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Business, Finanz, Tools

Coronakrise gefährdet die Start-up-Szene, so EY

Thomas Gabriel ©EY Österreich

Wien. 2019 stiegen die Start-up-Finanzierungen in Europa im Vergleich zum Vorjahr um 46 Prozent auf 31,1 Mrd. Euro. Aufgrund der aktuellen Coronakrise könnte es 2020 aber zu einem massiven Einbruch kommen, so EY.

„2019 dürfte vorerst das letzte Rekordjahr für das europäische Start-up-Ökosystem gewesen sein“, so Thomas Gabriel, Partner und Leiter der Praxisgruppe Start-ups bei EY Österreich. „Die Coronavirus-Pandemie wird zu deutlich sinkenden Investitionen führen. Außerdem sind bei vielen Unternehmen massive Umsatzausfälle zu erwarten. Damit ist diese Krise eine existenzielle Herausforderung für das europäische und auch das österreichische Start-up-Ökosystem.“

Trotz des bevorstehenden Brexits konnte Großbritannien 2019 seine Spitzenposition innerhalb der europäischen Start-up-Szene behaupten und sogar ausbauen: An britische Start-ups flossen insgesamt 11,1 Mrd. Euro, das sind 54 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Finanzierungsrunden war allerdings rückläufig: Sie sank um acht Prozent auf 971, so die Ergebnisse einer Studie von EY.

Deutsche Jungunternehmen erhielten mit 6,1 Mrd. Euro 32 Prozent mehr als 2018. In Frankreich stiegen die Start-up-Investitionen sogar um 50 Prozent auf 5,0 Mrd. Euro. Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich erhöhte sich die Zahl der Finanzierungen: in Deutschland um 13 Prozent, in Frankreich um 14 Prozent.

Im europäischen Städteranking lag London mit 9,1 Mrd. Euro und einem Zuwachs von 82 Prozent gegenüber 2018 unangefochten auf dem ersten Platz vor Berlin (3,54 Mrd. Euro) und Paris (3,52 Mrd. Euro).

Deutlicher Anstieg in Österreich

In Österreich ist der Gesamtwert des Investitionsvolumens in 2019 von 173 Mio. Euro auf 183 Mio. Euro gestiegen. Damit belegt Österreich Rang 15 im europäischen Vergleich. Gleichzeitig ist auch die Zahl der Finanzierungsrunden österreichweit nach oben gegangen: Sie stieg von 71 auf 88 – hier rückt Österreich unter die Top-10 in Europa und belegt den neunten Platz.

In Wien stieg das Investitionsvolumen von 104 Mio. Euro auf rund 140 Mio. Euro – die österreichische Hauptstadt ist aber trotzdem nicht in den europäischen Top-20 vertreten und landet auf Platz 23. Die Anzahl der Finanzierungsrunden ist in Wien von 43 auf 46 gestiegen – das bedeutet Platz 14 im europäischen Ranking.

Healthcare Start-ups am beliebtesten

Insbesondere Start-ups aus dem Gesundheitsbereich bekamen 2019 in Österreich hohe Finanzierungen. Die beiden größten Finanzierungen des Jahres flossen in Biotech- bzw. Medtech-Unternehmen.

Insgesamt rund 40 Mio. Euro wurden in Themis Bioscience investiert, das in Wien und New York ansässige Start-up Hookipa erhielt rund 33 Mio. Euro. Komplettiert werden die Top-3 vom Marketing-Analytics-Unternehmen Adverity, das rund rund elf Mio. Euro erhielt.

„Größte Bewährungsprobe in der Geschichte“

Im Jahr 2020 dürften sowohl die Zahl der Deals als auch die investierten Summen deutlich sinken, erwartet Gabriel. Wie stark, hänge von der Intensität und Dauer der aktuellen Krise ab, so EY.

„Niemand kann derzeit prognostizieren, wie lange die aktuelle Vollbremsung der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens andauert. Fest steht aber, dass das heimische Start-up-Ökosystem vor der größten Bewährungsprobe seiner Geschichte steht. Es braucht rasch Unterstützungsmaßnahmen und flexible Kapitalzugänge, sonst wird es zu einer starken Rückentwicklung der heimischen Start-up-Szene kommen“, so Gabriel.

