kautz: Gründer sollten sich darüber im Klaren sein, dass jeder Investor im Grunde eine Due Diligence (sorgfältige Prüfung inklusive Rechten und Risiken, Anm. d. Red.) durchführt, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Auf Investorengespräche und Finanzierungsrunden kann und muss man sich daher gut vorbereiten.

Die meisten Gründer können ihr eigenes Start-up sehr gut präsentieren. Viele vergessen aber darauf, sich auch den potentiellen Investor genau anzusehen. Damit kann man einerseits gut punkten, andererseits wird das Investment scheitern, wenn Gründer und Investoren eine unterschiedliche Strategie verfolgen.

„Nicht nur auf das Kapital, auch auf die geforderten Rechte schauen“

In den Verhandlungen mit einem potentiellen Investor sollte man nicht den Fehler machen, nur auf die Bewertung zu schauen, sondern sich auch überlegen, welche Rechte man dem Investor einräumen möchte. Investoren versuchen natürlich, ihr Kapital durch entsprechende Regelungen im Beteiligungsvertrag zu schützen, z.B. durch Verwässerungsschutzbestimmungen, Mitverkaufspflichten oder Gewinn- oder Veräußerungserlösvorzüge, aber auch durch Haftungsabsicherungen oder umfassende Berichtspflichten. Das birgt für die Gründer ein Risiko. Es sollte daher schon zu Beginn der Verhandlungen oder in einem möglichst frühen Verhandlungsstadium klar sein, welche Pflichten die Gründer eingehen sollen.

Das Umfeld für Unternehmensgründer ist in Österreich in den letzten Jahren freundlicher geworden, zuletzt hat es aber keine weitere Verbesserung gegeben, so jedenfalls aktuelle Studien. Zahlreiche Reformvorhaben stecken im Moment fest, da die Übergangsregierung bekanntlich größere Änderungen am Status quo der künftigen Regierung überlässt. Was ist aus Ihrer Sicht am dringlichsten zu zun, wenn Österreichs nächste Regierung antritt?

Kautz: Da gibt es eine lange To-Do-Liste. Am wichtigsten wäre eine massive Deregulierung und Entbürokratisierung. Die Gewerbeordnung ist schon lange nicht mehr zeitgemäß. Bei Start-ups kommt es immer wieder zu Problemen bei der Gewerbeanmeldung, weil sich das Geschäftsmodell nicht in eines der bestehenden Gewerbe einordnen lässt.

Auch das Kumulationsprinzip im Verwaltungsstrafrecht gehört sofort abgeschafft, weil es im Zusammenhang mit den teilweise exorbitant hohen Strafdrohungen zu unverhältnismäßigen Strafen führt und ein unkalkulierbares Risiko für Geschäftsleiter darstellt. Hier besteht aufgrund eines ganz aktuellen Urteiles des EuGH ohnehin Handlungsbedarf.

Eine Forderung, die schon lange auf dem Tisch liegt, ist die Schaffung einer neuen Rechtsform, die die Vorteile eine Aktiengesellschaft und einer GmbH vereint. Die gängigste Rechtsform für Start-ups, die GmbH, erschwert eine Übertragung der Anteile (z.B. durch die Notariatsaktpflicht). Das wirkt auf internationale Kapitalgeber oft abschreckend. Außerdem ist eine (echte) Mitarbeiterbeteiligung in der GmbH unattraktiv.

„Neue Regierung hat lange To-Do-Liste bei Start-ups“

Bei der Aktiengesellschaft sind die Anteile zwar leicht handelbar, diese Rechtsform kommt für viele Start-ups aber wegen des hohen Stammkapitals, der Berichtspflichten und der verpflichtenden Einrichtung eines Aufsichtsrates nicht in Frage.

Auch im Bereich der Abgabengesetzgebung könnte der Gesetzgeber an einigen Schrauben drehen, um den Unternehmensstandort attraktiver zu machen. Längst überfällig wäre zudem eine Reform der „Rot-Weiß-Rot-Karte“, um internationale Fachkräfte leichter und unbürokratischer nach Österreich holen zu können.

Mag. Johannes Kautz ist Rechtsanwalt und Leiter des Start-up Desks im Wiener Büro von DLA Piper Weiss-Tessbach.

Link: DLA Piper

 

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