Wien. Der VKI begrüßt die neue EU-Richtlinie für Sammelklagen: Sie mache das Vorgehen im Bereich Datenschutz, Reisen und Finanzprodukte einfacher.
Die Trilogverhandlungen zwischen EU-Parlament und Mitgliedstaaten wurden in der Nacht auf heute erfolgreich abgeschlossen: Die neue Richtlinie schafft erstmals einen EU-weiten Rechtsrahmen für Sammelklagen. „Aus Verbrauchersicht ein Meilenstein“, meint Petra Leupold, Expertin für kollektiven Rechtsschutz und Leiterin der VKI-Akademie.
Der EU-Gesetzgeber habe spät, aber doch die Konsequenzen aus dem VW-Skandal gezogen, der die Defizite in der Rechtsdurchsetzung „erneut schonungslos aufgezeigt hat“, so Leupold. Der neue Ansatz verbessere den Zugang zum Recht für Verbraucherinnen und Verbraucher klar. Die neue Richtlinie ist binnen 2 Jahren in österreichisches Recht umzusetzen. Damit ist der österreichische Gesetzgeber am Zug. „Wesentlich ist, dass die Richtlinie nun zügig und vor allem praxistauglich umgesetzt wird“, so Leupold.
Der VKI fordert – gemeinsam mit der Arbeiterkammer – bereits seit Langem die Einführung kollektiver Klagemöglichkeiten. Die Sammelklagen und -aktionen zu Massenschäden, die der VKI seit 20 Jahren durchführt, hätten in der Praxis die massiven Defizite bei der Durchsetzung von Massenschäden aufgezeigt.
Was die Richtlinie laut VKI bringt
Die Richtlinie sieht vor, dass Verbraucherverbände für geschädigte Verbraucher auf Leistung klagen können und führt damit erstmals EU-weit ein Instrument kollektiven Rechtsschutzes ein. Dass bestehende Ansprüche auch durchgesetzt werden können, ist aus Präventionsgründen wesentlich. „Wenn eine Kosten-Nutzen-Analyse aufseiten großer Unternehmen zum Ergebnis führt, dass sich Rechtsbruch mangels Durchsetzbarkeit von Ansprüchen Betroffener wirtschaftlich lohnt, liegt das weder im Interesse der Konsumenten noch im Interesse all jener Unternehmer, die sich an die Regeln halten“, so Leupold.
Sie verweist dabei auf das Beispiel im VW‑Dieselskandal: Dort stehe in den Sammelklagen des VKI zwei Jahre nach Einbringung der Klagen noch immer nicht fest, ob österreichische Gerichte überhaupt zuständig sind, während US-amerikanische Verbraucher bereits vor über vier Jahren von VW entschädigt wurden.
Hier bringe die Richtlinie eine deutliche Verbesserung, indem sie dazu führt, dass für Klagen gegen ausländische Konzerne ein Gerichtsstand in Österreich besteht. „Bislang ist ein kollektives Vorgehen gegen internationale Konzerne wie Facebook, Google oder Amazon in Österreich schlicht nicht sinnvoll möglich“, so Leupold. Dies trifft nicht nur die geschädigten Verbraucher, sondern führt auch zu einer Verzerrung des Wettbewerbs zulasten österreichischer Unternehmer, weil ausländische Konzerne nicht mit effizienten Sanktionen rechnen müssen.
Auch Klagen wegen Datenschutz, Reisen und Finanzprodukten
Eine wesentliche Verbesserung liege auch darin, dass die Richtlinie zukünftig Sammelklagen auch bei Rechtsverletzungen im Datenschutz, im Zusammenhang mit Reisen und bei Finanzdienstleistungen ermöglicht. Damit werden Rechtsschutzlücken geschlossen: Nach geltendem Recht können Verbraucherschutzverbände wie der VKI in diesen verbraucherschutzrechtlich zentralen Bereichen nicht mit dem schon bisher für sie verfügbaren Instrument der Verbandsklage vorgehen.