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Recht

Gerichte nehmen schrittweise Betrieb wieder auf

Parlament. Gerichtsverhandlungen werden wieder hochgefahren, der Video-Einsatz aber vorangetrieben: Justizministerin Alma Zadić erklärte dafür jetzt die Regeln.

Mit dem 8. Covid-19-Gesetz, das mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und Neos in Dritter Lesung im Nationalrat gebilligt wurde, soll der Gerichtsbetrieb nun schrittweise wieder hochgefahren werden.

Im Zuge der Corona-Maßnahmen ist es im Justizbereich, vor allem aber bei den Zivilprozessen, zu einem enormen Rückstau gekommen. Die dafür benötigten großen Verhandlungssäle stehen allerdings nicht ausreichend zur Verfügung. Daher sieht der vorliegende Gesetzesvorschlag die Möglichkeit vor, auch die verpflichtenden mündlichen Verhandlungen bei Zivilprozessen per Videotechnologie durchzuführen, berichtet die Parlamentskorrespondenz.

Fehlende Ausrüstung und Störungen sollen kein Schaden sein

Voraussetzung ist, dass die Verfahrensparteien zustimmen und die nötige Ausstattung haben, wobei sie laut Erläuterungen nicht dazu verpflichtet sind, diese anzuschaffen. Auch technische Störungen werden den Verfahrensbeteiligten nicht angelastet.

Außerdem wird es möglich sein, die Zahl der Personen im Verhandlungsraum durch Zuschaltungen aus anderen Räumen im selben Gerichtsgebäude zu minimieren. Auch die Video-Befragung von Zeugen, Sachverständigen, DolmetscherInnen und anderen Beteiligten wird mit der Novelle gestattet.

Die Regelungen wurden für den Zivilprozess zwar auch von der Opposition begrüßt, Kritik gab es jedoch daran, dass die Videotechnologie mittels einer mit Ende Mai befristeten Verordnung auch bei Strafprozessen möglich sein soll, was in ihren Augen dem Grundsatz der Unmittelbarkeit, die besonders in strafrechtlichen Verhandlungen wichtig ist, widerspricht.

Justizministerin Alma Zadić wies darauf hin, dass man seitens ihres Ressorts sehr sorgsam die Verhältnismäßigkeit abgewogen habe, es sich dabei auch nur um eine Kann-Bestimmung handle, man auch das Recht auf eine angemessene Frist für die Verhandlungen berücksichtigen müsse und die Bestimmung mit Ende Mai 2020 befristet sei. Dann wolle man evaluieren.

Die Kritikpunkte der Opposition

Petra Bayr (SPÖ) bekräftigte die Forderungen des Entschließungsantrags, zumal es in Strafprozessen oft um schwere Straftaten gehe und diese für die Angeklagten mit schwerwiegenden Konsequenzen für das ganze Leben endeten. Daher sei im Interesse des Gebots der Unmittelbarkeit die Zustimmung des Angeklagten zu Videoaufnahmen notwendig, sagte sie.

Ebenso argumentierte Harald Troch (SPÖ). Für die Wahrheitsfindung sei die Unmittelbarkeit von enormer Wichtigkeit. In gleicher Weise wies ihre Fraktionskollegin Selma Yildirim auf das Spannungsverhältnis zu Art. 6 EMRK hin. Sie begründete die Zustimmung ihrer Fraktion trotz dieser Bedenken mit dem Hinweis darauf, dass die Vorteile des Gesetzesvorschlags überwiegen. Sie verwies auf den Rückstau vor allem bei den Zivilprozessen. Die BürgerInnen hätten aber Anspruch darauf, zu ihrem Recht zu kommen.

In gleicher Weise unterstrich Neos-Abgeordneter Johannes Margreiter die Wahrung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit im Strafprozess, zumal dort LaienrichterInnen säßen. Im Schwurgericht sei Platz genug, um die Vorsichtsmaßnahmen gegen Corona einzuhalten, stimmte er mit Petra Bayr überein.

Auch der FPÖ gehen die Möglichkeiten von Video im Strafprozess zu weit. Christian Lausch stellte die Frage in den Raum, wie das denn bei Geschworenenverhandlungen funktionieren soll. Schwierigkeiten sieht er auch deshalb, weil rund 70 Prozent der Angeklagten einen Dolmetscher brauchen. Lausch befürchtet eine Flut von Einsprüchen wegen Nichtigkeit.

So interpretiert die Justizministerin die Video-Regeln am Gericht

Justizministerin Alma Zadić ging in ihrer Replik auf die Bedenken der Opposition ein. Man habe im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit und den Grundsatz der Unmittelbarkeit sehr genau geprüft, gab sie zu bedenken, leider sei nicht jeder Gerichtssaal für die Einhaltung der Schutzmaßnahmen geeignet. Es gebe auch den Anspruch auf ein Verfahren in angemessener Frist.

Außerdem sei ein Zuschalten per Video nur dann erlaubt, wenn es sich um einen Angeklagten in U-Haft handle. Die Bestimmung sei eine Kann-Bestimmung, und auch die RichterInnen würden eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vornehmen, so die Justizministerin. Die Bestimmungen würden sehr restriktiv gehandhabt, versicherte auch sie.

Die Angeklagten müssen auch vor, in und nach der Verhandlung ungestört mit ihren AnwältInnen reden können, hielt Zadić fest. Sie müssen auch im Verhandlungsraum alle sehen können. Zadić wies allgemein darauf hin, dass es normale Gerichtsverhandlungen angesichts des Corona-Virus nicht von heute auf morgen werde geben können.

 

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