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Business, Recht

Die Regierungspläne bei der erneuerbaren Energie

Umbau. Die türkis-grüne Regierung will zahlreiche Maßnahmen im Energiebereich umsetzen. Wirtschaftskanzlei Schönherr hat das Regierungsprogramm analysiert.

Am 2. Jänner 2020 wurde von der neuen türkis-grünen Koalition das Regierungsprogramm für die Periode 2020-2024 vorgestellt. Das Programm enthält umfassende Maßnahmen zur Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien. Die Reform des Ökostromfördersystems bildet u.a. einen der Kernpunkte des Maßnahmenpakets und sieht die Ablöse des bisherigen fixen Einspeisetarifsystems durch Einführung einer gleitenden Marktprämie vor.

Rechtsanwaltskanzlei Schönherr hat die geplanten Neuerungen der Regierung analysiert und auch Prognosen über mögliche Folgewirkungen aufgestellt.

Nach langem Warten nun Hoffnung auf rasches Tempo

Laut der Analyse des Regierungsprogramms 2020-2024 soll das schon seit längerer Zeit geplante und bereits unter der vorletzten Regierung ausgearbeitete, aber noch nicht in Begutachtung geschickte Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) „so rasch wie möglich“ erlassen werden. Ein genauer Zeitpunkt sei dem Regierungsprogramm nicht zu entnehmen.

Im Lichte der skizzierten Eckpunkte scheint es laut Schönherr als wahrscheinlich, dass der in der Schublade liegende Entwurf des EAG nur in einzelnen Punkten angepasst und nicht umfassend überarbeitet werden muss. Daher könnte das EAG eines der ersten Gesetze sein, das unter der neuen Regierung zur Beschlussfassung gelangt, heißt es.

Das erklärte Ziel des EAG besteht darin, die österreichische Stromversorgung bis 2030 auf 100% Strom aus erneuerbaren Energieträgern umzustellen. In Anbetracht des im Regierungsprogramm verankerten Grundsatzes, dass der Ausbau der Erneuerbaren unter Beachtung „strenger“ Kriterien in Bezug auf Ökologie und Naturverträglichkeit zu erfolgen hat, sei aber der geplante Zubau von 27 TWh innerhalb der nächsten 10 Jahre im Hinblick auf die hierzulande herrschende Komplexität von Umweltgenehmigungsverfahren „mehr als nur eine große Herausforderung“, heißt es.

Ökostromförderung neu

Kernstück des im Regierungsprogramm skizzierten EAG ist die Reform der bestehenden Ökostromförderung. Das System der fixen Einspeisetarife wird durch eine „gleitende Marktprämie“ ersetzt. Gleichzeitig soll die Förderlaufzeit auf 20 Jahre ausgedehnt werden. Die Marktprämien sollen im Rahmen von Ausschreibungsverfahren ermittelt werden. In diesen Verfahren werde von den Bietern ein bestimmter Vergütungspreis für die Erzeugung erneuerbarer Energie geboten, in Cent pro Kilowattstunde. Der Preis entspreche nicht den tatsächlichen Zahlungen aus dem Fördertopf, sondern diene zur Ermittlung der Marktprämie.

Über die Direktvermarktung wird der Strom an der Börse zum jeweils erzielbaren Vermarktungswert verkauft. Der Marktwert dient zur Ermittlung der Marktprämie. Die gleitende Marktprämie errechne sich schließlich anhand des im Ausschreibungsverfahren ermittelten Vergütungspreises abzüglich des durchschnittlich an der Börse erzielten Marktwertes, heißt es.

Beispiele sind vorhanden

Das geplante System entspreche im Wesentlichen dem deutschen EEG und bilde keine große Überraschung, weil die „Einführung von Ausschreibungsverfahren und die Ablöse von fixen Einspeisetarifen nach dem first come, first served–Prinzip aus beihilferechtlichen Gründen ohnehin erforderlich“ ist, so Schönherr.

