Handel. Seit Beginn der Corona-Krise erlebt der Online-Lebensmittelhandel einen Boom. Dieser Trend wird nach der Krise anhalten, prognostiziert Bain.
Allein Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und die USA werden im Gesamtjahr 2020 voraussichtlich 350 Millionen mehr Bestellungen von Nahrungsmitteln im Internet verzeichnen als im vergangenen Jahr, so eine aktuelle Studie von Unternehmensberater Bain & Company.
Dies entspräche einem zusätzlichen Umsatz von rund 36 Milliarden US-Dollar (+45%). Die Studie prognostiziert, dass sich der Umsatz des Online-Lebensmittelhandels in manchen Ländern bis zum Jahr 2025 sogar verdoppeln wird.
Geringere Gewinnmargen
Der Onlineboom im Lebensmittelhandel hat allerdings den Gewinn der Anbieter gedrückt: „Denn die meisten Anbieter erwirtschaften mit den nach Hause gelieferten oder im Geschäft abgeholten Bestellungen deutlich weniger als mit klassischen Verkäufen vor Ort“, so Miltiadis Athanassiou, Bain-Partner und Leiter der Praxisgruppe Einzelhandel in Europa, im Mittleren Osten und in Afrika (EMEA).
Bisherige Geschäftsmodelle seien nämlich nicht eins zu eins auf den Onlineeinkauf übertragbar. Es komme im Worst Case zu einer negativen operativen Marge von bis zu minus 15 Prozent, wenn der Händler die bestellten Lebensmittel im Geschäft selbst kommissioniert und dem Onlinekunden ohne Aufpreis liefert. Minus 11 Prozent seien es, wenn dies über ein nicht für Kunden zugängliches Lager (Darkstore-Modell) erfolgt.
„Auch die bereits verbreiteten Click-and-Collect-Lösungen, bei denen die online bestellte Ware vom Käufer im Geschäft vor Ort abgeholt wird, sind nur unter bestimmten Rahmenbedingungen kostendeckend“, so Marie-Therese Marek, Associate Partner bei Bain.
Lösungsansätze für den Online-Handel
Die Studie propagiert drei Lösungswege für die Herausforderungen des Lebensmittelhandels bei der Umstellung auf den Online-Handel:
- Optimierung des Multikanalmodells. Dies bedeute eine möglichst professionelle Kombination aus Online- und Offlinehandel. Hervorgehoben wird hier das Darkstore-Modell mit speziell dafür errichteten, dezentralen Lieferstationen.
- Neue Umsatzquellen. Lebensmittelhändler und Lieferanten sollen gemeinsam neue Geschäftsstrategien entwickeln, die beiden etwas bringen. Dazu zählen gemeinsam finanzierte Markenaktionen, kostenlose Probeartikel für Kunden sowie ein Informationsaustausch über die Konsumgewohnheiten der Online-Kunden.
- Subventionierte Verkäufe reduzieren. Der Handel beteiligt hier die Kunden an den Onlinekosten. Lösungsansätze sind beispielsweise ein kostenloses Mindesteinkaufsvolumen, Rabatte für gewinnstarke Eigenmarken oder höhere Preise für Eillieferungen.
„Die Lebensmittelhändler sollten jetzt die strukturellen Kostenprobleme ihrer Onlineverkaufskanäle konsequent angehen. Es gilt einen Weg zu finden, die neuen Internetkäufer durch individuelle Serviceangebote zu überzeugen, zu binden und dabei gleichzeitig das Onlinegeschäft profitabel zu gestalten“, so Athanassiou.