„Unterstreicht Wichtigkeit der Digitalisierung“

Gerade jetzt zeige sich, wie unverzichtbar eine noch deutlich stärkere Digitalisierung der Wirtschaft sei, so Gabriel: „Jetzt erweist sich, wie wichtig z. B. Plattformen sind, auf denen Lehrer ihre Schüler per Livestream unterrichten und wie sehr Unternehmen im Vorteil sind, die bereits funktionierende Homeoffice-Lösungen und Web-Konferenz-Tools sowie umfassend digitalisierte Prozesse etabliert haben. Ebenso sind Unternehmen mit digitalen Vertriebsplattformen nun klar im Vorteil.“

„Die anhaltend niedrigen Finanzierungsvolumina und die zu erwartenden Finanzierungsprobleme in der aktuellen Krisensituation unterstreichen wieder, wie wichtig eine Gesamtstrategie für die Start-up-Szene in Österreich ist. Es wäre sinnvoll, sich strategisch auf bestimmte Schwerpunkte zu fokussieren und Cluster einzurichten, welche die Herausforderungen der österreichischen Industrieunternehmen abbilden. Ein Schulterschluss zwischen Öffentlicher Hand, Unternehmen, Kapitalgeber und Start-ups ist unbedingt erforderlich“, betont Gabriel.

Bedrohung für Start-up-Szene

Im vergangenen Jahr ist zwar enorm viel Geld an europäische Jungunternehmen geflossen – allerdings ging das Gros der Summe an einige große und bereits mit viel Kapital ausgestattete Unternehmen. „Für den Start-up-Standort Österreich war das Jahr 2019 grundsätzlich erfolgreich – das Volumen der Investitionen stieg sogar auf Rekordniveau. Allerdings ist es nach wie vor so, dass es in Österreich viele kleine Finanzierungen gibt: Die Top-10-Deals in Österreich hatten 2019 ein Durchschnittsvolumen von 14 Millionen Euro – die Schweiz liegt bei 78 Millionen Euro, Deutschland bei 258 Millionen Euro“, so EY-Partner Gabriel.

„An Expansion ist bei vielen Unternehmen derzeit nicht zu denken – nun geht es darum, den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten, den Kapitalabfluss zu minimieren und möglichst viel Geld im Unternehmen zu halten“, sagt Gabriel. „Die Mehrzahl der Start-ups ist nur für einige Monate durchfinanziert, danach benötigen sie frisches Geld.“

Herausforderung für die Kapitalgeber

Eine besondere Herausforderung sei die derzeitige Situation auch für die Kapitalgeber, so Gabriel: „Ein Exit ist jetzt sehr viel schwieriger als vor der Krise – die Bewertungen werden nach unten angepasst. Für die Investoren geht es daher nun vorrangig darum, ihre Portfoliounternehmen durch die Krise zu bekommen. Und sie haben im Zweifelsfall zu entscheiden, welche Geschäftsmodelle tatsächlich noch eine Zukunft haben. Für vielversprechende Unternehmen wird es durchaus noch Zwischenfinanzierungen geben – große Neuinvestitionen werden wir aber deutlich seltener sehen als 2019.“

„Digital Health wird boomen“

Es werde auch Unternehmen und Segmente geben, die gestärkt aus dieser Krise hervorgehen werden: Digital Health im weitesten Sinne werde boomen – einige dieser Lösungen seien schon in den vergangenen Jahren in Gang gebracht worden. Hier soll sich die Entwicklung nun beschleunigen.

Biotech- und Medtech-Unternehmen erzielten schon 2019 die höchsten Finanzierungssummen in Österreich und werden weiter gewinnen, so EY. Auch die Bereiche Logistik, Food, Online-Handel, Online-Learning, Online-Kommunikation und Saas-Modelle könnten mittelfristig einen Aufschwung erleben. Schwieriger werde es hingegen für Start-ups insbesondere aus den Bereichen Travel, Mobility und Events.

Kostenloses Finanzplanungs-Tool

Um heimische Jungunternehmen und kleine Betriebe in der aktuellen Situation zu unterstützen, stellt EY sein Tool „EY Finance Navigator“ für drei Monate kostenlos zur Verfügung. Das Online-Tool findet sich auf der Website von EY und erleichtere die Erstellung eines Finanzplans und detaillierter Cashflow-Prognosen.

 

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