Wichtig erscheine der im Regierungsprogramm enthaltene Vorbehalt, dass Ausschreibungen nur stattfinden sollen „wo im Sinne der Zielerreichung sinnvoll einsetzbar“. Damit bleibe die Tür für Ausnahmeregelungen für bestimmte Technologien, Anlagengrößen und dezentrale Versorgungskonzepte weiter offen. So könnten z.B. für Kleinanlagen oder für Bürger-Energiegemeinschaften Ausnahmen gewährt werden, um diesen Marktteilnehmern kostenintensive Ausschreibungsverfahren zu ersparen und damit eine Teilnahme am Fördersystem zu ermöglichen. Weiterhin möglich wäre es auch, dass bestimmte Technologien vom Ausschreibungsprinzip ausgenommen werden.

Bemerkenswert findet die Kanzlei auch den geplanten Abbau von bürokratischen Hürden bei bestehenden Anlagen. So soll die Erweiterung bestehender Anlagen zu keinem Einspeisetarifverlust für die bisherige Kapazität führen, heißt es. Bei Erweiterung von Windparks durch Zubau neuer Anlagen war es schon bisher so, dass diese über eigene „virtuelle“ Zählpunkte abgerechnet wurden, sodass die bestehenden Einspeisetarife der Altanlagen weiter aufrecht erhalten werden konnten. Sollte das sogenannte „Repowering“ bestehender Windkraftanlagen durch den Einbau neuer, leistungsstärkerer Turbinen gemeint sein, bleibe unklar, wie dies „mit dem neuen Marktprämien- und Ausschreibungsmodell in Einklang zu bringen ist“, so Schönherr.

Erneuerbare Energiegemeinschaften

Wie auch schon im Vorfeld zum EAG-Entwurf kolportiert, sollen die Möglichkeiten der Gestaltung von „Erneuerbaren Energiegemeinschaften“ und „Bürgerenergiegemeinschaften“ für verstärkte dezentrale Energieversorgung erweitert und regionale Versorgungskonzepte gestärkt werden. Dieses Vorhaben entspricht laut Schönherr den Vorgaben der jüngst erlassenen EU-Richtlinien 2018/2001 (Erneuerbare-RL) und 2019/944 (Elektrizitätsbinnenmarkt-RL).

Unter Energiegemeinschaften seien im Wesentlichen Zusammenschlüsse von bestimmten Personengruppen oder Unternehmen zu verstehen, die in lokale Erzeugungseinheiten zwecks Eigen- und Fremdversorgung oder innovative Energiedienstleistungen investieren, mit dem Ziel, „primär für sich selbst, aber auch für andere wirtschaftliche Vorteile zu erzielen“ und „die Unabhängigkeit von etablierten Energielieferanten zu erhöhen“. Das Regierungsprogramm schweigt laut Schönherr jedoch dazu, in welcher Form die Umsetzung dieser dezentralen Versorgungskonzepte ermöglicht werden soll.

Es finde sich aber ein Hinweis auf die Förderung von „genossenschaftlichen Systemen“, sodass Schönherr derzeit davon ausgeht, dass die Gründung von „Erneuerbare Energiegemeinschaften“ und „Bürgerenergiegemeinschaften“ in der Rechtsform von Genossenschaften ermöglicht werden soll. Dies erscheine laut Kanzlei im Hinblick auf die in den genannten EU-Richtlinien für Energiegemeinschaften enthaltenen Vorgaben „sinnvoll“, zumal diese Gemeinschaften eine offene Mitgliedschaft ohne festes Nennkapital mit der Möglichkeit einer einfachen Ausstiegsoption vorsehen müssen und nicht primär auf die Erwirtschaftung von finanziellen Gewinnen ausgerichtet sein dürfen, sondern auf das „Generieren ökologischer, wirtschaftlicher oder sozialgemeinwirtschaftlicher Vorteile“, so Schönherr. Dies würde aber laut Kanzlei Sonderregelungen zum österreichischen Genossenschaftsrechts zur Förderung von Energiegemeinschaften benötigen.

Es stelle sich auch die Frage, ob andere Rechtsformen wie z.B. gemeinnützige Kapitalgesellschaften zukünftig für die Organisation von Energiegemeinschaften in Betracht kommen könnten. Das Erfordernis von gesellschaftsrechtlichen Sonderregelungen wäre aber bei diesen Gesellschaftsformen ungleich größer, heißt es.

Veranstaltung am 14.1.2020

Schönherr lädt zu diesem Thema auch am 14. Jänner 2020 zu der Veranstaltung „Energiegemeinschaften 2020+“ in Wien.

 

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